18 - Familienverhältnisse

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Ein leichtes Grinsen ziert seinen Mund, während seine Augen mich weiter kalt mustern. Eine leichte Gänsehaut zieht sich über meinen Körper, als ich seinen silbernen Augen entgegensehe.

„Wie ich sehe, hast du es auch ganz alleine erraten. Kluges Mädchen. Und doch...", kurz wendet er den Blick von mir ab, zu der Tür hinter mir.

„...weißt du noch lange nicht alles."

Stumm betrachte ich den Mann vor mir, den ich bestohlen habe. Was könnte denn jetzt noch kommen? Ich bin eine verdammte Namensgeberin!

„Deine Mutter hat dir vieles nicht erzählt, wie man sieht. Doch ich bin so gnädig und werde dich über alles aufklären", sagt er mit ruhiger Stimme und diesem leichten Grinsen auf seinen dünnen Lippen. Stumm starre ich ihn nur an, warte darauf das er weiterspricht.

„Sag mir, kennst du deine Familie? Außer deiner Mutter?"

Verwirrt runzle ich die Stirn und schüttle langsam mit dem Kopf. Sonst wäre ich ja nicht auf der Straße gelandet.

„Nein, kenne ich nicht", hauche ich mit zarter Stimme, vor Angst, dass sie brechen könnte.

Schwer seufzt er und sieht mich fast bemitleidenswert an, aufgrund meiner Unwissenheit.

„Das hatte ich mir gedacht. Und deswegen möchte ich dir jemanden vorstellen, komm nur rein", sagt er mit einem Wink zur Tür. Leise höre ich die Tür schließen und sehe eine Silhouette an mir vorbeihuschen. Ein junger Mann steht nun neben dem Lord, mit ebenso schwarzem Haar wie ich es habe und sogar länger als meines. Allerdings ist es ordentlich zurückgebunden, nur vereinzelte Strähnen liegen über seinen dunklen grauen Augen, aus denen er mich ruhig mustert.

Wie kalter Stahl sehen sie mich an und weichen nicht von mir. Er ist schlank und hat nicht dieselbe bestimmte Statur des Lords, doch wirkt er nicht zurückhaltend. Er steht aufrecht, nicht gekrümmt und sehr bestimmt. Sein Gesicht ist schön definiert und ein leichter Bard zieht sich an seinem Kinn entlang. Doch an seinem Hals schlängelt sich ein dunkles Mal entlang, schwarze Dornenranken mit grauen Stacheln.

„Vater, wer ist das?", fragt er mit einer weichen Stimme, die einen angenehmen Schauer hinterlässt und schaut zu dem Lord herüber.

Der Lord steht auf und legt ihm leicht seine Hand auf die Schulter, sein Blick sieht mich unentwegt an. Immer noch ein wissendes Lächeln auf den Lippen beginnt er wieder zu sprechen.

„Das, mein Sohn, ist deine Schwester."

Überrascht sehe ich zu den beiden und weiß nicht mehr was ich sagen soll. So oft habe ich mir meinen Vater vorgestellt, habe mir so oft gewünscht er würde auftauchen und jetzt soll ich er vor mir stehen? Ein Namensgeber und der Lord von Rabenstein? Das kann nicht sein, es ist unmöglich. Nie hätte sich meine Mutter mit einen von denen eingelassen.

Oder etwa doch? Sie starb so früh und ich wusste wenig über sie, wie kann ich da sicher sein?

„Ihr könnt euch nachher noch unterhalten, wir haben noch einiges zu bereden", sagt er und klingt so, als würde er über das Wetter sprechen. Auch mein Bruder scheint verwirrt zu sein, kurz zuckt sein Blick ungläubig zu mir, ehe er wieder gespannt lauscht. Auch ich bin überrascht, aber wenn ich ihn genau ansehe, kann ich durchaus Ähnlichkeiten erkennen. Bei beiden. Wir alle haben Pech schwarzes Haar, nur die Augen stimmen überhaupt nicht überein.

„In Zukunft wirst du hierbleiben und bei uns Leben. Deine Tage auf der Straße sind gezählt, mein Kind. Und eigentlich hättest du nie dort landen sollen. Als mich die Nachricht erreichte, dass Milea, deine Mutter...", er hält kurz inne und ein Ausdruck von Traurigkeit huscht durch sein Gesicht, was ihn zwar älter aber auch so viel menschlicher aussehen lässt. Allerdings verschwindet dies schnell wieder hinter seiner gleichgültigen Maske. „...gestorben ist, warst du schon fort. Ich dachte, du seist umgekommen, denn ich konnte dich nicht finden. Doch dann warst du auf einmal wieder da, hast mich angerempelt und auch noch meine Geldbörse gestohlen"

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