4 - Der Lord

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Nach kurzer Zeit ist Lu wiedergekommen und hat mich mit in das Anwesen gezogen, es sei wohl nun alles geregelt.

„Am besten lässt du mich gleich reden. Sei einfach still und Naja tue einfach nichts Dummes", weist er mich an und gibt den Weg in die Küche frei. Sie ist sauber und scheinbar gut organisiert. Viele Töpfe und Pfannen hängen an den Wänden und unterschiedlichste Gewürze sind fein säuberlich in den Regalen aufgereiht. Auch der Rest des Anwesens ist nett eingerichtet mit vielen duftenden Blumen und bunten Gemälden, im Allgemeinen wirkt es eher angenehm als erdrückend. Aber auch leer, auf den Gängen begegnen wir niemanden alles scheint wie ausgestorben. Misstrauisch stupse ich Lu an, als wir nach mehreren Gängen immer noch alleine sind.

„Wo sind denn alle?", frage ich und halte meine Stimme gesenkt, doch selbst das klingt so laut, als würde es durch die Gänge geschrien.

„Nun, mein Onkel hat nur zwei Bedienstete und die sind wahrscheinlich oben in ihren Gemächern oder Arbeit am Verrichten", meint Lu nur locker und geht zielstrebig weiter. Irritiert laufe ich ihm weiter hinterher.

Nur zwei?

Man hört immer das über hundert Bedienstete für die Fürsten des Lords arbeiten und er hat nur zwei?

So langsam ist mir das nicht ganz geheuer, noch weniger als vorher.

Ich dachte immer, sein Herr ist streng, gemein, blutrünstig und was weiß ich noch, halt alles Schlechte was man sich denken kann. Immerhin hat er mir meinen besten Freund genommen und ich musste wieder alleine durch die Straßen ziehen.

Aber all das hier wirkt einfach so... Nett und freundlich.

Und so vollkommen anders als ich es mir vorgestellt habe.

„So, wir sind da, hier ist das Büro meines Onkels", sagt Lu und deutet auf die schön verzierte Eichentür.

Überrascht bleibe ich stehen, in meiner Grübelei habe ich nicht auf den Weg geachtet.

„Nun, er will mit dir sprechen, bevor er zustimmt, aber das wird bestimmt kein Problem sein", nuschelt Lu vor sich hin und will schon eintreten, wovon ich ihn, dem Himmel sei Dank, abhalten konnte.

„Ich dachte, das wäre schon geklärt?", zische ich ihn an und halte ihn an der Schulter zurück.

„Naja nicht ganz, er hat zu mindestens keine Wachen gerufen, oder?", antwortet er mir leicht mürrisch und wirft mir einen Seitenblick zu.

„Gibt es sonst noch etwas, was ich wissen sollte?" Unsicher sieht er mich an und sagt dann leiser: „Mein Onkel ist kein Fürst, sondern der zweite Lord von Rabenstein?" Sprachlos sehe ich ihn an, das ist nicht sein Ernst, oder? Er meinte immer, sein Onkel sei ein Fürst und nicht der Stellvertreter des Lords! Entschuldigend zuckt er mit der Schulter und öffnet die Tür mit einem Klopfen, bevor ich ihn aufhalten kann.

„Ja Lucien tritt nur ein", antwortet eine leicht rauchige angenehme Stimme von der anderen Seite des Raumes. Zaghaft trete ich nach Lu ein und sehe mir den Raum an. Er besteht quasi aus Bücherregalen, rechts neben der Tür steht eine kleine Sitzecke und direkt vor uns ein großer Schreibtisch mit einem riesigen Fenster.

An dem Schreibtisch selber sitzt ein dunkel haariger Mann mit leicht grauen Strähnen.

„Immer wieder gern Onkel", sagt Lu leichthin und läuft, bis zu ihm hin während ich langsamer folge.

Seufzend richtet sich der Mann auf und dreht sich zu uns.

„Kommt, setzt euch und stell mir deine kleine Freundin doch vor."

Er deutet rüber zu der Sitzgelegenheit und holt drei Tassen und eine Kanne aus einem Regal nahe seinem Schreibtisch.

„Onkel, das ist Xea.", sagt Lu mit seiner ruhigen Stimme und setzt sich auf einen der Sessel.

Vorsichtig stellt sein Onkel die Tassen und die Kanne zu uns, um dann jedem eine Tasse hinzustellen, während ich mich nun auch setze.

"Schöner Name, meiner ist Vald Vinderra. Aber nenn mich bitte Vald sonst fühle ich mich nur zu alt", sagt er schmunzelnd und zwinkert mir zu.

Leichte Lachfalten zieren sein Gesicht, ein paar graue Strähnen und die gleichen Augen wie Lu.

Er wirkt freundlich.

Verdammt.

Ich hatte gehofft, dass ich ihn nicht ausstehen kann, es wird einem aber auch nichts gegönnt.

Freundlich lächelt er mich an und beginnt allen Tees einzuschenken.

Nachdem Vald mir eine Tasse samt Tee vor die Nase gestellt hat, lehnt er sich zurück und mustert mich. Es ist eine Weile still, bis sich Vald räuspert.

Nervös umklammere ich meine warme Teetasse und sehe gespannt zu ihm. „Warum sollte ich sie hierlassen und mich dem ersten Lord widersetzen?", fragt er schließlich ruhig und sieht uns beide an.

„Weil sie ohne Grund gesucht wird und du den ersten Lord nicht leiden kannst", sagt Lu und grinst dabei leicht, was ich völlig fehl am Platz finde. Immerhin geht es hier um eine ernste Sache!

„Du kennst mich gut, Lucian, aber es ist ein Risiko sie hier aufzunehmen", sagt er und seufzte einmal schwer. Er nimmt einen tiefen Schluck aus seiner Tasse, ehe er weiterspricht.

„Ich muss mich immerhin auch um das Wohl der anderen Sorgen. Und auch um das deine"

Er sieht uns beide ernst an, während Lu ihn bittend ansieht.

„Ich weiß Onkel, aber ich kann sie doch nicht einfach so im Stich lassen", sagt er leise und sieht kurz zu mir rüber.

Er nickt mehrmals und sieht schließlich mich an. Noch immer habe ich keinen Schluck von meinem Tee genommen, viel zu aufgeregt bin ich und sehe ihm gespannt entgegen.

„Du darfst bleiben, fürs Erste. Du wirst uns hier im Haus helfen und tun was dir gesagt wird, verstanden?", sagt er ernst und ich nicke eifrig.

„Ja habe ich, Herr", antworte ich ihm, wenn auch widerwillig, aber andere Optionen gibt es nicht.

Bedächtig nickt er mit zu und trinkt seinen Tee aus.

„Gut, Lucien zeig ihr doch bitte das freistehende Zimmer bei den Diener quartieren. Fürs Erste bleibt sie dort."

Dieser sieht begeistert zu seinem Onkel und nickt ihm zu.

„Natürlich! Vielen Dank Onkel"

Schon putzig wie er sich freut und auch ich bin erleichtert.

Voller Tatendrang steht er auf und bedeutet mit ihm zu folgen. Kurz kann ich noch einen Dank murmeln, ehe Lu mich mit sich zieht und mein Tee unberührt zurückbleibt.

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