Das Gespräch mit der verrückten, aber auch unheimlichen interessanten Person, die hinter Becks steckte, fühlte sich so schön an, dass ich beinahe traurig war, als mich eine Nachricht von Paps erreichte, in der er mich sofort nach Hause bestellte.
„Komm mich mal wieder besuchen!", hatte Becks mir zum Abschied hinterher gerufen. „Es tut echt gut, mal jemanden zum reden zu haben, der nicht sofort in Tränen ausbricht, wenn das männliche Geschlecht mal wieder komisch wird." Ich konnte zu ihren Worten nur ein Lächeln erwidern, sie wusste ja gar nicht, wie sehr mich das freute.
Auf dem Weg nach Hause, den ich zu Fuß erklomm, konnte ich nicht aufhören, über die Begegnung nach zu denken. Ich hatte schon seit vielen Jahren keine weibliche Freundin mehr gehabt und ich war auch nie scharf darauf mich in einen sensiblen Club einzureihen, der nur aus Lästereien und Intrigen bestand, doch bei Becks hatte ich so ein Gefühl, dass sie auf einer ähnlichen Wellenlänge mit mir lag. Dabei interessierte ich mich auch nicht für die Tatsache, dass sie schon Einundzwanzig und somit wesentlich älter war als ich, denn es schien sie keinesfalls gestört zu haben.
Als ich nach einer Weile zuhause ankam, saß meine gesamte Familie auf der Couch im Wohnzimmer und starrte angestrengt in alle möglichen Richtungen, nur nicht in meine. Auch Lucas war da. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte beleidigt aus dem Fenster. Die Spuren seines letzten Kampfes waren noch lange nicht verblasst, sondern schienen jetzt erst richtig über sich hinaus zu wachsen. Ich fand es ziemlich interessant zu beobachten, welche Farbtöne durch so eine dumme Aktion zu Stande kamen – Leonardo Da Vinci wäre vermutlich fasziniert von diesem kräftigen blau-grün Ton gewesen.
Papa war offenbar früher von der Arbeit gekommen und hatte es sich als einziger auf dem Sessel bequem gemacht – er wirkte beinahe noch wütender als Lucas. Nur Paps und Elias unterhielten sich leise, jedoch konnte ich nicht entziffern, worum es in ihrem Gespräch ging. Alles in allem war mir diese Situation so suspekt, dass ich am liebsten den Rückwärtsgang eingelegt hätte und zurück ins Café geflüchtet wäre.
„Was ist los?", fragte ich ahnungslos und zog somit die Aufmerksamkeit auf mich. Als Ich Lucas Blick traf, überzog sich mein Körper mit einer Gänsehaut, die sämtliche Haare auf mir senkrecht abstehen ließ. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. „Wieso sollte ich so dringend her kommen? Ist irgendetwas passiert?" Langsam wurde ich nervös – wie sollte ich jetzt reagieren? Einerseits wäre es wohl das Beste gewesen, mich einfach dazu zu setzen und mir in Ruhe anzuhören wo das Problem lag, andererseits wollte ich mir meinen Fluchtweg als Option offen halten, falls das alles hier kein gutes Ende nahm. Ich blieb einfach stehen. Vermutlich war es kindisch von mir, alleine einen Gedanken an eine mögliche Flucht zu verschwenden, doch ich wollte keinesfalls gefangen sein, in der Kälte die den ganzen Raum in eine Kopie der Antarktis zu verwandeln schien.
„Wir haben uns etwas überlegt.", meinte Paps, als er merkte, dass ich mich nicht zu ihnen setzen würde und ich ahnte nichts Gutes. Wenn er so anfing, konnte das definitiv nichts Gutes bedeuten!
„Eine scheiß Idee ist das!", fiel Lucas ihm sofort ins Wort und meine Abneigung gegenüber meinem Bruder wuchs stetig weiter - konnte er Paps nicht einfach mal ausreden lassen?! Jedoch bestätigten seine Worte meinen Verdacht – das alles konnte definitiv nichts Gutes bedeuten.
Mein Vater ließ sich jedoch nicht davon beeindrucken und nahm seine Worte einfach wieder auf: „Wir alle merken, dass da eine Spannung in diesem Haushalt liegt, seit Lucas wieder da ist, besonders zwischen dir und deinem Bruder und darauf haben weder ich noch Papa Lust und ich bin mir sicher, dass auch Elias den ewigen Streit zwischen euch beiden nicht besonders angenehm findet." Mein kleiner Bruder wand sich unruhig auf der Couch hin und her, es gefiel ihm gar nicht, dass Papa ihn in seine Worte als Beispiel einbezog.
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Wer nicht kämpft, hat schon verloren
Teen FictionSamantha kann eine Sache besonders gut: Ihre Gefühle verstecken. Wie soll sie auch sonst mit den Schikanen in der Schule fertig werden? Doch das ändert nichts daran, dass sie alleine ist und niemanden hat, an den sie sich wenden kann. Irgendwann tri...