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POV Tim

"Ich weiß, dass niemand mich mag. Das musst du mir nicht auch noch unter die Nase reiben und Respekt sollte verdient sein. Hier hast du mein scheiß Handy. Ich bin weg." fauchte Nick mir ins Gesicht, ehe er mir brutal das erfragte Elektronikteil in die Hand drückte und sich dann, auf dem Absatz umdrehend, mit langen Schritten aus dem Schlafraum entfernte. Mit offenem Mund und mit schlechten Gewissen erfüllt, starrte ich durch den Ausgang, den Nick soeben überstürzt verlassen hatte. Ich fühlte mich schlecht dafür, dass ich ihn eben die unvermeidlichen Tatsachen so grob ins Gesicht gesagt hatte. Ich sollte doch mit der Zeit gelernt haben, welche Wunden man mit so wenigen, wahren Worten aufreißen konnte. Obwohl, eigentlich hatte der Junge es doch verdient. Er war nun mal selbst Schuld, dass er so unbeliebt bei seinen damaligen Mitschülern war. Ich schnaufte. Wieso hatte ich überhaupt Mitleid mit dem Idioten. Bei dem, was er Finn mit der Zeit alles angetan hatte, sollte ich froh sein, dass er damit so alleine da stand und ich sollte nun wirklich nicht dieses Fünkchen von Mitleid und Mitgefühl in meiner Brust fühlen, was soeben erneut aufgeflammt war, als Nick mir diese erschütternd ehrlichen Worte entgegen geschleudert hatte. Allerdings war ich auch als Aufsichtsperson dazu verpflichten, auf die mir Schutzbefohlenen aufzupassen und ich wollte nun wirklich nicht der alten schrulligen Schulleiterin, die schon zu meiner Schulzeit mit ihrer unvorhersehbaren Mischung aus unglaublicher Langeweile und übertriebener Strenge so einige Probleme mit mir hatte, erklären wollen, wieso genau ich einen Jungen weniger mit zurück aus der Fahrt gebracht hatte. Unter dem Gedanken und Vorsatz lief nun auch ich durch die schlecht beleuchteten Gänge der Jugendherberge raus auf den Vorplatz, wo ich mich auch sogleich suchend umsah.
Mein Gefühl sagte mir, dass Nick wohl unmöglich zu dem Rest der Gruppe gelaufen war, weshalb ich einfach meinem Instinkt nach in die entgegengesetzte Richtung zum Strand lief.
Dort angekommen zeigte mir ein im tieferen Wasser stehende Gestalt, dass ich wohl mit meiner Vermutung recht hatte, denn die am Boden achtlos abgeworfenen Klamotten konnte ich binnen weniger Sekunden als die des Verschwundenen erkennen. Ich wollte mich gerade neben diesen niederlassen, um hier auf Nick zu warten, da ich vermutete, dass er erstmal seine Ruhe brauchte, so aufgebracht wie er eben gewirkt hatte, als mein Blick wieder den Wasserstreifen absuchte, an dem ich den schlanken Jungen eben noch im Meer gesehen hatte. Allerdings konnte ich nun nichts außer den wenigen niedrigen Wellen erkennen. Ich kniff meine Augen enger zusammen und sah mich erneut um, doch von Nick war keine Spur zu sehen. Etwas unruhig trat ich von einem Fuß auf den anderen, während ich abwartend auf die Wogen starrte, die immer wieder meine Sicht verdeckten und danach wieder eine unveränderte leere Wasserstelle zeigten. Hätte er in einer solch kurzen Zeit etwa wegschwimmen können, oder war er schon aus dem Wasser gekommen? Ich ließ meinen Blick erneut über die Bucht schweifen, ehe mir ein schreckliches Bild in den Kopf schoss. Was wenn ihm was passiert war?
So schnell, wie es auf dem Sandboden ging, rannte ich die leichte Neigung hinab, während ich meine Vans, aus denen ich schon vor Jahren die Schnürsenkel entfernt hatte, von den Füßen kickte, Nicks Handy in diese warf und das Shirt über den Kopf riss, ehe ich kopfüber in die Wellen sprang. Mit wenigen Armzügen war ich an der Stelle angelangt, von der ich vermutete die zu sein, an der ich Nick zuletzt gesehen hatte. Ohne zu Zögern tauchte ich erneut unter und versuchte in dem gräulichen Meer etwas zu sehen. Es fiel mir schwer, da meine empfindlichen Augen sich immer wieder, wie von selbst, gegen das brennende Salzwasser verschlossen, doch nach wenigen Sekunden erkannte ich tatsächlich einen Körper am Grund des Meeres. Erneut handelte ich schnell und ohne nachzudenken und überbrückte ich letzten Meter, ehe ich dem am Boden liegenden Körper unter den Armen hindurch griff und ihn an meine Brust gepresst mit kräftigen Beinschlägen an die Oberfläche brachte. Das der - in meinen Augen - Ertrunkene, während den wenigen Sekunden, an denen ich ihn nicht losließ wie verrückt strampelte, merkte ich erst, als ich wieder die angenehme Seeluft in meinem Gesicht spürte, ich gierig nach Sauerstoff rang und eine wütende Stimme mich anschrie.


