Sicherheitsmaßnahmen

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Der Dezember flog regelrecht an der Blauhaarigen vorbei. Sie wirkte wie in Trance und sie fühlte sich fast unsagbar schwerelos.

Son-Gokus Beerdigung war klanglos und leise an ihr vorbeigezogen. Sie war körperlich anwesend, aber ihre Gedanken und ihre Trauer war irgendwo zwischen hier und dort und doch nicht voll da. Kaum zu beschreiben und doch so erdrückend, dass sie kurz davor war zusammen zu brechen.

Sie hatte seinen ungeahnten Tod nicht verstanden. Es war... nicht fair. Es war einfach nicht fair! Wie oft hatte er jetzt schon die Erde gerettet und sogar andere Planeten und dessen Bewohner... und jetzt? Es war ein Wille der Natur, hatte ihre Mutter versucht sie zu trösten, aber ihre Worte gingen in ihrem lauten Schluchzen einfach unter.

Vegeta hatte sich in dieser Zeit in seinem Gravitationsraum verschanzt. Ablenkung. Sie beide suchten Ablenkung, jedoch fanden sie diese nicht. Bulma fragte sich oft, ob sie nicht versuchen sollte, ein Gespräch mit ihm anzufangen. Aber ihr Vorhaben hatte sie immer abgebrochen, aus Angst, dass er vielleicht komplett dicht machen würde.
Sie wollte ihm ja schließlich auch kein Gerede aufs Auge drücken. Es genügte ihr schon, dass er immer noch nachts, nach seinem Training, einen Weg zu ihr ins Bett suchte. In den meisten Fällen wurde sie dadurch wach und musste lächeln, wenn er sich nah an sie legte, so dass sie sogar seine hitzige Temperatur an ihrem Rücken spüren konnte.

Er suchte ihre Nähe, so wie sie seine.

Schwierige Zeiten, in denen sie froh war, Vegeta an ihrer Seite gehabt zu haben. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, wie es wäre, wenn sie alleine gewesen wäre. Alleine mit diese Wut, auf das Schicksal und mit dieser Trauer, um ihren besten Freund.

Dem entsprechend war die darauf folgende Weihnachtsfeier und Silvester ein totenstilles Unterfangen. Sie hatte die anderen eingeladen, aber bis auf Chichi, ihr Vater und Son-Gohan war keiner gekommen. Offenbar war der Verlust noch bei einigen zu groß, um jetzt noch eine Freude an diesen Feierlichkeiten festzuhalten.

Sie redeten über alte Zeiten. Vergängliche, lustige und doch traurige Momenten, in denen sie einfach nicht anders konnten, als darüber zu weinen.

Als das neue Jahr anfing, versuchten ihre Eltern sie auf eine neue Weise, wieder ins andere Leben zurück zu holen. Sie konfrontierten die Blauhaarige mit der baldigen Entbindung.
Ein Graus, wenn sie nur daran dachte und doch half es ihr.

Sie ließ sich darauf ein, mit ihrer Mutter einkaufen zu gehen, um die erste Babyausstattung zu holen. Das Kinderbett wurde dagegen liebevoll von ihrem Vater entworfen und gebaut. Sie brach fast erneut in Tränen aus, als sie es sah. Doch diesmal aus Freude.

Ein Sinn fürs Leben kam zu ihr zurück. Natürlich war es schwer, die Geschehnisse zu akzeptieren, wie sie nun mal waren. Aber sie musste auch stark sein, für das neue Leben. Für ihr Kind. Für ihren Sohn.



Der Januar war vorüber und die kalten Tage vergingen. Der Schnee schmolz langsam. Nicht zu schnell und doch waren die Tage wieder milder geworden.

Ausgiebig trainierte Vegeta wie gewohnt in seiner Raumkapsel. Doch nicht mehr so verbissen, wie all die Zeit zuvor. Er hatte keinen Anreiz mehr. Wer war er denn, jetzt wo Kakarott tot war? Es gab keinen mehr, der auch nur annähernd so stark war wie er. Sein Rivale hatte es selbst gesagt. Er war nun der Jenige, der die Last der Erde, auf seinen Schultern hatte.

