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F A Y E

"Ey Bro, jetzt warte mal. Glaubst du nicht, dass das ein bisschen... zu hart ist?"

Eine skeptische Stimme erklang und ließ einen Stoß an Erleichterung durch meine Adern fließen. Vielleicht hatte ich Glück, und der Typ vor mir würde auf seinen rechthabenden Freund hören und mich loslassen. Meine Augen wanderten an den Jungen, der mich an die Wand gepresst festhielt vorbei, auf der Suche nach der Stimme, die noch etwas Anstand besaß.

"Machst du jetzt doch'n Rückzieher, oder was? Du hattest doch die Idee! Jetzt lass uns das auch durchziehen.", fauchte der Dunkelhaarige seinen Freund an, der jetzt in mein Sichtfeld trat. Er hatte dunkelblonde Haare und braune Augen, was aber auch das einzige war, was ich durch den Regen und von der Entfernung aus sehen konnte.

Während ich still der Konversation der Beiden folgte, fiel mir auf, wie sein Griff immer lockerer wurde. Ein kleines Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht auf, obwohl gerade noch Tränen meine Augen verließen. Ich wusste, dass dies meine Chance war, freizukommen und wegzulaufen. Meine Augen wanderten zwischen meinem wütenden Gegenüber und seinem Freund hin- und her, während ich überlegte, wie ich am besten aus seinem Griff rauskam. Sollte man einem Mann in so einer Situation nicht in seine Schwachstelle treten? Ich biss mir auf die Unterlippe und schaute zum Gassenende, wo ich hergekommen war. Unauffällig versuchte ich die Entfernung einzuschätzen und kam zu dem Entschluss, dass, egal wie weit ich weg wäre, ich nur eine Chance hätte. Ich musste sie also richtig und bedacht nutzen. Und am besten so schnell wie möglich. Verdammt, wie sollte ich das denn schaffen?

Und wieder einmal musste ich daran denken, dass ich jetzt Zuhause sitzen könnte, anstatt im strömenden Regen von zwei Typen in die Mangel genommen zu werden, wenn ich nicht mit Liam mitgefahren wäre. Ich hätte mir das alles hier sparen können, aber nein, ich musste mein Vertrauen wieder in die falsche Person setzten.

Eigentlich sollte ich in dieser Situation Angst haben, was ich auch anfangs nicht bestreiten konnte. Aber der Fakt, dass die Beiden sich vor mir nur stritten und sie diskutierten, war lächerlich. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie nicht so gefährlich waren, wie beispielsweise Louis und seine Kollegen. Diese Erkenntnis ließ mich mutiger werden und ohne groß darüber nachgedacht zu haben, zog ich mit voller Wucht mein Knie hoch.

Augenblicklich zuckte seine Hand weg und legte sich an seinen Schritt, während er schmerzerfüllt und mit zusammengekniffenen Augen stöhnend auf die Knie sank. Ein Stich von Mitleid durchfuhr meinem Körper, als ich erstmal vor Schreck stehen blieb und seine jammernde Gestalt betrachtete. Doch als ich hochschaute und den wütenden, braunen Augen des Dunkelblonden begegnete, wusste ich, dass ich Rennen musste. Und zwar so schnell wie möglich.

Ohne einen weiteren Blick auf den Typen auf den Boden zu werfen, fing ich an, zu rennen. Glücksgefühle pulsierten durch meine Adrenalingeladenen Adern, als sich das Gassenende unmittelbar vor mir befand. Es war, als würde man auf das Ende eines Tunnels zurennen, auf das Licht, das einen aus der Dunkelheit führte. Es war zwar ziemlich Klischeehaft, aber genauso fühlte ich mich gerade; als würde ich der Dunkelheit entkommen. In dem Moment, in dem ich aus der Gasse schoss, in den strömenden Regen, fühlte ich einen Widerstand an meinem Fuß. Den Bruchteil einer Sekunde bevor es passierte, wusste ich, was geschehen würde und mein Gesichtsausdruck verwandelte sich in pure Verzweiflung; ich fiel.

Ein Aufschrei begleitete mich, als meine Knie schmerzhaft mit den nassen, harten Boden kollidierten, bevor auch der Rest meines Körpers auf dem Boden aufkam. Ein stechender Schmerz durchzog in der nächsten Sekunde mein rechtes Knie und machte es unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Tränen hatten schon längst meine Augen verlassen und die Verzweiflung schlich sich in jede Ecke meines Körpers, als ich Schritte und ein Lachen vernahm. Allerdings bemerkte ich Niedergeschlagen, dass es sich bei dem Lachen unmöglich um eine der beiden Personen handeln konnte, die mich gerade eben noch in der Mangel genommen hatten. Erschöpft aber innerlich voller Panik rappelte ich mich langsam auf, versuchte mein angeschlagenes Knie nicht allzu sehr zu belasten. Als ich auf den Boden schaute bemerkte ich erst, dass ich nicht von selber gestolpert bin. Sofort wanderte mein Blick hoch um nach der Ursache zu suchen, während ich mich leicht an der kalten Wand abstützte, als ich eine dritte Person ausmachte, die zwei Meter entfernt von mir stand. Es war ein weiterer Typ, der insgesamt eine dunkle Aura auszustrahlen schien. Er hatte schwarze Haare, braune Augen und sein Körper war, soweit ich es sehen konnte, über und über mit Tattoos bedeckt. Ich bemerkte, wie sich mein Körper gegen ihn sträubte. Sein Gesichtsausdruck bewies, dass er keine Guten Absichten hatte, denn ein fieses und herablassendes Grinsen zierte seine Lippen. In dem Moment, in dem ich in seine Augen schaute wurde mir bewusst, dass ich wegen ihm gestolpert bin. Er hatte mir ein Bein gestellt. Unbewusst ging ich einen kleinen Schritt nach hinten, als das schmerzhafte Ziehen an meinem Bein mich stoppen ließ. Kurz vergaß ich den Typen und schaute runter, um zu sehen, warum genau es so wehtat. Und bei dem Anblick, wurde mir schlecht. Meine Hose war an der Stelle komplett aufgerissen; nur noch Fetzen hingen von der schwarzen Jeans herab. Doch das war nicht das Schlimme, was mich fast übergeben ließ. Nein, es war der Anblick der Wunde. Diese zog sich über mein komplettes Knie, die ganze Haut war weg. Und ich wusste, würden die Unmengen an Blut, die mein ganzes Bein hinunterflossen, die Wunde nicht bedecken, könnte man das rosane Fleisch, was sich unter der Haut befand, erkennen. Dazu kam das schmerzhafte Brennen, das gerade eben, durch den Schockmoment abgeebt wurde, aber nun umso deutlicher zu spüren war.

Danger ↣ l.tWo Geschichten leben. Entdecke jetzt