Kapitel 9

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Exgottheit gewidmet

Im Bart's Hospital angekommen, ging ich sofort in Richtung von Sherlocks Labor.
Und dort saß er und ließ gerade irgendeine Flüssigkeit in eine Petrischale tropfen.

"John, da bist du ja endlich", begrüßte er mich. "Würdest du mir die Pipette dort reichen? Sie liegt direkt hinter dir auf dem Tisch."
Ich funkelte Sherlock wütend an.
"Das ist nicht dein Ernst, oder? Erst lässt du mich einfach am Tatort stehen, ohne mir zu sagen, wo du hingehst und jetzt soll ich wieder den Laufburschen für dich spielen? Vergiss es!"

Sherlock runzelte die Stirn.
"John, ich bitte dich. Tu doch nicht so, als wäre das zum ersten Mal passiert. Und außerdem; ich bin hier, du bist hier. Wo liegt das Problem? "
"Das PROBLEM, Sherlock, ist, dass-" Weiter kam ich nicht, denn in diesem Moment betrat Molly mit einer Kaffetasse in der Hand den Raum.

"Ich habe hier ihren Kaffee, Sherlock. Oh, hallo, John, seit wann sind sie denn hier?", fragte sie nach.

Ich antworte nicht, denn ich war zu beschäftigt damit, Sherlock verärgert anzustarren.
Was fand ich an diesem verdammten Mistkerl noch einmal so toll? Hätte ich mich nicht in einen weniger komplizierten Mann verlieben können? Oder einfach bei Mary bleiben können?
Nein, ich suchte mir natürlich Sherlock Holmes aus, den ignorantesten und wohl nervigsten Menschen der Welt.

Besagter Mensch stand in eben diesem Moment auf und kam mit großen Schritten auf mich zu.
Seine linke Hand schloss sich um mein Handgelenk und er lehnte sich an mich.
"Wenn du mir die Pipette nicht gibst", wisperte Sherlock an mein Ohr," dann hole ich mir sie eben selbst."
Eine Gänsehaut zog sich augenblicklich über meinen gesamten Körper.
Mein Herz schien kurz stehenzubleiben, nur um dann doppelt so schnell wie vorher zu schlagen.

Kontrolle, John. Beruhige dich.

Ich konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie Sherlock nach der Pipette griff. Hiernach ließ er mein Handgelenk los und trat einen Schritt zurück, aber nur um meinen Blick mit seinem zu fesseln.

Ich schluckte schwer und schaute nach einiger Zeit schließlich zu Boden.
Sherlock nahm Molly daraufhin die Tasse ab und setzte sich wieder an seinen Arbeitsplatz.
Meine Augen zischten zwischen Molly und Sherlock hin und her. Sie hatte alles gesehen, doch wie würde Molly das interpretieren?

Die Stille, die nun im Labor herrschte, brachte mich beinahe um den Verstand, also räusperte ich mich und wandte mich an Sherlock.

"Hast du hier irgendwas herausfinden können, was uns bei dem Fall weiterhilft? "
Sherlock nickte.
"Und was?"
"Ich habe das Blut der Toten analysiert", antwortete er. "Es ist vollkommen in Ordnung, ich konnte keinerlei Gift einer Schlange entdecken, allerdings", fügte Sherlock hinzu," war in dem Blut ein kleiner Rest an Ketamin zu finden. Die Frau bekam also ein Mittel zugeführt, welches sie betäubte. Ich tippe auf K.-o.-Tropfen. Die lassen sich leicht selbst zusammenmixen, dafür muss man kein Chemiker sein. Sie war also in einer Bar, die in der Nähe des Tatorts liegt. Der Täter hätte sie nicht durch halb London tragen können, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Er muss ihr die Tropfen vorher ins Getränk getan haben."

"Das heißt also, dass wir die nächsten Tage damit verbringen werden, alle Bars im Umreis des Tatorts abzuklappern?", stellte ich seufzend fest.
"Ganz genau. Und wir werden sofort anfangen. "
"Bitte was?! Bist du noch ganz bei Trost? Es ist schon 2 Uhr nachts!", teilte ich Sherlock nach einem kurzen Blick auf meine Uhr mit.
Dieser sah mich nur an und schüttelte den Kopf.

"Die perfekte Uhrzeit, um in eine Bar zu gehen, findest du nicht, John?"
"Für dich vielleicht ", grummelte ich verdrießlich. "Meinetwegen kannst du gerne allein anfangen, Sherlock. Menschen wie ich brauchen so 'banale' Sachen wie Schlaf."
"Na schön, wie du willst", meinte Sherlock achselzuckend und ging.

Mit offenem Mund starrte ich auf die Tür, durch die Sherlock verschwunden war.
"Hat er das gerade wirklich gemacht, Molly?"
"Ich schätze schon. Tut mir leid, John."

"Ach was, du kannst ja auch nichts dafür. Wir wissen ja alle, wie Sherlock ist. Manchmal frage ich mich nur, warum wir immer noch befreundet sind. In solchen Situationen könnte ich ihm den Kopf abreißen."

"Ihr seid noch befreundet, John, weil er dich braucht. Genauso wie du ihn brauchst", sagte Molly lächelnd.

Ja... Ich brauchte ihn mehr als alles andere auf der Welt.

"Vielleicht hast du recht... Ich gehe dann mal nach Hause. Wir sehen uns, Molly."
"Tschüss! Ach, und John?"
"Ja?"
"Du solltest es Sherlock sagen. Geheimnisse bringen nie Gutes mit sich."

Ich blieb stocksteif im Türrahmen stehen.
"Woher...?", setzte ich an,
aber Molly unterbrach mich.
"John, selbst ein Blinder könnte sehen, wie du Sherlock anhimmelst."

War es wirklich so offensichtlich?
Doch wieso war es Sherlock dann noch nicht aufgefallen?

"Ich kann nicht ", flüsterte ich und verließ anschließend fluchtartig das Labor.

Sherlocks PoV

Ich konnte Johns Nähe nicht mehr ertragen, also ergriff ich die nächstbeste Gelegenheit, um zu verschwinden.
Es war nun alles ganz klar.
Johns Reaktion auf meine Berührung am Tatort und im Labor.
Sein rasender Puls.
Die geweiteten Pupillen.
Es war glasklar.
John war verliebt.

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