Wozu sollte er dann noch trainieren? Es gab keine Herausforderungen. Keine Echsen und Monster auf diesem Planeten, an die er seine Kräfte messen konnte.

Und doch war ein Funken von Wille in ihm, der nach ihm verlangte zu trainieren. Er wollte immer noch stärker werden, aber... wozu? Um eine Legende, die sein Volk ausgesprochen hatte, zu ehren? Um es allen zeigen zu können, dass er auch einer war? Ein Super-Saiyajin?! Er war ein Prinz und doch irgendwie nicht. Immerhin war sein Vater ebenso tot. Er hätte den Titel übernehmen können. Nicht mehr Prinz Vegeta, sondern König Vegeta. Aber das war ihm zu weit hergeholt und ohne ein Saiyajin-Volk nicht ertragbar.

Die Saiyajins waren schon seit Anbeginn der Zeit ausgestorben. Wie viele gab es noch? Er, als einziger Vollblut-Saiyajin und ein weiterer Halbsaiyajin. Vielleicht auch bald zwei halbe Portionen. Wenn es überhaupt soweit kam.

Er wurde mit jedem Tag nervöser, je näher der errechnete Geburtstermin kam. Er beobachtete die Blauhaarige genauer, als zuvor und musste feststellen, dass es ihr genauso ging.
Verschwunden waren die siegessichere Ansprachen. Er sah, wie sie jeden Tag näher am Abgrund stand. Aber er war gewillt mit ihr zusammen zu fallen, wenn es nötig wäre.

Wen hatte er denn noch, außer sie und das ungeborene Kind? Wen hätte er sich anvertrauen sollen? Richtig. Niemanden. Sie war seine Heimat. Ein Licht, wie es sich für eine Gefährtin gehörte. Oder wie die Menschen sagten; Ein Lebenspartner.

Sein Wille sprühte Funken. Egal was kommen mag. Egal, wie schwer es wurde. Er würde nie aufhören zu Kämpfen. Nicht einmal daran zu denken, kam ihm in den Sinn. Er würde für sich und seine Familie weiter kämpfen müssen. Blut ist dicker, als Wasser oder Schweiß.

Benommen und völlig in sich gekehrt, beschloss Vegeta sein Training für heute zu belassen. Es war weit nach Mitternacht und er konnte jetzt sowieso keinen klaren Gedanken mehr fassen.

Er schaltete die Geräte ab, bevor er den Gravitationsraum verließ und zurück ins Haus ging. Dabei jedoch wurde er anscheinend schon ungeduldig erwartet.
Irritiert sah er zu dem alten Mann auf, der sich im Sessel im Wohnzimmer gemütlich gemacht hatte und seine Tabakpfeife rauchte.

„Ach, endlich. Da bist du ja.", sagte er und stand auf, „Ich hoffe du bist noch nicht zu müde. Ich wollte dir etwas zeigen."

Ohne ein Wort zu sagen, schritt er hinter Bulmas Vater her und fragte sich allen ernstes, was er ihm zeigen wollte.
Auf dem langen Weg, hinunter in die unteren Labore, fand Dr. Briefs seine Stimme wieder.

„Weißt du,... ich hab mir Gedanken über die Zukunft gemacht. Jetzt... wo Son-Goku tot ist und..."

Vegeta konnte nicht anders, als leise zu Knurren.

„... na ja, ich mache mir nur Sorgen, Vegeta. Ich bin eben auch nicht mehr der Jüngste und daher habe ich seit längerem nun schon, an einer Sache gearbeitet, die unter höchster Geheimhaltung steht."

Sie gingen mittlerweile an Bulmas Labor vorbei. Wenn er ehrlich zu sich war, war er bisher noch nie weiter gegangen.
Plötzlich blieb der ältere Mann stehen, nachdem sie einige Gänge und Ecken pariert hatten und Vegeta wäre beinahe in ihn hinein gelaufen, wenn er nicht rechtzeitig gestoppt hätte. Er wandte sich zu ihm um und sah ihn irgendwie... durchdringend an.

„Es ist wichtig, das du das für dich behältst. Bulma sollte davon auch noch nichts erfahren. Es tut ihr nicht gut, wenn sie sich jetzt wieder mit diesem Thema befassen muss, wenn doch die Geburt schon so nah vor der Tür steht."

