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Erzähler POV

Hektisches Treiben herrschte in der Glenwood Klinik, was eher selten war. Soeben wurde ein junges Mädchen eingeliefert; Schusswunde über dem Herzen. Wie das passiert war, wusste bis jetzt noch keiner der Ärzte. Zu sehr waren sie damit beschäftigt, sich auf den Weg in den OP Saal rasche Sachen zuzuschreien, um das Leben des Brünnetten Mädchens zu retten. Es war knapp gewesen; wäre der Krankenwagen ein paar Minuten später gekommen, hätte es schon zu spät sein können. Nicht mal jetzt war ihr Zustand stabil; würden die Ärzte sie nicht so schnell wie möglich notoperieren, würde sie wegen inneren Blutungen sterben.

Mit neben der Krankenliege liefen zwei junge Männer; Beide mit blutverschmierten Händen und der eine mit roten Augen und Schuldgefühlen, die ihn innerlich auffraßen. Dem anderen war die kalte Wut deutlich ins Gesicht geschrieben, doch da war noch etwas anderes; Er hatte Angst. Angst, dass sie es vielleicht nicht schaffen würde. Doch die wütende Seite von ihm schwor sich, den Mistkerl kaltblütig umzubringen, der ihr so etwas angetan hatte. Er würde ihn foltern, ihn zerschneiden und erdrosseln, bis seine Augen nach innen gedreht waren und er nicht mehr atmete. Der andere junge Mann schaute ängstlich auf seine leblos aussehende Schwester hinab; er konnte es nicht glauben. Wäre er doch bloß nicht auf sie eingegangen... Das alles war allein seine Schuld und würde sie nicht überleben, könnte er nicht mehr mit sich selbst leben.

Der Chefarzt, Dr Benson, steckte noch nie in einer so ernsten Lage, doch er versprach sich und Faye in Gedanken, dass er alles mögliche tun würde, damit sie das durchstand. Und in erster Linie ging es darum, sie zu operieren. Danach wäre das schwerste geschafft und es bestände eine gute Chance, dass sie alles weitere überstand.

Die beiden Männer waren dabei, mit in den OP Saal zu laufen, als sich die großen Türen öffneten. Doch einer der Ärzte machte ihnen einen Strich durch die Rechnung.
"Sie können nicht mit rein meine Herren, es tut mir leid." Der Bruder des Mädchens nickte nur; ihm wäre ohnehin schlecht geworden, hätte er zugeschaut wie das Leben seiner Schwester in den Händen der Ärzte lag. Der andere jedoch, deutlich gefährlichere aussehende Mann, wollte wütend etwas erwidern, belehrte sich aber dann etwas besseren; Wenn er wollte, dass sie überlebte, musste er die Ärzte arbeiten lassen. Ob es ihm gefiel, (und das tat es keinesfalls, denn ihm wurde ganz anders bei dem Gedanken, nicht zu wissen was mit ihr passierte) oder eben nicht. Ihnen wurde befohlen, sich ins Wartezimmer zu setzen; komischerweise war hier so gut wie nichts los und das, obwohl es um die 17:00 Uhr war.

Der Bruder des Mädchens war blass und sah erschöpft aus; hätte er sich nicht hingesetzt, wäre er wahrscheinlich umgefallen. Vielleicht wäre es aber auch besser gewesen, dachte er. Dann müsste er sich nicht mehr mit seinen Gedanken und dem Unfall auseinandersetzen. Sie rasten unaufhörlich in seinem Kopf; Das Bild wie sie zusammenbrach und vor Schmerzen schrie. Das Bild wie sie dort lag, das Blut unaufhaltsam aus ihrer Brust strömend und Louis über ihr, wie er versuchte, die Blutung mit seinen Händen zu stoppen, bis Liam sich hektisch das T-shirt über den Kopf gezogen hatte und es Louis in die Hand drückte. Wie Louis panisch geschrien hatte, jemand solle den Krankenwagen rufen, während er nicht von Faye abließ. Der Gedanke, wie er selbst nur dort stand, zu entsetzt um irgendwas zu tun, quälte ihn. Erst als Liam ihn angeschrien hatte, er solle irgendwas tun wenn er nicht wolle, dass seine Schwester starb, wurde er wachgerüttelt. Er war zur ihr hingesprintet, hatte sich zu ihr hinunter gekniet und versucht, sie irgendwie wieder wach zu bekommen. Vergeblich. Der Krankenwagen kam und nahm sie mit. Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken, was ihre Eltern wohl denken würden. Noch wussten sie es nicht; er fühlte sich noch nicht in Stande, sie anzurufen und irgendwelche Worte rauszubringen. Genau genommen hatte er seit den gefallenen Schüssen nichts mehr gesagt.

Der tattoowierte Mann hingegen, der im Wartezimmer zwei Plätze weiter weg von dem Bruder saß, wusste nicht mehr wohin mit seiner Wut. Er war auf alles und jeden auf der Welt wütend; Auf Tyler, weil er seine kleine Schwester überhaupt erst an diesen Ort gebracht hatte; auf Liam, weil er ihn nicht früher informiert und ihr gefolgt war; auf Faye, weil sie dort war, obwohl sie ihm versprochen hatte, sie würde nirgends hingehen; Und am allermeisten auf sich selbst, weil er es nicht verhindern konnte. Er konnte es nicht verhindern und ihr helfen, als sie bewusstlos und blutend auf dem Boden lag. Er wünschte sich, er wäre nur eine Minute eher dort gewesen; Dann hätte er all das verhindern können und sie beschützt. Er hasste sich dafür. Er hatte quasi ihr Blut an seinen Händen kleben und das hatte er erschreckender Weise wirklich, als er ein Blick runter wagte. Normalerweise machte ihm Blut überhaupt nichts aus. Doch bei dem Anblick von ihrem Blut an seinen Händen wurde ihm schlecht und er wollte es so schnell wie möglich loswerden. Das erinnerte ihn nur daran, dass es eigentlich wirklich so sein sollte; Dass er wirklich ihr Blut vergießen und sie töten sollte. Doch alles was er wirklich wollte war, sie in Sicherheit zu wiegen und sie zu beschützen. Und darin war er kläglich gescheitert. Seine Hände zitterten als er sie zu Fäusten ballte und laut ausatmete. Er musste sich beruhigen. Langsam lockerte er einer seiner Fäuste, langte in seine schwarze Hosentasche und holte Feuerzeug und Zigaretten raus, stand auf und verschwand nach draußen vor dem Krankenhaus, um eine zu rauchen.

Danger ↣ l.tWo Geschichten leben. Entdecke jetzt