Kapitel XIII

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Nach einer Weile laufen kam ich zu einem kleinen Haus, das seltsamerweise völlig unbeschadet war.
Nachdem auf mein Klopfen hin niemand öffnete, betrat ich von Neugier getrieben die große Eingangshalle.
Sofort fiel mir auf, dass dies kein normales Haus war, denn alleine dieser Raum war größer, als das gesamte Gebäude von außen.
Wahrscheinlich hätte ich jetzt gehen sollen, doch eine einsame, traurige Melodie lockte mich weiter.
Wie von Fäden gezogen lief ich durch Räume, über Flure, Treppen rauf, Treppen runter bis ich jegliche Orientierung verloren hatte.
Nur die lauter werdenden Klavierklänge zeigten mir, dass ich auf dem richtigen Weg war.

Nach einer gefühlten Ewigkeit stand ich plötzlich auf einer Art Galerie. Im Raum unter mir saß ein alter Mann am Klavier.
Ohne aufzuschauen oder sein Spiel zu unterbrechen sagte er mir ich solle zu ihm kommen. Misstrauisch ging ich die kleine Wendeltreppe hinunter und blieb mit zwei Meter Abstand hinter ihm Stehen.
Als er wollte, dass ich noch näher kam verweigerte ich.
Ich vertraue nie irgendwelchen Fremden.
"Vorsicht ist nicht immer alles, May. Auch Neugierde kann dich weiterbringen, wenn du sie lässt."
"Woher kennen Sie meinen Namen?"
Er lachte warm auf.
"Ich bin alt und weise, würden manche jetzt sagen."
"Und was ist Ihre Erklärung?"
"Ich kenne die Prophezeihungen und stamme aus einer alten Zeit. Ich sammle mein Wissen seit Jahrhunderten."
Welche Prophezeiungen? Hieß das, dass er in die Zukunft sehen kann?

"Was sagen die Prophezeiungen über mich?"
Er spielte unbeirrt weiter. "Das kann und Darf ich dir nicht sagen. Das Orakel ist nur eine Stütze, das was sinnvoll wäre, und welchen Weg du einschlagen solltest. Es ist eher die logische Verknüpfung, die dich dazu bringt. Du musst deinen eigenen Weg finden!"
"Aber, warum bin ich dann hier?"
"Du bist weggelaufen, wie sooft. Du flüchtest vor der Wahrheit, aus Angst es könnte die falsche sein. Du musst bedenken, dass es auch gute Menschen gibt. Dass du Freunde hast, denen du vertrauen kannst. Freunde, die sich gerade große Sorgen um dich machen würden, wenn ich Izzy keine E-Mail geschickt hätte."
"Sie haben ihnen gesagt wo ich bin?"
"Du bist ein Digiritter. Solange du an dir selbst zweifelst, bist du leicht angreifbar. Wenn du wegläufst und dich von der Gruppe trennst, bist du schutzlos. Sie unterstützen und beschützen dich und wenn du dein Digimon gefunden hast, wird die Zeit kommen, in der du sie beschützt."

Er stand vom Klavier auf und ging zu mir. Nachdem ich es ihm durch ein kleines Nicken erlaubt hatte, nahm er meine Hände und sah tief in meine Augen.
"In dir steckt viel Wissen. Du kannst auf Erfahrungen zurückgreifen, die keiner von den anderen je gemacht hat. Du must anfangen, dir selbst zu vertrauen. Höre auf dein Herz und du wirst das Richtige tun. Das Herz ist stets ein guter Ratgeber und deines ist stark. Dass du bei Kleinigkeiten wegläufst ist nur eine Seite der Münze. Du reagierst emotional, aber das ist gut so. Vertraue deinem Instinkt."

Ich musste lächeln, als er das sagte.
"Das letzte Mal, dass ich emotional gehandelt habe, hätte mich Scorpiomon fast umgebracht!"

Er schüttelte den Kopf.
"Du warst nie in Gefahr. Du hast starke Beschützer"

Meinte er damit Wizardmon?
"War es wirklich mein Digimon, das mich gerettet hat?"
"Das kann und will ich dir nicht sagen. Es liegt nicht in meiner Macht, dem Schicksal vorzugreifen. Du solltest jetzt gehen, die anderen Warten schon auf dich."

Er schickte mich fort? Ich hatte noch so viele Fragen, die auf eine Antwort warteten.
"Aber wie komme ich aus diesem Haus?"

Er lachte.
"Ich würde dir raten, die Tür zu nehmen."

Tatsächlich führte die Tür, durch die ich den Raum betreten hatte direkt nach draußen. So ein verrücktes Haus!
Gerade wollte ich mich umdrehen und mich bei ihm Bedanken, da war das Haus plötzlich verschwunden, zurück blieb eine verkohlte Ruine. Hatte ich mir das alles nur eingebildet?

Was auch immer das war, ich wollte nur noch zurück zu den anderen und ohne es mir selbst eingestehen zu wollen, auch zu Matt. Ich musste mich entschuldigen, dass ich ihn so angeschrien hatte. Er hatte sich nur Sorgen um mich gemacht, zu Recht.

Seltsamerweise waren meine Kopfschmerzen seit ich diesen Mann getroffen hatte verschwunden.
Ich wusste nicht einmal wie er hieß und doch verdankte ich ihm so viel. Er hatte mir geholfen, mich selbst zu finden.
Ich spürte, dass ich bald mein Wappen finden würde. Dann war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich mein Digimon zu mir bekennen würde.

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