Vegeta nickte kurz und bündig. Eigentlich wollte er nur noch ins Bett und doch, wollte er auch wissen, an was der Alte gearbeitet hatte. Wenn selbst die Blauhaarige nichts davon wissen durfte.

Dr. Briefs wandte sich der Wand zu und Vegeta schaute verwirrt drein, als er seine Hand auf einen Teil der Wand legte. Doch kurze Zeit später sah er etwas rotes unter der Hand des Mannes aufleuchten und wie es, wie ein Scanner über seine Handfläche fuhr.

Einen Moment später schob sich plötzlich ein Teil der Wand zur Seite und Dr. Briefs betrat den nun spärlichen, engen Durchgang.

„Komm schon.", sagte er und Vegeta zögerte einen Moment, bevor er ihm folgte.

Sie gingen viele Treppen hinunter und Vegeta wollte gerade ansetzen, als Bulmas Vater ihm wieder einmal zuvor kam.

„Ich habe einen Schutzbunker entworfen. Nur für Notfälle. Die Wände bestehen aus mehreren Eremiten, ähnlich wie der Schutzmantel des Erdkerns, aber um ein vielfaches härter. Ich habe mir ein paar Informationen, über dein Energielevel ausgeborgt und habe dem entsprechend einen perfekten und zu 97,736 Prozent sicheren Bunker gebaut."

Vegetas Mund stand einen Spalt offen. Ihm fehlten gerade die Worte. Was zum Geier...?!

„Die Zugangstür, in der wir vorhin hindurch sind, verlangt nach DNA Hautpartikeln. Ein Fingerabdruck, oder eben die gesamte Handfläche. Das kann man nach belieben aber auch ändern. Ich bin mir da eh nicht so sicher, ob das so eine gute Idee war."

„Inwiefern?", sagte er dann und der Erfinder stoppte wieder.

„Nun. DNA kann man sich beschaffen. Einen Finger oder eine Hand auch. Ich glaube, du weißt, auf was ich hinaus will."

Vegeta bekam einen leichten Schauer. An was der Alte alles dachte, erschreckte ihn immer wieder aufs neuste. Der Kerl war mit allen Wassern gewaschen.

„Und... an was haben sie gedacht?"

„Oh. Ehm. An eine Stimmenidentifikation.", sagte dieser prompt und ging die Treppe weiter hinunter.

Die nächsten fünf Minuten hörte man nur die Schritte der Beiden. Vegeta sah sich unsicher um. Der enge Gang machte ihn nervös, obwohl es ihm bekannt vor kam. Freezers Raumschiff war doch genauso eng anliegend.

Als er wieder nach vorne sah, erkannte er langsam ein Ende. Eine breite Stahltür. Dr. Briefs stoppte, als er an dieser ankam und betätigte ein Schaltpult neben dieser Tür. Ein Tastaturfeld, in dem er einige Zahlen eintippte. Einen kurzen Moment musste er überlegen, da ihm die Ziffernreihe bekannt vorkam.

Dr. Briefs erkannte seinen Blick und lächelte wissend.

„Es ist Bulmas Geburtsdatum. Das sollten wir vielleicht auch ändern.", sagte er nachdenklich und drückte die Entertaste.

Ein grünes Licht über der Tür leuchtete auf und die Tür öffnete sich.

„Bitte, nach dir.", sagte er und Vegeta trat langsam durch die Tür.

Erst war es komplett dunkel, als er in einem weiteren Flur stand. Doch diesmal waren die Wände nicht aus Metall, oder einem anderen harten Material. Es erinnerte ihn mehr an normalen Betongesteins. Als er einen weiteren Schritt ging, durchquerte er wohl einen Bewegungsmelder und die Lichter über ihnen aktivierten sich automatisch.

Zum Vorschein kam ein kurzer Flur. Der Boden war mit einem orangenen Teppich bedeckt und lud regelrecht dazu ein, das ganze mehr zu erkundigen.

