{ 54. Kapitel }

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„Ha-ha-hatschi!"

Ruckartig bewegte sich mein Kopf nach vorn, als ein Sonnenstrahl mir mal wieder einen Nieser entlockte und mich somit aus dem Schlaf riss. Gedankenverloren strich ich mir über die nach wie vor kribbelnde Nase, gähnte ausgiebig und versuchte mit blinzelnden Augen zu ergründen, wo ich mich überhaupt befand.

Müde drehte ich mein Gesicht nach links und entdeckte im Dämmerlicht einen flachsblonden Haarschopf, der mir abgewandt im benachbarten Bett auf Kissen ruhte. „Brax?", entfuhr es mir verwirrt und ich richtete mich auf. Nun war es mir möglich, über den Layphen hinweg zu blicken und so stach mir prompt ein weiterer Haarschopf ins Auge, der seitlich etwa auf Brusthöhe von Brax auf der Bettdecke lag. Der unverkennbare, goldblonde Farbton, der in Locken auf breite Schultern fielen, welche die Narbe an seiner Stirn enthüllten, verriet mir, dass es sich nur um Cyrion handeln konnte.

Cyrion...und ich? Schlafend? Neben Brax' Bett?

Nur langsam ergaben der Anblick und die Gedanken, die sich in meinem Kopf ausbreiteten, Sinn. Aber irgendwann war alles plötzlich wieder da.

Cyrions Worte. Brax, der kurz vor dem Sterben gestanden hatte. Mein Blut, das in seine Adern geflossen war.

„Oh mein Gott!" Ich erhob mich so schnell von meinem nächtlichen Schlafplatz, dass mir schwindlig wurde. Blitzartig umfasste ich Brax' Gesicht mit meinen Fingern und drehte es ein wenig mehr ins Licht. Die roten Striemen waren verschwunden, eine gesunde Gesichtsfarbe zeichnete sich auf seinen Wangen ab, doch ich traute dem Anblick nicht. „Brax? Brax!" Laut verklangen meine Rufe im Raum, doch der Layph regte sich nicht. Panik rauschte durch meine Adern. Er konnte nicht tot sein. Das durfte er nicht!

Eine winzige Sekunde verging, die sich wie ein halbes Leben anfühlte.

Dann erklang ein dumpfes Brummen, gefolgt von einem unwilligen Stöhnen. „Mmmhm..."

„Brax? Brax, bist du wach?" Obwohl die Laute unverkennbar aus seinem Mund gekommen waren, konnte ich es erst glauben, wenn der Layph etwas Verständliches von sich gab. Wer wusste schon, was mein Blut für Auswirkungen auf seinen Körper hatte? Möglicherweise hatte es zwar das Gift vertrieben, aber seine Gehirnzellen gleich mit.

„Wasch denn schonst?", klang es an mein Ohr und blinzelnd öffnete er die Augen. „Wasch tuscht du?" Meine Finger lagen so fest auf Brax' Haut, dass ich seine Mundwinkel verzerrte und er deshalb nur nuscheln konnte.

„Oh mein Gott", rief ich wieder aus und fiel ihm ohne Rücksicht auf Verluste – in diesem Fall, Cyrion – um den Hals. Ein erleichtertes Lachen entlockte sich meiner Kehle, das den kleinen Schmerzenslaut von Cyrion dämpfte, der offenbar von meinen Ellenbogen an der Stirn getroffen worden war.

„Was zum...?", entfuhr es dem Layphen mit einem gequälten Stöhnen seiner baritonartigen Stimme, während Brax unter meinem festen Griff röchelte.

„Cy, hilf mir! Sie erwürgt mich!"

„Brax? Verdammt, Brax!", erklang es neben mir und nur einen winzigen Augenblick später spürte ich ganze zwei Sekunden lang muskulöse Arme, die sich um meinen Oberkörper schlangen und die Umarmung erweiterten.

„Was ist...das denn...für eine Hilfe..."

Als Cyrion sich von Brax und mir löste, gab auch ich unserem Freund wieder die Luft zu atmen, die er benötigte. Der Layph neben mir lachte ungläubig auf. „Es hat funktioniert."

Ich warf ihm einen erleichterten Blick zu, in dem jedoch auch ein selbstbewusstes Funkeln lag. „Natürlich hat es das. Was Besseres hätte es für ihn vermutlich gar nicht gegeben." Übermütig knuffte ich Brax' in die Seite und erfreute mich an dem protestierenden Laut, den er ausstieß, denn er bedeutete, dass er am Leben war.

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