„Hoppla, Sea, ganz ruhig", ertönte es vor mir, während zwei Arme mich eng umschlungen und mir somit Stabilität lieferten, sodass es mir noch so eben gelang, mich auf den Beinen zu halten und nicht den Boden zu küssen. Langsam hob ich mit flatternden Augenlidern meinen Blick und entdeckte zwei vertraute, quecksilberfarbende Augen direkt vor mir.
Erleichtert löste sich die Spannung aus meinem Körper, ich hatte für ungefähr eine halbe Sekunde damit gerechnet, dass mich Milo aufgefangen hatte, aber zum Glück war dies ja nicht der Fall. Ein kleines Grinsen schlich sich auf meine Lippen, während ich meinen Kopf in den Nacken legte um zu Aryan aufzuschauen. „Was soll das denn hier werden? Etwa ein Überfall?", fragte ich ihn mit einer scherzhaften Stimme und tippte ihm einmal frech mit dem Zeigefinger auf die Nase.
Verwundert blinzelte der Oreade mich einmal an. „Aber du bist doch gerade..." Mein leises Lachen unterbrach seine Frage und jetzt bemerkte er offenbar auch, dass ich ihn lediglich geneckt hatte. „Serena!" sagte er ein wenig vorwurfsvoll, konnte sich allerdings ein Grinsen nicht verkneifen, während er seine Hände zu meiner Taille gleiten ließ und mit seinen Fingerspitzen begann, vorwitzig darüber zu gleiten.
„Aryan! Lass das!" kicherte ich protestierend und versuchte, mich aus seinem Griff zu lösen, um seinen kitzelnden Berührungen zu entgehen – natürlich nur vergeblich. Mit halbem Ohr hörte ich, wie sich hinter mir die Tür öffnete und Lilyas glockenhelle Stimme erklang.
„Sag mal, wolltet ihr beiden nicht eigentlich etwas für euer Referat vorbereiten?" Obwohl ich ihr Gesicht nicht erkennen konnte, weil ich mit dem Rücken zur Türe stand, hörte ich das Lächeln in ihrer Stimme. Für ungefähr drei Sekunden quälte mich der Nereide vor mir weiter, bevor er beinahe schon gehorsam aufhörte, mich zu ärgern.
„Eigentlich schon, aber was kann ich dafür, wenn unsere liebe Serena die getroffene Abmachung ganz offensichtlich einfach vergisst und die Zeit in ihrem Zimmer verbringt?"
Obwohl ich wusste, dass Aryan seine Worte keinesfalls wirklich ernst meinte, biss ich mir einmal schuldbewusst auf die Unterlippe und suchte nach einer Ausrede. „Ich hab dich...ähm...nicht vergessen, sondern...ich... hätte mich nur verspätet. Schließlich war ich gerade auf dem Weg zu dir", behauptete ich.
„Und wer hat dich überhaupt erst daran erinnert, Sea?" Ich drehte mich zu Lilya um, die mir frech zuzwinkerte.
Als Erwiderung streckte ich ihr – mal wieder – die Zunge raus, dann griff ich nach Aryans Hand und zog ihn schnell hinter mir her, bevor meine beste Freundin noch auf die Idee kommen konnte, die Sache mit Milo anzusprechen. Ich hatte nämlich ehrlich gesagt keine Lust, wieder nur ein vorwurfsvolles und zugleich besorgtes Kopfschütteln von Aryan zu ernten, schließlich wusste er, dass mein Aufenthalt an der Akademie auf der Kippe stand und dass ich trotz seiner Entscheidung, mich als seine Gefährtin zu erwählen, nach wie vor verwiesen werden konnte – insbesondere, wenn er erfuhr, dass ich nun mehr oder weniger einen persönlichen Feind hatte, der auf den Namen Milo hörte.
Während meiner Gedankensprünge hatten sich meine Schritte nicht gerade verlangsamt, und es war alleine Aryans langen Beinen zu verdanken, dass ich ihn nicht mehr hinter mir herzog, sondern er relativ gemütlich neben mir herlaufen konnte. „Sag mal Sea, kann es sein, dass du gerade vor der Situation vor deinem Zimmer fliehen wolltest?", erkundigte sich mein Freund neugierig. Ich stockte in meinem Lauf und stolperte beinahe, seit wann konnte Aryan bitte Gedanken lesen? Wusste er etwa etwas über die Situation mit Milo? Abwartend und auch ein wenig vorsichtig musterte ich ihn. „Ich meine, weil du mich offenkundig wirklich vergessen hast", fügte er dann hinzu und mir fiel ein kleiner Stein vom Herzen.
Ich betrachtete ihn prüfend, nahm er mir die Sache nun wirklich übel? Den Ausdruck in seinem Gesicht konnte ich irgendwie nicht deuten. Noch vor zwei Tagen wäre es absurd gewesen, sich diese Frage zu stellen, aber seit der Sache mit den zukünftigen Gefährten...

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Nymphenkuss
Fantasy{ ABGESCHLOSSEN } Einige Momente lang durchdrang lediglich das Rascheln der Blätter um uns herum die Stille, dann untermalte ich sie mit leisen Worten. „Du, Aryan?" „Ja?" „Wie lange wird das Saphirherz eigentlich leuchten?" „Solange ich lebe und du...