„Es ist klein. Aber für euch wird es reichen.", hörte er ihn reden und der Alte trat an ihm vorbei, um eine Tür auf seiner rechten Seite zu öffnen, „Hier ist das Wohnzimmer.", machte eine kurze Pause, bevor er auf die andere Seite des Flurs zu schritt und eine weitere Tür öffnete, „Die Küche.", wieder trat er weiter und öffnete immer wieder die Türen, die in diesem Flur vorhanden waren, „Ein Labor für Bulma, das Schlafzimmer, Badezimmer und...", er kam nun zur letzten Tür und Vegeta, der sich kurz in den jeweiligen Räumen umsah, schloss zu dem Erfinder auf.

Er stand neben ihm, als er die letzte Tür öffnete.

„Das Kinderzimmer. Jedenfalls sollte es das noch werden. Soweit waren meine Frau und ich, noch nicht gekommen.", sagte er und sie sahen in einen leerstehenden Raum hinein.

Der Saiyajin konnte keinen klaren Gedanken fassen. Er war einfach... platt. Das traf es wohl am ehesten.

„Wir sind fast 50 Meter unter der Oberfläche. Ich denke, es ist tief genug. Selbst wenn eine der Atomkraftwerke explodieren sollte, wärt ihr hier sicher. Entschuldige auch, wegen der Einrichtung. Meine Frau hat es wohl ein bisschen übertrieben.", sagte er und kratzte sich verlegen an seiner Wange.

„Wo sind...", begann Vegeta und in ihm fühlte er eine beklemmende Leere, „...eure Zimmer?"

„Nirgends. Das ist nur für deine Familie gedacht. Wie schon gesagt. Wir sind nicht mehr die Jüngsten. Für uns käme so etwas auch nicht in Frage. Aber ich möchte, dass es meiner Kleinen gut geht. Das sie sicher ist, ist mir am wichtigsten."

Er schloss das noch nicht eingerichtete Kinderzimmer und betrat wenige Sekunden später das genannte Labor.

„Komm. Wir richten eben die anderen Sicherheitsvorkehrungen, damit für den Notfall alles eingerichtet ist.", sagte er und Vegeta ging ihm, in Gedanken versunken, hinterher...


Eine gute Stunde später war Vegeta auf der 2. Etage angekommen. Er konnte immer noch keinen klaren Gedanken fassen und er hoffte inständig, dass die Blauhaarige schon schlief. Sein Gesicht war gerade offen gelegt wie ein eigenes Buch. Er hatte seine Mimik nicht unter Verschluss und doch hatte er es ihrem Vater versprochen, ihr davon nichts zu erzählen. Zumindest vorerst nicht.

Er öffnete leise ihr Zimmer und sah zu ihrem Bett. Seine Augen weiteten sich, als er die Blauhaarige auf dem Rand des Bettes sitzen saß. Sie hatte ihre Arme um ihre Beine geschlungen und ihr Kopf war auf ihren Knien abgelegt.

„Onna...", flüsterte er und sie sah zu ihm hoch.

Sie antwortete ihm nicht. Er sah, wie sie auf ihre Unterlippe anscheinend herum kaute. Nervös, aber mit bestimmten Schritten ging er auf sie zu.

„Alles okay?", fragte er und setzte sich zu ihr.

„Hatte einen Alptraum.", hörte er sie wispern, „...und du warst nicht da... ich dachte,..."

„Shhh...", hauchte er und sein Arm wanderte ganz spontan um ihre Schultern, „Komm, leg dich wieder hin. Ich bin ja jetzt da."

Sie hörte auf ihn und lag binnen Sekunden wieder auf ihrer Seite des Bettes. Er war eigentlich noch gewollt, schnell Duschen zu gehen, doch die panischen azurblauen Augen hielten ihn davon ab. Er entschied sich den Duschvorgang auf Morgen zu verschieben. Er legte sich zu ihr und sie drehte ihren Körper zu seinem um.

„Mir ist kalt.", hauchte sie und ohne eine Frage zu äußern, rutschte sie näher zu ihm.

Er ließ es zu, erfasste nur noch ihre Hände und versuchte ihr dadurch ein bisschen Wärme zu vermitteln. Es half, als er nach zehn weiteren Minuten ihren entspannten Atemzug vernahm...


Eine etwas andere ZukunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt