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POV Tim

"Hört ihr mir bitte noch ein Mal zu? Kommt schon... Ein letztes Mal in eurem Leben, danach seit ihr mich los!" rief ich auffordernd nach hinten in den Bus, doch meine Stimme ging in dem lauten Getümmel der wild durcheinander redenden Schüler unter. Nick neben mir grinste und drückte seine Nase in meine Halsbeuge, ehe er dort sanft gegen die Haut hauchte. "Sie hören dich eh nicht, Babe." kicherte er und ich musste mir eingestehen, dass er recht hatte. Selbst Ben, der nur eine Reihe hinter uns saß, schien lieber in einem leisen Gespräch mit Rico vertieft zu sein, als mir Beachtung zu schenken. Ich drehte mich mit verzweifelter Miene zu meinem Freund um, der frech von meiner Schulter zu mir aufstrahlte. "Aber wir können erst los, wenn wir überprüft haben, ob alle da sind." erklärte ich mit genervter Stimme, was mich an meiner scheinbar aussichtslosen Situation störte. Doch Nick lachte nur, ehe er mir herausfordernd mit dem Ellenbogen in die Seite stieß. "Wie wärs mit zählen, Herr Andersson?" schlug er immer noch lachend und mit seiner typischen vorlauten Art vor, was mich zum leichten erröten brachte, ehe ich mich wortlos aufrichtete, mich umdrehte und begann einen Kopf nach dem anderen zu zählen, so lange, bis ich mir auch komplett sicher sein konnte, dass wir alle beisammen hatten. Ich nickte dem Busfahrer zu, der schon ungeduldig den Motor gestartet hatte und nur noch auf mein "ok" zu warten schien und mit dem leichten Rütteln des anfahrenden Busses verließen wir den Parkplatz und ließen zwei mehr als nur ereignisreiche Wochen hinter uns.

"Und worauf freut ihr euch am meisten zu Hause?" fragte ich in die Runde, die aus Ben, Rico, Nick und mir bestand. Während die anderen zwei nachdenklich das Gesicht verzogen und über die Frage unsicher zu sein schienen, klatschte Ben direkt freudig in die Hände, was ein ziemlich unerwartete Aktion für den sonst den ach-so coolen Mann war, den er sonst gab. "Auf Finn natürlich." verkündete er laut und mir entging das leicht gequälte Zucken in Nicks Gesicht nicht, als Ben weiter sprach. "Auch wenn ich ja viel mit ihm telefoniert habe, vermiss ich mein Baby einfach so sehr. Ich freu mich so darauf ihn endlich wieder zu umarmen können, zu küssen, ihn anzufassen und natürlich zum kronenden Abschluss auch zu-" "Okay, Ben... ich glaube, das reicht. Mehr will ich nicht wissen." unterbrach in Ben, ehe er mit seinen Erklärungen, was er mit meinem kleineren Bruder so alles vorhatte, zu weit ausschweifen würde. Ben kicherte nur und umfasste mit seiner rechten Hand fest den Anhänger seiner Kette, von dem ich wusste, dass er ganz klischeehaft und kitschiger weise ein Bild von ihm und Finn enthielt, da jener genau den gleichen immer um den Hals trug und ich es mir nicht hatte nehmen konnte, den Inhalt zu erforschen, als mein Bruder neben mir eingeschlafen war.

"Und du, Babe? Worauf freust du dich?" richtete sich Nick nach einer ausführlichen Erklärung, was das Beste an seiner neuen Gamerecke war, die er sich in den Ferien aufgebaut und eingerichtet hatte und die er wie ein Verrückter vermisst hatte. "Finni, unter anderem natürlich. Und ausschlafen auch... Achja, und ich würde es wirklich toll finden, wenn ein bestimmter Junge mit mir meinen Lieblingsort im Wald besuchen würde und dort ein wenig Zeit mit mir verbringen würde." antwortete ich und lächelte Nick liebevoll an, was er mit einem ähnlichen Ausdruck in den Augen erwiderte. Doch leider wurde unser Moment wie viel zu oft von Ben unterbrochen, der es nicht lassen konnte mit lauter Stimme zu verkünden, dass die Lichtung im Wald nun nicht nur noch mein, sondern auch sein und Finns war, sofern er schon einige Nächte dort mit meinem Bruder verbracht hatte.

Nick unterbrach sein stolzes Geschwafel mit einer schnellen Handbewegung, ehe er seine Lippen für einen kurzen, Zeit anhaltenden Moment auf meine drückte und danach so nah blieb, dass ich seinen Atem auf meinem Gesicht spüren konnte:"Ich würde liebend gerne mit dir zur Lichtung."

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"Er weint ja schon wieder, ist das normal?" fragte mich Nick mit zusammengezogenen Augenbrauen, während er beobachtete, wie Finn sich schluchzend und lachend gleichzeitig an Ben festklammerte, der einen seine starken Arme um Finns Hinterteil gelegt hatte, um ihn hoch an seine Brust zu halten, während er mit der anderen sanft und beruhigend über den Rücken des kleinen, völlig aufgelösten Jungens strich. Sie hatten in dieser Position verharrt, seit Finn uns entgegen gesprungen war, sobald unser Bus vorgefahren war. "Naja, er hat seinen Ben halt vermisst. Also ja, das ist normal und es wird auch noch seine Zeit brauchen, bis er sich wieder beisammen hat, aber danach gehts zurück und ihr zwei könnt reden." erklärte ich ruhig, die beiden verträumt musternd und mich fragen, ob Nick und ich wohl auch so von anderen Leuten angestarrt wurden, wie dieses Pärchen einige Meter von uns entfernt. Die Gesichter der Eltern um sie herum waren zum Teil Verwundert, oder Belustigt und mit Genugtun bemerkte ich, dass kein einziges Missgunst oder gar Ekel zierte. Es war schön mit anzusehen, dass es selbst in der älteren Generation möglich war als schwules Pärchen akzeptiert zu werden.

Because Things changed (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt