Epilog

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Still fällt der Schnee in dicken weißen Flocken vom Himmel und bedeckt die Stadt weiter mit einer kalten Decke. Doch mit dem prasselnden Ofen in meinem Arbeitszimmer dringt die Kälte nicht bis zu mir hindurch.

Sorgfältig sortiere ich die Pergamente vor mir und gehe sie rasch ein letztes Mal durch. Alles Pergamente, die ich noch verschicken muss, ehe die Straßen vollends unbefahrbar sind. Ich falte sie zusammen und lasse sie in den Umschlag gleiten. Sauber bringe ich das Siegel der Namensgeber auf den Brief an und lege ihn zu den anderen dazu. Müde massiere ich mir das Nasenbein, die letzten Wochen waren ereignisreich und ermüdend, viele Hinrichtungen fanden statt, die ich leiten musste. Und das Volk ist nicht begeistert. Doch das ist verständlich, selbst mir gehen sie schon nahe. Besonders die des Bäckers macht mich stutzig. Er hätte laut Gesetz nicht hingerichtet werden dürfen und doch hatte ich keine andere Wahl, der Befehl kam von ganz oben. Vom ersten Lord höchstpersönlich und hier in dieser Stadt steht er über dem Gesetz.

Was auch immer der Lord damit bezwecken wollte, ich weiß es nicht. Es hat das Volk nur weiter angestachelt, hat sie aufgerüttelt und sie aus der Gleichgültigkeit raus gezogen. Die ganze Stadt ist angespannt und in Alarmbereitschaft. Da hilft es natürlich nicht das der Lord weiterhin nach seiner Tochter suchen lässt. Nun hat er es offizielle gemacht, wer dieses Mädchen ist. Viele der Fürsten und Bewohner waren natürlich schockiert und der Lord hat viele Halbwahrheiten verstreuen lassen. So ist zu mindestens der Adel halbwegs beruhigt. Aber der Rest des Volkes ist weiterhin misstrauisch.

Erschöpft lehne ich mich zurück und sehe aus dem Fenster in die Dunkle Nacht. Der Schneesturm wird nicht mehr lange auf sich warten lassen, schon jetzt nimmt der Wind zu. Viele Reisende und Händler werden hierbleiben müssen und so sind die Tavernen und Gasthäuser fast alle überfüllt.

Hoffentlich hört er bald auf, der Winter hat dieses Jahr Rabenstein noch früher als sonst eingeholt.

Gedankenverloren sehe ich hinaus, als ein kleiner Rabe an meinem Fenster landet und mich interessiert ansieht. Leicht legt er seinen Kopf zur Seite und krächzt mich durch das Fenster an. Seufzend wende ich mich von dem Raben ab, den Dokumenten wieder zu und unterschreibe auch diese hier. Es gibt so viel zu tun, dass es fast schon zur Gewohnheit für mich geworden ist Nachtschichten einzulegen. So ist es nicht verwunderlich das ich bald schon über den Dokumenten eindöse. Doch Schritte auf dem Gang wecken mich wieder und ich sehe zu meiner Tür, die gerade geöffnet wird.

Ich stehe auf und sehe der vermummten Gestalt, entgegen die in meinem Türrahmen steht.

Schnee liegt auf dessen dunklen Umhang, der bereits zu schmelzen beginnt und auch auf dem Boden bildet sich eine leichte Pfütze des geschmolzenen Schnees. Hinter ihr tritt eine weitere Gestalt ein und schließt die Tür hinter sich.

Lächelnd begegne ich den Personen, auch wenn ich nicht weiß, wer sie sind. Doch ich bin nicht naive, wer auch immer das ist, ist nicht zum Plaudern hergekommen.

„Guten Abend die Herrschaften, wie kann ich euch helfen?", frage ich und drehe mich zu ihnen. Leise krächzt der Rabe an meinem Fenster wieder, als eine stärkere Windböe durch die Bäume fährt.

Stumm sehen mir beide entgegen, ihre Kapuzen so tief in das Gesicht gezogen, das ich ihre Gesichter in dem Dämmerlicht des Ofens nicht ausmachen kann. Kurz sehen sich die Gestalten an ehe die kleinere nickt und auf mich zu tritt. Nervös sehe ich zu ihnen und schlucke. Kurz räusper ich mich und hole Luft.

„Was wollt ihr hier? Sagt, wie ist euer Name?", frage ich mit der Autorität eines Namensgebers und sehe dabei zu, wie die Gestalt ihre Kapuze abnimmt. Es ist eine junge Frau mit rabenschwarzem Haar und moosgrünen Augen, die mir lächelnd entgegensieht. Goldene Flammen zieren ihren schmalen Hals, eine unübliche Farbe für eine Bewohnerin von Rabenstein. Sie grinst mir Frech entgegen, als sie einen Dolch aus einer ledernen Scheide zieht und auf mich zu kommt. Spielerisch dreht sie den Dolch in ihrer Hand, die in festen Leinen bandagiert ist.

Es ist die Gesuchte, die Tochter des ersten Lords, die vor mir steht und mich mit den moosgrünen Augen ansieht. Langsam tritt sie auf mich zu, den Dolch immer noch in ihrer Hand und sagt dann mit sanfter Stimme:

„Xea Fides von Rabenstein, aber sagt, wie ist der eure?"

Sag, wie ist dein Name ?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt