36.Kapitel

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LUIS

Verdammt es waren ihre eigenen verfluchten Eltern! Wie? Wie zur Hölle konnte man sein eigenes Kind so erziehen? Wie konnte man es einfach vor die Tür setzten mit 13? Wie hatten sie nicht bemerken können was für eine wundervolle unfassbare Tochter sie hatten?

Fragen über Fragen überschwemmten mich förmlich, doch abgesehen von den Tränen, die über die Wangen des dunkelhaarigen Mädchens liefen, nahm ich nichts wirklich wahr. Zaghaft berührte ich ihre weiche Haut und fing die kleinen salzigen Tropfen ab, wischte sie sanft weg und umarmte Lucy nach einer kleinen Weile. Erst vorsichtig, dann immer fester presste ich ihren schmalen Körper an mich, der immer stärker von Schluchzern geschüttelt wurde, aber es war okay.

Es war okay, dass sie weinte. Es war okay, dass sie mir nicht jedes Detail erzählen wollte und vor allem war es okay, dass sie so war wie sie eben war. Ich liebte genau das Mädchen, das da vor mir saß. Dieses unperfekte unglaubliche Wesen, das mein Herz zum explodieren und meinen Kopf zum Stillstand brachte...Sie war alles was ich wollte und so wie wir jetzt da saßen, eng aneinander gedrückt, sie so verletzlich und offen und ich für sie da, da hatte ich tatsächlich die Hoffnung, dass sie auch mir gehören würde...

Alles was ich soeben gehört hatte hörte sich nach einem bösen Traum an, doch allein die Narben auf ihrem Rücken bewiesen mir das Gegenteil und ließen mich fast schon wieder erschaudern. "Danke" murmelte ich in ihr wuscheliges Haar und hoffte einfach, dass sie verstand wofür ich mich bedankte.

Sie war ehrlich mit mir gewesen, war vermutlich offener als je zuvor gewesen  und dafür war ich ihr dankbar...Sie hatte mehr als nur bewiesen, dass sie das hier auch wollte...

"Jetzt wirst du mich aber nicht mehr so schnell los..." murmelte sie leise und ich lachte. "Das will ich hoffen"

Zufrieden wollte Lucy sich weiter in meine Arme kuscheln, doch ich drückte sie weg und stand grinsend auf. "Tut mir Leid Lillifee, aber wir wollen ja nicht, dass du krank wirst -und ich will auch nicht krank werden. Ich ziehe mich nur schnell um und gebe dir auch was bequemeres, es war ein verteufelt langer Tag" bemerkte ich und streifte mir achtlos unter genauester Beobachtung der Dunkelhaarigen die Klamotten ab und rubbelte mir kurz die Haare trocken, ehe ich in bequemes Shirt schlüpfte und Lucy einen meiner Hoodies zuwarf.

Dankbar zog sie sich, die durch mich ebenfalls feuchten Kleider aus, ohne dabei aufzustehen und lies, so wie ich, nur ihre eigene Unterwäsche an, ehe sie in meinen Pulli schlüpfte und sich erwartungsvoll unter die Decke schlumpfte.

Müde lies ich mich neben sie fallen und spürte wenig später, wie Lucy vorsichtig den Kopf auf meiner Brust ablegte. "Du bist das Beste, was mir passieren konnte" bemerkte sie leise und ich stockte. "Sag einfach nichts dazu...Lass uns jetzt lieber schlafen" Und nur Sekunden später war sie tatsächlich weggedämmert und lies mich allein mit meinen Gedanken um sie. 

Wie schaffte sie es bloß mich so um den Verstand zu bringen? Nie hatte irgendein Mädchen vor ihr es geschafft mich so tief zu bewegen wie sie es tat. Jede kleinste Bewegung von ihr war für mich wie ein neues Weltwunder und jeder Moment in ihrer Nähe wurde zu etwas perfektem.

Für diesen Moment, diesen Abend und diesen einen kurzen Augenblick schien alles perfekt...

Es würde nicht einfach werden, wahrscheinlich würden wir uns schon in wenigen Stunden wieder streiten, doch wir würden es schaffen. Egal wie kaputt wir waren und egal wie viele Hindernisse vor uns lagen, wir würden es schaffen...