POV Nick

„Sag mal willst du mich umbringen?" Wütend blickte ich in Tims Gesicht, welcher mich jetzt ebenfalls mit einer Mischung aus Wut und Verwirrung ansah. „Natürlich will ich dich nicht umbringen aber du dich ja offensichtlich schon. Verdammt du warst über eine Minute unter Wasser, ich hab gedacht du bist ertrunken." „Wow, über eine Minute. Mein neuer Rekord." Murmelte ich vor mich hin und grinste stolz. Auf Tim achtete ich einfach nicht, doch als er mit einem wütendem schnauben meine Aufmerksamkeit wieder auf sich lenkte verschwand das Lächeln und ich wusste wieder weshalb ich überhaupt hier war. „Und, was wäre wenn ich mich hätte umbringen wollen? Es hätte mich doch eh niemand vermisst und jetzt verpiss dich wieder, hätte ich dich hier haben wollen, hätte ich gefragt ob du mitkommst und wäre nicht einfach so gegangen." „Nö.", grinste er plötzlich. „Wenn ich eh schon mal hier bin kann ich auch schwimmen." Und schon kraulte er davon. Fasziniert beobachtete ich seine ausgeprägten Rückenmuskeln, die bei jedem Zug zur Geltung kamen, doch schüttelte schnell den Kopf als ich merkte das ich ihn beobachtete. Soll er doch machen was er will, aber ich würde wieder tauchen.

Eine Weile hielt ich dieses Spiel bei. Mich hinabsinken zu lassen, so lange wie möglich die Luft anzuhalten und mich nur auf das rauschen des Blutes in meinen Adern zu konzentrieren, wieder auf zu tauchen, ein paar Mal tief durch zu atmen um mich wieder hinabsinken zu lassen. Doch irgendwann wurde mir auch das zu viel und meine Lunge brauchte dringend mal eine Pause, weshalb ich das kleine Stück zurück zum Strand schwamm und mich neben meine Klamotten in den Sand legte. Ich genoss die Abendsonne auf meiner kühlen Haut und lauschte dem Klang der Wellen. Ich sah nicht auf, als sich jemand neben mir niederließ. Wird ja wohl kaum jemand anderes als Tim kommen. Aber er sagte nichts, schien ebenso wie ich die Situation genießen. Als er dann doch das Wort ergriff drehte ich meinen Kopf in seine Richtung, machte die Augen jedoch nicht auf. „Was versteckst du? Warum spielst du jemanden der du nicht bist? Du bist nicht der aggressive Junge, der du vorgibst zu sein. Du bist unsicher und einsam, spielst dich aber trotzdem auf als wärst du der größte und stößt alle von dir weg. Warum?" Er hatte recht, doch ich konnte und wollte ihm seine Fragen nicht beantworten. Er war immer noch ein Fremder für mich und selbst mit Ben hatte ich nicht darüber geredet. Ich glaubte auch nicht das er eine ehrliche Antwort wirklich von mir erwartete. „Sag mir Bescheid wenn du es weißt." antwortete ich ihm deshalb nur leise und verlor mich, mit dem Kopf immer noch zur Seite geneigt wieder in den Klängen des Meeres, bis auch diese immer leiser wurden und ich in einen tiefen Schlaf gezogen wurde.

Ich erwachte von einer rauen Stimme, die immer wieder meinen Namen flüsterte und heißem Atem, welcher gegen meinen Hals prallte. Ich erschauerte bei dem Gefühl, wollte aber gleichzeitig mehr davon. Unbewusst beugte ich meinen Kopf weiter in die entgegengesetzte Richtung, damit mehr von meinem Hals frei lag und ein sanftes Lachen bescherte mir eine Gänsehaut. „Nick steh jetzt auf, wir müssen wieder hoch." Warte mal. Raue Stimme und große Hände die jetzt leicht über meine Schulter strichen? Scheiße, hier waren Gänsehaut und angenehme Schauer definitiv fehl am Platz. Ich schoss mit solch einer Wucht nach oben, dass ich abrupt gegen die Person, welche sich über mich gebeugt hatte knallte und diese nach hinten fiel. Vor Schreck versuchte sich Tim, welcher mich anscheinend geweckt hatte, an mir fest zu halten, doch zog mich nur mit runter und auf sich drauf. Tja, das war wohl nichts mit festhalten. Erschrocken sahen wir und mit aufgerissenen Augen an. Ich lag auf ihm, nur mit Boxershorts am Leibe und er in genau dem gleichen Aufzug unter mir. Verdammt musste das grade falsch aussehen. „Ähm sorry? So war das nicht geplant, aber du hast mich ganz schön erschreckt." Oder eher die Tatsache das du ein Kerl bist und wie mein Körper schon auf winzige Berührungen reagiert hatte. „Schon gut, du hast mich auch ganz schön erschreckt.", lachte er und ich fühlte die Vibration seines Brustkorbes an meinem. „Wärst du dann so lieb und würdest von mir runter gehen?" Verdammt, da war ja was. „Natürlich.", antwortete ich schnell, mit einem leichten Rotton auf den Wangen und setzte mich zuerst auf, ehe ich mich von ihm erhob. Tim sah mich mit angestrengtem Blick und zusammengepressten Lippen an, weshalb ich die Stirn runzelte, mich jedoch dann darauf konzentrierte meine Sachen zusammen zu suchen und mich wieder anzuziehen. Als ich fertig war und mich wieder umdrehte, sah ich wie Tim sich mit dem Rücken zu mir sich grade noch sein Shirt über den Kopf zog, mir kurz über die Schulter zu blickte und mir deutete ihm zu folgen, sich jedoch nicht zu mir umdrehte oder sprach. Was hatte er denn jetzt für ein Problem? Ej, ich wollte nicht auf ihm landen, das war ganz allein seine Schuld! Still trottete ich dem älteren Blondschopf hinterher und realisierte erst jetzt, dass man bereits einzelne Sterne am Himmel sehen konnte.

Because Things changed (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt