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F A Y E

Am nächsten Morgen herrschte am Frühstückstisch eine sehr schlechte Stimmung.

Das lag vorallem daran, dass nicht nur ich gestern Nacht die Begegnung mit Tyler hatte, sondern auch meine nicht so erfreuten Eltern. Auch ihnen war sofort klar, dass er gestern sturzbetrunken war und scheinbar den ganzen Tag feiern war.

Und auch sie waren maßlos enttäuscht von ihm. Doch keiner konnte auch nur an dem Maß der Enttäuschung ankommen, die ich ihm entgegen brachte. Die Versöhnung von gestern war längst vergessen.

Still aß ich mein Brötchen und beobachtete Tyler aus den Augenwinkeln, der schweigend und unsere Blicke ignorierend, neben mir saß.

Seine Haare waren zerzaust, seine Augen gerötet, sein Gesicht bleich wie eine Leiche und die Stirn in Falten gelegt, was man aber nicht so gut erkennen konnte, da er die Kapuze seines schwarzen Hoodies auf hatte.

Gelegentlich stöhnte er leise und legte sich die Hand an den Kopf. Offentsichtlich hatte er einen wohlverdienten Kater.

In der Küche war nur das Kauen und Abbeißen von uns zuhören. Bis mein Dad sich räusperte.

"Tyler... Könntest du uns freundlicherweise mal erklären, wo du gestern warst und warum du so betrunken nach Hause kamst?"
Ich konnte hören, dass Dad mehr als nur wütend war.

"Kommt vor, würd' ich mal sagen.", kam es nuschelnd von Tyler, ohne auch nur einen von uns anzuschauen.

Kommt vor? Das war alles, was er dazu zu sagen hatte? Kommt vor?!
Was um alles in der Welt ist los mit ihm? Das ist doch nicht Tyler, der da spricht. Wie kann er sich von einen Tag auf den anderen so verändern?

"Kommt vor?! Mensch Tyler! Was sollte das denn? Deine Schwester hat den ganzen Tag auf dich gewartet. Sie wollte wenigstens noch den letzten Tag mit dir verbringen, wenn du schon so mir nichts dir nichts einfach beschließt, für zwei Jahre nach Amerika zu fliegen. Ich denke, das wäre das mindeste, was du hättest für sie tun können.", sagte meine Mum kopfschüttelnd.

Gespannt beobachtete ich Tylers Reaktion. Doch mehr als ein Achselzucken, kam da nicht.

Autsch.

Nicht mal eine Erklärung war ich ihm Wert. Ich wusste wirklich nicht, wie ich mich fühlen sollte.

In weniger als drei Stunden wird Tyler für zwei Jahre aus England verschwinden. Das letzte, was ich wollte war, dass wir uns in einem Streit verabschieden würden. Gestern noch dachte ich, alles würde gut werden. Wir würden jeden Tag telefonieren und schreiben.

Doch was jetzt? Wie würde das jetzt laufen, jetzt wo alles, was wir gestern aufgebaut hatten, wieder zerstört wurde? Wie würde ich mich gleich am Flughafen von ihm verabschieden? Machte er sich denn gar keine Gedanken darüber?

Nachdem wir alle fertig mit dem Frühstück waren, befahl meine Mum uns, dass wir nach oben gehen und uns fertig machen sollten.

Nickend stand ich auf und lief die Treppe hoch. Dabei konnte ich deutlich Tylers Schritte hinter mir herlaufen hören. Plötzlich umfasste seine Hand mein Handgelenk und er drehte mich um, sodass ich ihm ins Gesicht schauen musste. Sauer starrte ich in seine geröteten Augen.

"Hör mal Faye... Es tut mir wirklich ungla-"

"Spar's dir.", fauchte ich, riss ihm meinen Arm aus seinem Griff und rannte schließlich die letzten Stufen hoch in mein Zimmer.

Diese blöden Entschuldigungen konnte er sich wirklich sonst wo hinstecken. Für mich gab es da einfach nichts mehr, für das er sich hätte entschuldigen müssen. Es war doch ganz offensichtlich, dass ihm feiern wichtiger war, als ich.

Danger ↣ l.tWo Geschichten leben. Entdecke jetzt