{ 3. Kapitel }

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Unsere Füße trugen uns die Wendeltreppen hinab und wir beide eilten durch die Eingangshalle bevor wir schließlich durch die Tür in die Welt außerhalb des Akademiegebäudes eintauchten. Ich atmete tief die klare, frische Luft ein und spürte gleich, wie sich mein Geist klärte.

Auch Lilya nahm einen tiefen Atemzug und ihre Brust hob und senkte sich wieder.

„Puuuh", meinte sie erleichtert mit halb geschlossenen Augen. „Das war wirklich eine verdammt gute Idee, Sea."

Ich nickte - ein wenig großspurig - und lachte dann. „Ja, ich weiß", neckte ich sie und sprang kichernd davon, als sie mir übermütig in die Seite piekste. Wer wusste schon, wie viele gemeinsame Stunden uns noch blieben, also konnten wir diese auch noch mit Freude und kleinen Späßchen füllen.

Nachdem ich stehen geblieben war, wandte ich mich zu meiner besten Freundin um und schaute Lilya mit etwas schräg geneigtem Kopf an. „Lass uns zum See gehen. Da fällt es mir immer am leichtesten, mich zu konzentrieren."

Meine beste Freundin nickte und so schritten wir zusammen los, den kleinen Pfad entlang, der uns zum blauen Gewässer - im Prinzip dem Quell allen Übels - führen würde.

Nach wenigen Minuten erreichten wir die schimmernden Ausläufer und gingen noch einige Meter am Ufer des Sees entlang, bis wir eine Stelle erreicht hatten, an denen sich nicht so viele Neyen befanden. Flink ließ ich mich in den Sand fallen und stütze die Ellenbogen auf, sodass ich einen perfekten Blick über den See hatte und gleichzeitig meine Haare davor bewahrte, ein Opfer der winzigen, gemeinen Sandkörnchen zu werden.

Lilya nahm dieselbe Haltung ein und uns beiden entfuhr gleichzeitig ein Seufzer.

„Wir müssen das irgendwie hinkriegen, Sea", sagte meine beste Freundin und warf mir einen bittenden Blick von der Seite zu. „Irgendetwas wird uns schon einfallen, oder?"

„Mhmm", erwiderte ich wenig überzeugend und ein weiterer Seufzer entfuhr mir. „Hätte ich doch bloß irgendetwas, dass den Ausschuss davon überzeugen könnte, mich hier zu lassen!"

Nachdenklich grub ich meine Zehen in den Sand. Schuhe trugen wir an der Akademie generell alle nicht, durch den direkten Kontakt mit der Erde fühlten wir uns vitaler und unsere Magie war stärker.

So sehr wir beide auch grübelten und nachdachten, uns fiel einfach nichts Geeignetes ein. Am Ende vergrub ich den Kopf in meinen Händen. „Ich bin geliefert", stöhnte ich entnervt und zugleich verzweifelt. „Wer weiß schon, was mit Neyinnen geschieht, die von der Akademie geschmissen werden!"

Lilya legte tröstend eine Hand auf meine Schulter und drückte sie. „Ach, Serena", murmelte sie bloß und klang dabei sehr niedergeschlagen. „Lass es uns wenigstens versuchen. Lass uns alles daran setzen, dass du hier bleiben kannst. Selbst wenn wir dafür...eher spontan sein müssen?" Ihre Antwort klang irgendwie wenig überzeugend. Spontan zu sein sollte unser Plan sein? Na, wenn der mal nicht zum Scheitern verurteilt war...

Ich schenkte ihr ein halbes Lächeln, das jedoch mehr einer Grimasse ähnelte. Wenn selbst meine überaus kluge Freundin keinen genialen Plan hatte, dann wohl niemand. „Dann lass es uns jetzt tun. Viel Zeit bleibt mir so oder so nicht mehr." Betont gleichgültig zuckte ich mit den Schultern, aber gleichzeitig spürte ich, wie mich Traurigkeit übermannte.

„Was soll ich bloß ohne dich tun?", schluchzte ich plötzlich los. Das Geräusch kam so erschreckend, dass ich mir selbst überrascht die Hand vor den Mund schlug. Lilya starrte mich aus ihren großen Augen an, in denen nun Tränen schimmerten. Wir wussten beide nicht, wann ich das letzte Mal auch nur ansatzweise so nah daran gewesen war, zu weinen.

Aber andererseits hatte mein Leben - oder besser gesagt meine Zukunft - auch noch nie so beschissen ausgesehen.

Von meiner eigenen Reaktion nach wie vor überrascht, wischte ich mir die verräterische Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln und stand auf. Ich entschied entschlossen, mich zusammenzureißen. Ich war von uns beiden immer diejenige gewesen, die nicht aufgab.

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