Seufzend schlang ich meine Arme fester um sie, presste ihren warmen Körper beschützend an mich und schlief kurze Zeit später ein.

Ich wusste nicht ob Maria oder Lucy die Entscheidung getroffen hatten, den darauffolgenden Morgen zu Hause zu bleiben und ausnahmsweise Mal die Uni und die Schule zu schwänzen, doch ehrlich gesagt war mir das auch ziemlich egal, denn allein dieses überwältigend schöne Gefühl mit Lucy in meinen Armen aufzuwachen war für mich mehr als genug.

Sanft strich ich über ihre weichen Wangen und betrachtete zum gefühlt tausendsten Mal ihre im Schlaf so entspannten Gesichtszüge, fuhr ihre Konturen nach und lächelte gedankenverloren.

"Hör auf mich anzustarren Luis, das ist komisch" Grummelnd drehte die Dunkelhaarige sich zu mir und blinzelte verschlafen.

Noch immer ganz in ihren Anblick versunken drückte ich ihr einen sanften Kuss auf die Stirn und genoss das leise katzenähnliche Schnurren mit dem sie auf meine Geste reagierte.

"Du willst immer noch nicht weglaufen oder?" Überrascht erwiderte ich ihren Blick und schüttelte energisch den Kopf. Wieso sollte ich meine Entscheidung, die ich schon so lange getroffen hatte, ändern wollen?

"Was willst du heute machen Lillifee?" fragte ich und stützte mich auf meine Ellbogen.

"Können wir nicht einfach nur im Bett liegen bleiben und die ganze Welt vergessen? Du hörst dich sowieso total verschnupft an" nuschelte sie leise und streckte sie verschlafen. Verlegen rieb sie sich durchs Gesicht und gähnte erneut.

Tatsächlich hatte sie Recht, ich fühlte mich nicht greade berauschend und die Vorstellung einfach nur mit meiner kleinen Lillifee im Bett zu bleiben war einfach zu verlockend, als dass ich sie hätte ablehnen können.

"Das klingt schön" Lächelnd nickte das Mädchen neben mir und warf einen kurzen Blick auf ihr Handy nur um fluchend aufzuspringen. "Ich habe Maja ganz vergessen! Ich muss ihr ihr Auto wiederbringen!" haspelte sie hysterisch und suchte nach ihrer Hose, die ich allerdings gestern noch in die Wäsche geworfen hatte.

"Beruhig dich Lillifee, wir ziehen uns jetzt erstmal an, dann fahren wir Majas Auto nach Hause und dann können wir immer noch wieder ins Bett gehen" versuchte ich sie zu beruhigen und stand nun ebenfalls auf.

"Immer muss ich alles verbocken! Sie hat mir ihr Auto geliehen und ich-"

"HEY! Beruhig dich doch Mal, Maja ist kein Unmensch, sie wird dir schon nicht den Kopf abreißen und hör auf sowas zu sagen"

Ohne abzuwarten zog ich Lucy in meine Arme und strich ihr beruhigend durchs Haar. Wieso glaubte sie so fest daran, dass sie immer alles verbocken würde, fragte ich mich, verdrängte diesen Gedanken jedoch schnell wieder und machte mich stattdessen daran ihr eine Hose herauszusuchen.

Kurz blieb mein Blick an einem Stapel von Olivias Klamotten hängen, doch meine neue Freundin mit den Klamotten meiner Ex auszustatten erschien mir dann doch ziemlich strange, weshalb ich ihr letzten Endes einfach eine meiner Jogginghosen überreichte.

Erst viel später, als ich hinter ihr her zu ihrer Wohnung fuhr wurde mir klar, dass ich sie in Gedanken bereits meine Freundin nannte. War sie das denn? Sah sie sich selbst als meine Freundin, oder war das zu viel für sie? Mit mulmigem Gefühl beschloss ich sie später darauf anzusprechen und trommelte wie wild auf meinem Lenkrad herum.

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Nach einer viel zu langen Wartezeit mal wieder ein Kapitel tut mir sooo Leid, aber ich kam in letzter Zeit einfach viel zu selten dazu hier weiterzuschreiben :(

Ich hoffe ihr könnt mir verzeihen

ALG Nickii

Das Mädchen aus EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt