~15~

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POV Tim

Es tat so gut, all diese Worte und Gedanken endlich losgeworden zu sein. Er hatte das Recht darauf, zu wissen, was ich für ihn fühlte und mein ganzer Körper kribbelte, wenn ich nur daran dachte, wie positiv er mein Geständnis aufgenommen hatte. Von dem atemberaubenden Kuss, der darauf folgte, mal gar nicht zu sprechen.
Mittlerweile saß Nick in meinem Schoss. Wir beide schwiegen und genossen einfach die Nähe unserer beiden Körper und ja, zum ersten mal auch die unseres Geistes. Wir wussten nun, was in dem Anderen vorging und die Gefühle und Gedanken des Gegenüber waren nun kein un aufgedecktes Mysterium mehr, das einen nur den Schlaf raubte und unnötige Energie kostete.
Ich hatte meine Augen geschlossen und atmete ruhig den männlichen Geruch ein, der uns beide umgab. Sein Aftershave, Deo, Parfüm oder vielleicht sogar sein Eigenduft, der leicht in der Luft lag, harmonierte perfekt mit meinem und ergaben eine betörend, ja beinah erregende Note, die ich einfach nur versuchte in meinem Kopf für immer abzuspeichern. Doch nach einer gewissen Zeit Schweigen und dem entfernten Gegröle der anderen Schüler, die ihren Tag scheinbar doch lieber am Strand als in der Stadt verbrachten, lauschend, spürte ich Nicks Blick auf meinem Gesicht. Prüfend öffnete ich erst nur das rechte Auge, zu faul um gleich das ganze Ausmaß des Erwachens aus dem angenehmen Halbschlaf zu erzielen. Und tatsächlich brachten mich dir bekannten, glänzend-grünen Augen dazu, nun auch beide meiner Lieder zu öffnen. "Ist was?" fragte ich belustigt, als Nick nicht den Anschein machte wegzusehen und mich weiter Wort - und ausdruckslos anstarrte. "Du siehst deinem Bruder ähnlich." sagte er nur. Seine Stimme leise und langsam, abwesend, beinah, als wäre er in seiner ganz einigen Welt. Ich hob leicht meine Augenbrauen. Was sollte das denn jetzt schon wieder? Ängstlich vor seiner Antwort und davor, dass unsere endlich mal friedvolle, ungestörte Zeit nun wieder vorbei wäre, fragte ich ihn unsicher:"Ist das ein Problem?" immer noch gedankenverloren reinblickend, schüttelte er seinen Kopf, was mir sofort einen riesigen Stein vom Herzen fallen ließ. Ich wollte gar nicht zugeben, wie sehr ich es gehasst hätte, wenn dieser Moment jetzt wieder ausgeartet wäre. Doch auf Nicks vorher apathisch - verträumten Gesicht, bildete sich ein leichtes Grinsen, ehe er beinah zu kichern anfing. Eine Geste, die ich ihm niemals zugetraut hätte und mein, von Finn in diesen Dingen eigentlich ziemlich abgehärtetes, Herz zum schmelzen und gleichzeitig hektisch auf und ab hüpfen brachte. "Du siehst gut aus." stellte er danach wieder ernst fest und sah mir gerade in die Augen. Ich fing nun ebenfalls an zu grinsen und drehte uns schnell um, sodass ich jetzt über ihm lag, mein Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt. Neckend drückte ich einige kurze, schnelle küsse auf seine Mundwinkel und Wangen, während Nick unter mir lachte und immer versuchte meine Lippen mit seinen einzufangen, bevor ich wieder ein anderes Stück seiner Haut traf, gar nicht bemerkend, wie klischeehaft wir handelten. Wir verhielten uns wie ein Pärchen, das sich mitten in der honeymoonphase befanden und einfach verdammt verliebt war. Doch mich störte es nicht, ganz im Gegenteil. Ich liebte es, ihm endlich nahe sein zu können, ohne diese Stimme im Hinterkopf zu haben, die mir immer wieder sagte, dass das was ich tat falsch war. Dass Nick eh nicht schwul war, dass er ein gefühlskaltes, egoistisches und homophobes Arschloch war und es wohl nie einsehen würde. Denn all dies hatte sich als mehr als nur falsch erwiesen, auch wenn er in den letzten Tagen immer wieder auch diese verdammt zickige und anstrengende Seite von sich gezeigt hatte.Aber ich wusste jetzt schon, dass er es wert wäre sich länger mit ihm zu beschäftigen und über seine übertriebene Sensibilität, die extremen, plötzlichen Stimmungsschwankungen und sein offensichtliches Aggressionsproblem hinwegzusehen und hinter der Mauer an schlechten, leider viel zu oft und offensichtlichen Eigenschaften, auch die Versteckten zu suchen. Wie zum Beispiel der Fakt, wie unwahrscheinlich gut er küssen konnte und das seine Lippen nach frisch gepflügten Erdbeeren schmeckten. Womit wir sowohl wieder bei der Klischeehaftigkeit unseres Verhalten ankamen, sowie auch bei der Sache, mit der wir gar nicht mehr aufhören konnte. Nicks Beine waren eng um meine Hüfte geschlungen und hinderten mich daran mich von ihm zu lösen, auch wenn ich das wohl so gar nicht vorgehabt hatte, denn es fühlte sich einfach wunderbar an. Die Art, wie meine, sicher schon geschwollenen Lippen, ein angenehmes Kribbeln durch mein Körper schickte und die sanften Schauer, die sich in meinem Nacken ausbreiteten, als Nicks Hand, mit seinen feingliedrigen Fingern, durch mein helles Haar fuhr.
Ich strich mit meiner Zunge sanft über seine Unterlippe, vorsichtig nach Erlaubnis fragend, doch Nick zögerte nicht einmal einen Wimpernschlag, als er schon gierig seinen Mund öffnete und tief seufzte. Die Tatsache, dass er seine Lust so offen gezeigt hatte, wenn auch unabsichtlich, wie ich vermutete, sowie seine einfache Niedlichkeit, die ich nicht abstreiten konnte und auch nicht wollte, brachten mich dazu leicht in unseren innigen Zungenkuss zu kichern, was ihn wiederum dazu veranlasste leicht verärgert auf meinen unteren Rücken zu schlagen. Dabei landete seine Hand nur knapp über meinem Hintern, weshalb wir beide für einen Atemzug stockten und dann leicht grinsend weitermachten. Nein, darauf wollte ich die nächsten Tage bestimmt nicht verzichten. Diesen unglaublich bezaubernden Reiz, den er mir mit jeder weiteren zusammen verbrachten Minute bewies. Diese sinnlich verspielten Küsse und natürlich einfach ihn, auch wenn Probleme zwischen uns jetzt schon vorprogrammiert waren. Aber vielleicht brauchte er genau so etwas in seinem Leben, jemand der da blieb, egal wie anstrengend er sein konnte. Ich musste nicht mal lange nachdenken, um jetzt schon zu sagen, dass ich bereit war, das für ihn zu sein, was er in seinem Chaos von Leben benötigte. Sein Fels in der Brandung, sein Licht in der Dunkelheit. Gott ich sollte echt aufhören so viel Mist zu denken und mich einfach auf das hier und jetzt konzentrieren. Denn schließlich hatte ich später noch genügend Zeit mir nervend tiefsinnige Zeilen auszudenken, wenn nicht gerade ein unglaublich heißer Junge unter mir lag, der schon schmollend zu mir aufsah, weil ich, in meinen Gedanken gefangen, aufgehört hatte ihm meine komplette Aufmerksamkeit zu schenken. Ich konnte nur hoffen, dass das alles hier nicht so schnell enden würde, wie es angefangen hatte.

POV Nick

Schmollend blickte ich zu Tim auf, der mich schon seit einer Minute gedankenverloren ansah, mich aber doch nicht wahrzunehmen schien. Vielleicht ein klitzekleines bisschen ungeduldig piekte ich daher in seine Seite, weshalb er kurz zusammen zuckte, mich aber dann mit einem breiten Grinsen ansah. „Ach, wirst du etwa ungeduldig?" Ebenfalls grinsend nickte ich. „Da hab ich ja auch jedes Recht dazu." Tims Augen funkelten und er beugte sich erneut zu mir runter um mich zu küssen, doch diesmal verlor ich mich nicht wieder darin, sondern versuchte mit einer Hand krampfhaft ein Kissen zu finden ohne das er etwas davon mitbekam. Doch Tim war scheinbar so abgelenkt das ich an seinen Lippen schon leicht grinsen musste weil es ja doch irgendwie süß war. Durch mein Grinsen löste er sich jedoch und sah mich fragend an, doch ich blickte nur unschuldig zurück, weshalb er die Stirn runzelte. In diesem Moment schlug ich ihm das Kissen von der Seite gegen den Kopf und nutze seine Verwirrung um uns umzudrehen und ihn auf dem Bett fest zu nageln. „Wofür war denn das jetzt?", immer noch verwirrt blickte Tim zu mir hoch, doch immer noch nicht fertig küsste ich kurz seine Nasenspitze, ehe ich von ihm herunter sprang und ihm die Zunge raus streckte. „ Mhm, vielleicht dafür das du mich einfach vergessen hast, während ich sogar bereit gewesen wäre weiter zu gehen..", gespielt überlegend tappte ich mir mit dem Finger an die Wange. „Oder vielleicht auch einfach nur weil du du bist." Grinsend zuckte ich mit den Schultern und es war mir egal wie kindisch ich mich grade verhielt, denn ich wollte wenigstens einmal die unbeschwerte Zeit genießen. Tim, der sich mittlerweile aufgesetzt hatte, sah mich nun mit diesem spielerischen Funkeln in den Augen an, ehe er mein Spiel mitspielte. „Ach ist das so? Weil ich ich bin? Na dann hast du das hier aber mehr als verdient" und ehe ich mich ducken konnte flogen gleich mehrere Kissen auf mich zu. Durch meine Reflexe konnte ich grade noch so die Hände hochreißen, ehe mich eines der beiden im Gesicht treffen konnte. Stattdessen fing ich es und warf es zurück, löste dadurch eine Kissenschlacht aus, bei der wir am Ende doch wieder knutschend auf dem Bett lagen. Jetzt, wo ich mir endlich nicht mehr selbst im Weg stand, oder es zumindest den Anschein machte genoss ich die Zärtlichkeit von Tim sehr. Nicht das ich ihn ausnutzen würde, nein aber er ließ mich auf eine Weise gut fühlen, auf die es noch niemand geschafft hatte. Nicht eine meiner Exfreundinnen konnte mir das geben, was Tim mir gab. Geborgenheit und das Gefühl wirklich wegen meines Charakters gemocht zu werden, nicht wegen meines Körpers und meiner Beliebtheit. Okay, zweiteres hatte ich jetzt eh nicht mehr.

Wir entschieden uns dann doch noch einen Film zu gucken, ehe wir nichts anderes machten als uns dauerhaft zu küssen, nicht das das schlecht war, aber meine Lippen waren bereits ziemlich strapaziert und auch Tim schien es okay zu finden, wenn wir uns vorerst einfach nur auf den Film konzentrieren würden. Natürlich hatte er dabei die ganze Zeit seine Arme um meinen Körper geschlungen und ich war froh, dass das Zimmer eine Klimaanlage hatte, denn sonst wäre das ganz schön unangenehm geworden bei dem Wetter. Gegen Abend beschloss Tim, dass er uns das Abendessen auf unser Zimmer holen würde und ich war mehr als froh darüber. Ich wollte nicht aus meiner Seifenblase hinaus und in die Wirklichkeit zurück wo alle mich hassten. Lieber blieb ich für den Rest meines Lebens hier drinnen mit Tim und fühlte mich geliebt. Ja, tatsächlich geliebt. Als der Blondschopf also nach unten verschwand ging ich Richtung Bad. Ich musste mich mal wenigstens ein bisschen frisch machen und Bedürfnisse hatte ich ja schließlich auch noch. Doch als ich nach etwa 20 Minuten zurück ins Zimmer kam erwartete mich nicht wie gedacht Tim, sondern sehr vertraute blaue Augen musterten mich undurchdringlich, weshalb ich mich auf der Stelle verspannte.

Because Things changed (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt