~16~

7.4K 430 34
                                    

POV Tim

Immer noch dämlich breit grinsend schwebte ich beinah mit federnden Schritten durch die Gänge der Jugendherberge. Leise summte ich eine ruhige, fröhliche Musik vor mich her, während ich mit meinen Gedanken immer noch bei Nick war, der ganz nach meinem Verständnis lieber auf dem Zimmer, als in der Essenshalle mit all den anderen, zu Abend essen wollte. Deshalb war es auch kein Wunder, dass ich gar nicht mitbekam, wie ich geradewegs in einen großen, muskulösen Körper rannte, der mich sofort unsanft aus meinem Tranceartigen zustand riss. "Hast ihm aber ganz schön schnell verziehen, wenn man bedenkt, was er deinem Bruder mal wieder versucht hat anzutun." zischte mir Ben als schnippische Antwort zu, als ich mich immer noch leicht abwesend für meine Verträumtheit entschuldigte ohne zu bemerken, wer vor mir stand. Ich kniff leicht meine Augen zusammen und schob meine Augenbrauen argwöhnisch zusammen:"Ich wüsste nicht, was dich das angeht, ich-" doch ehe ich zu ende sprechen konnte, unterbrach mich der Junge vor mir laut:"Was mich das angeht? Finn ist nicht nur dein Bruder, sondern auch mein Freund. Und ich lass Nick nicht so einfach damit wegkommen, was er die ganze Zeit immer wieder mit ihm angestellt hat. Er sieht es ja noch nicht mal ein, dass er Fehler gemacht ist. Jetzt macht er selber mit Typen rum, aber ist sich immer noch zu fein, um sich ein einziges mal richtig zu entschuldigen. Das heute morgen war gar nichts. Wir haben ihn einen kleinen Streich gespielt, um zu zeigen, dass niemand seine verrückten Ideologien hier vertritt und dann plötzlich zieht er den Schwanz ein und macht einen auf bereuenden Welpe, der ja ach so arm dran ist. Er-" Doch dieses mal war ich derjenige, der Bens, scheinbar kein Ende nehmende, Rede unterbrach, indem ich ihn leicht unsanft an die Wand hinter ihn drückte und die Spitze meines Zeigefingers in seine Brust presste. "Hörst du dir eigentlich mal selber zu? Du kennst Nick gut genug, um zu wissen, dass er nicht so ist. Er ist nicht blöd, er hat auch bemerkt, dass er Fehler gemacht hat. Das wusste er schon längst. Da braucht er keinen scheiß Kinderstreich von euch. Und hättest du ihm heute morgen zugehört, hättest du es auch mitbekommen, wie wichtig und ernst ihm das alles war, was er gesagt hat. Kannst du dir eigentlich vorstellen, wie weh das tut, wenn man sich endlich traut über seinen Schatten zu springen und zuzugeben, dass man all die Zeit falsch gehandelt hat. Wenn man vor all solchen Leuten, die nichts mehr wollen, als ihn am Boden zu sehen, für die Fehler, die er eingesehen hat, einstehen will. Und ihr habt nichts besseres zu tun, als euch wie Rache geile Arschlöcher zu benehmen und ihm noch nicht mal zuzuhören oder eine Chance zu geben." Meine Stimme bebte vor Zorn und war laut, während sie sich immer wieder überschlug bei der Masse von Worten, die ich in ziemlich kurzer Zeit gerade wegs in sein Gesicht schrie. Ich sah mit Genugtun, wie Ben schluckte und den Blick sich schuldbewusst zu Boden richtete, während seine Zähne sich in die volle Unterlippe gruben. Angesichts seiner zerknirschten Miene, fuhr ich nun etwas ruhiger fort und nahm den Finger von seiner Brust und legte stattdessen meine Hand auf seine breite Schulter. "Ben, ich weiß, du bist besser als das. Wir wissen beide, dass Nick noch eine zweite Chance verdient hat. Auch wenn es vielleicht schon die dritte oder vierte ist. Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass es dieses mal nicht umsonst ist. Ich hab ihn die letzten Tage kennengelernt und ich bin mir sicher, dass gerade du als sein bester Freund weißt, dass er eigentlich ganz anders ist, als er sich gibt. Und ich kann dir versichern, dass er das nun auch einsehen kann. Ich verstehe es, wenn du ihm nicht von einem nach den anderen Moment verzeihst, wie ich es getan habe, aber bitte gebe ihm doch Möglichkeit sich zu entschuldigen, die er sich verdient hat." Ben hob nun seinen Blick von dem ungleichmäßigen Muster auf dem Kunststoffboden unter unseren Füßen. Er nickte leicht und zu meiner totalen Verwunderung und Überraschung sah ich, kleine Tränen, die seine tief blauen Augen benetzten. "Okay." hauchte er leise und stieß sich leicht von der Wand ab. Er war ganz eindeutig eingeschüchtert und leicht ängstlich wegen meines -zugegebenermaßen heftigen- Ausbruchs und machte sofort ein Schritt von mir weg, schon wieder nicht in der Lage mir in die Augen zu sehen. So kannte ich den sonst so starken Ben gar nicht, der sich sonst von niemanden etwas sagen ließ und immer auf jedes negative Kommentar eine schlagfertige Antwort parat hatte. "Ben?! Es tut mir leid, dass ich so laut geworden bin, ja? Aber ich hab es satt zu zu sehen, wie sehr ihr Nick verletzt, wenn er sich doch schon selber mit seinen eigenen Vorwürfen und Gedanken so zerbricht." Ben nickte langsam und verstehend. "Er hasst sich für all das, was er getan hat, Ben." flüsterte ich die letzten Worte, als wären sie ein Geheimnis und der große Dunkelhaarige Junge nickte noch ein letztes mal, ehe er mich milde anlächelte und sich auf dem Absatz umdrehte und den Weg zu meinem und Nicks Zimmer einschlug.
Hoffentlich würde alles gut gehen.

POV Nick

Ben betrachtete mich mit seinen großen Augen, sah mich an aber sagte kein Wort. Auch ich sagte nichts und blieb wie versteinert in der Tür stehen, bis er zögernd neben sich auf das Bett klopfte. War das jetzt sein Ernst? Überrascht bewegte ich mich immer noch nicht, doch als ich sah, wie verletzt er schien, entschloss ich mich doch mich zu ihm zu setzen. Wobei er eigentlich keinen Grund hatte verletzt zu sein. Zumindest im Moment nicht. Leise schloss ich die Tür hinter mir und trat zögernd an das Bett, bevor ich mich mit mehr Abstand zu Ben als nötig niederließ. Immerhin hasste er mich ja jetzt und da konnte man nie wissen. „Ähh, ich hab grade mit Tim gesprochen.", überrascht und aus meinen Gedanken gerissen hob ich meinen Blick von meinen Fingern und starrte ihn an. War er deshalb hier? „Na gut, gesprochen ist gut, wir haben uns eher angebrüllt. Aber ganz ehrlich, wie kann er nur auf deiner Seite stehen, während du seinen Bruder immer wieder verletzt?" Traurig senkte ich meinen Kopf wieder. Natürlich war er nur hier um mir Vorwürfe zu machen. Hatte er das nicht schon oft genug getan? „Wenn du mir nur wieder sagen willst, dass du deinen kleinen Finn so viel lieber magst als mich und nichts besseres zu tun hast als mir meine Fehler vorzuhalten, kannst du direkt wieder gehen. Ich weiß, dass das nicht okay war und das musst du mir nicht immer wieder vorhalten. Es tut mir ja leid verdammt." Auch wenn ich versuchte meine Stimme stark klingen zu lassen gelang mir das nicht wirklich und auf der einen Seite hoffte ich sogar das Ben gehen würde, denn ich wollte nicht, dass er sah wie mir schon wieder die Tränen kamen. Schon schlimm genug das mich Tim so schwach gesehen hatte. Ich zuckte zusammen als sich zwei starke Arme um mich schlangen, doch ließ mich sofort gegen den warmen Körper sinken, als Ben seinen Kopf in meiner Schulter vergrub.Es tat so gut endlich wieder seine Nähe spüren zu können. Mein bester Freund. Jetzt liefen mir doch die Tränen über die Wange und verzweifelt und auch irgendwie erleichtert fing ich an zu schluchzen. „I-Ich liebe dich doch. Ich wollte dich nicht verlieren." Auch Bens Körper hinter mir bebte und die Nässe an meiner Schulter bestätigte mir das er ebenfalls weinte. „Ich hasse dich. Wie konntest du mir nur so was antun. Ich hätte dich nie ersetzt aber ich liebe Finn nun mal. Du warst so ein verficktes Arschloch. Aber trotzdem bist und bleibst du mein bester Freund. Verdammt du bist doch mein Bruder!" Ich drehte mich zu ihm um und schlang meine Arme um seinen Hals, zog mich auf seinen Schoss und so saßen wir da, den anderen fest umklammert und beide heulend wie sonst was. Aber ich war glücklich. Denn endlich hatte ich meinen besten Freund wieder. Meinen Bruder. Und ich würde alles versuchen um zu verhindern das ich ihn nochmal verliere.

Because Things changed (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt