35.Kapitel

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LUCY

"Ich...er- unsere Eltern waren früher eng befreundet" nuschelte ich und konnte ihm gar nicht erst in die Augen sehen. Luis anzulügen war mir so unangenehm, dass ich hätte im Boden versinken können, doch was hätte ich auch sonst tun können, denn die Wahrheit konnte ich ihm auf keinem Fall sagen.

"Und das soll ich dir jetzt einfach so glauben? Gott Lucy du hast mir bisher so viel verschwiegen und das soll die Wahrheit sein?!" fauchte Luis gekränkt und ich zuckte zusammen, denn er hatte einmal mehr ins Schwarze getroffen. "Ich habe mir Sorgen um dich gemacht Luis! Tyler und Ramiris sie-...du weißt gar nicht wie gefährlich sie sind...bitte lass uns das einfach vergessen, ich werde ehrlich zu dir sein...Ich will dir die Wahrheit erzählen nur-...halt dich von ihnen fern" flehte ich fast schon und Luis fuhr sich schnaubend durchs Haar.

"Du schaffst es wirklich immer wieder vom Thema abzulenken" grummte er und ich lächelte gequält, denn auch wenn es mir eigentlich ganz gut passen würde, war es nicht mal mein Plan gewesen abzulenken, ich wollte ehrlich sein und es einfach hinter mich bringen. Zögerlich setzte ich mich auf sein Bett und strich mir das Haar aus dem Gesicht. "Ich will nicht von irgendwas ablenken, ich will das das hier funktioniert, ich will ehrlich zu dir sein ich will einfach nicht immer Angst um dich haben müssen..." Seufzend lies Luis sich neben mich fallen und sofort reagierte mein Körper auf ihn, denn eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus.

"Du willst ehrlich sein? Dann tu es! Sprich mit mir" forderte er und ich nickte leicht. "Ich werde dir all das erzählen was du wissen willst, weil ich mit dir zusammen sein will Luis und das nicht weil du reich bist oder gut aussiehst, sondern einfach weil du mich von dir abhängig gemacht hast, weil ich mag wie du mit mir umgehst, wie du lachst und wie du dich im Schlaf an mich klammerst...Ich will dich weil du Luis bist....Du verdienst es die Wahrheit zu wissen, auch wenn du mich dann verlassen wirst" stellte ich klar und schluckte.

Der Gedanken, dass Luis mich verlassen könnte lähmte mich förmlich und versetzte mich in eine mir unbekannte Panik, eine Panik die mich all meine Prinzipien vergessen lies. Ich veränderte mich, seit ich Luis kannte, doch das war gut, denn umso länger ich ihn kannte umso glücklicher und zufriedener wurde ich. War ich bei ihm, dann hatte ich keine Angst. War ich bei ihm, dann glaubte ich daran alles schaffen zu können. War ich bei ihm, dann fühlte ich mich geliebt, dann fühlte ich mich in der Lage zu lieben.


"Ich könnte dich nicht wegen irgendwelcher vergangenen Dinge verlassen Lucy! Ich könnte dich vermutlich nicht mal verlassen, wenn du jemanden umgebracht hättest...Ich verspreche dir, ich werde dich nicht verlassen, denn auch wenn es viel zu früh dafür ist, auch wenn es dich vermutlich verschrecken wird...Ich liebe dich Lilifee!"


Überwältigt saß ich da, konnte mich nicht mehr bewegen und starrte einfach nur die Wand vor mir an, als ich feststellte, dass es mir nichts ausmachte. Im Gegenteil es lies mein Herz schneller schlagen, lies mich lächeln und vielleicht, ganz vielleicht waren es sogar die schönsten Worte die ich je gehört hatte. "Was willst du wissen?" fragte ich um von seinen Worten abzulenken und schloss die Augen.


"Eigentlich alles...aber fangen wir mit etwas einfachem an...Wieso warst du an jenem Tag an der Brücke und viel wichtiger noch: Warum hast du mir geholfen?" Lächelnd wagte ich mich näher an ihn heran, lehnte meinen Kopf gegen seine nasse Schulter und erinnerte mich an jenen Tag, der irgendwie mein Leben verändert hatte. "Ich war unterwegs wegen dem Training, als ein Auto an mir vorbei brauste, es war teuer also hab ich ihm hinterhergeschaut und dann naja...hab ich beobachtet wie sie dich zusammengeschlagen haben...und als sie dich dann über dieses Geländer warfen, da- ich weiß es selber nicht, aber ich glaube ich wollte einfach helfen, weil du dir selbst nicht helfen konntest...ich konnte dich nicht einfach sterben lassen. Wer weiß vielleicht war es auch Schicksal?!" scherzte ich und spürte Luis brennenden Blick.


"Glaubst du an Schicksal?" Kurz schüttelte ich den Kopf, hielt dann jedoch inne und dachte nach. "Ich weiß es nicht vielleicht...aber andererseits macht es mich verrückt zu glauben, dass alles aus einem Grund geschieht, dass manche Dinge passieren müssen. Wenn ich wüsste, dass alles einen Sinn hat würde ich ständig nach diesem Sinn suchen glaube ich" gestand ich leise und Luis griff meine Hand. "Du bist einfach manchmal ein richtiger Sturkopf Lilifee, aber das ist ja nichts neues für dich oder?" Düster erinnerte ich mich daran, was mein Sturkopf alles bewirkt hatte und verkrampfte mich für einen kleinen Augenblick.


"Was noch? Komm schon, du darfst den richtig heftigen Kram ansprechen Luis, ich versuche dir zu vertrauen..." munterte ich ihn auf und versuchte mich an einer Art aufbauendes Lächeln. "Okay...Was ist das für eine Akte die Jake hat?" Ich schluckte und dachte an die Zeit im Heim zurück. Ich hatte damals solche Angst, Angst vor der Rache, Angst davor auf alte Gesichter zu treffen und Angst vor mir selbst. Erst mit fünfzehn, sechzehn hatte ich mich wirklich gefangen, hatte wieder angefangen mich am Riemen zu reißen und musste nicht mehr täglich bei irgendwelchen Psychologen vorbei schauen.


"Eine Akte vom Jugendamt...Ich stand mit 13 Jahren vor den Toren eines Heims und naja habe ihnen kein Wort über meine Vergangenheit gesagt...nur meinen Vornamen, also blieb ich bis zu meinem 18 im Heim, bevor ich dann in die WG gezogen bin...in der Akte steht alles von jenem Tag an" erklärte ich kurz angebunden und Luis drückte mir wie zur Belohnung einen sanften Kuss auf die Wange.


"Nächste Frage...Was war davor? Kommen daher deine Narben?" wollte er wissen und sah dabei sehr vorsichtig aus, wollte mich vermutlich nicht überfordern, doch ich konnte damit umgehen, wollte nicht schwach sein. Trotzdem atmete ich ein zwei Mal zittrig ein und aus und schloss kurz die Augen.


"Meine Eltern waren sehr...speziell. Sie vertraten die Meinung, dass Gefühle schwach sind und nur die, die keinerlei Gefühle haben Macht erlangen können...Sie hatten spezielle Arten mich für alles zu bestrafen, was auch nur annähernd gefühlsmäßig war, sperrten mich tagelang in Dunkelheit ein, schlugen mich...zwangen mich- mich selbst zu verletzten...Irgendwann machte ich einen Fehler...Sie verstießen mich und setzen mich vorm Heim aus" versuchte ich es so kalt wie möglich rüberzubringen, doch trotzdem spürte ich die Tränen in meinen Augen....

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kurz und scheiße aber naja -_-







Das Mädchen aus EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt