Kapitel . VIII .

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Josh rennt schon die ganze Zeit in der kleinen Praxis auf und ab. Sie besteht nur aus zwei kleinen Räumen und das auch nur, um die Diskretion der Patienten zu bewahren. Da ich jedoch sowieso die meiste Zeit zu den Leuten nach Hause gehe, dient mir mein Arbeitsplatz lediglich als Aufbewahrungsstelle für Medikamente, Verbandsmittel und Instrumente.

„Ava, ich finde du verhältst dich wirklich viel zu leichtsinnig", sagt er irgendwann und bleibt stehen.

„Leichtsinnig?" überrascht schaue ich ihn an und ziehe die Brauen hoch.

„Naja was ich sagen will...ich finde es sehr unüberlegt von dir, mit fremden Leuten unter einem Dach zu leben, die auch noch bewaffnet sind. Ich meine... sie könnten dich in der Nacht töten. Weißt du in welche Gefahr du dich da begeben hast, Ava?"

„Josh bitte, wenn diese Leute mich hätten töten wollen, hätten sie es schon längst getan, ich finde du dramatisierst das Ganze ein bisschen. Und an diesen Leuten ist in keinster Weise etwas auszusetzten".

Ein mütterliches Lächeln umspielt meine Lippen. Wie er sich um mich sorgt und verzweifelt versucht, mir einzureden, ich hätte einen Fehler gemacht, ist wirklich rührend und niedlich. Das tut er jedes mal, wenn er der Meinung ist, ich handle überstürzt. 

„Du verschließt deine Tür, Ava. Das hast du noch nie getan. Das tust du erst, seit diese Leute da sind. Und was ist mit diesem Kerl?"

„Welcher Kerl, Josh?" mein Lächeln schwindet. Wachsam beobachte ich ihn.

„Na der Kerl mit dem du dein Bett teilst, Ava. Ich dachte du wolltest unberührt bleiben, dich aufbewahren für den einen, den Richtigen." er sieht mich an, als wäre er der Messias persönlich.

„Beobachtest du mich, Josh?" fassungslos starre ich zurück.

„Ich mache mir einfach nur Sorgen um dich."

Aufgebracht schnappe ich nach Luft.

„Du verstehst das völlig falsch, Ava", beschwichtigt er.

„Was gibt es da falsch zu verstehen, Josh. Du beobachtest mich!" fluche ich.

„Jetzt reg dich doch nicht so auf."

„Du beobachtest mich, Josh. Das ist für mich Grund genug mich aufzuregen", ich versuche meine Contenance zu bewahren, denn Tante Harriet hat mich gut erzogen. Egal was passiert oder wie du dich fühlst, verliere nie die Fassung und beherrsche dich hatte sie immer gesagt. Doch ich kann nicht anders als ihn aus voller Brust anzubrüllen, „es geht dich nichts an, wen ich in mein Haus lasse und wen nicht und es geht dich auch nichts an mit wem ich das Bett teile und mit wem nicht. Mit wem ich schlafe geht dich auch nichts an und du hast verdammt noch mal nicht das Recht, mich zu beobachten!"

Ich atme tief ein und versuche mich wieder zu sammeln. Josh steht einfach nur da und schaut mich an.

„Du hast mit ihm geschlafen?"

„Das geht nichts an, Josh!" meine Stimme bebt und ich bin kurz davor ihm eine schallende Ohrfeige zu verpassen.

Er macht einen Schritt auf mich zu und versucht nach meinen Armen zu greifen. Ich weiche vor ihm zurück.

„Fass mich nicht an", zische ich.

„Ava, bitte lass es mich erklären."

„Erklären? Was gibt es da zu erklären, Josh?" mein Herz hämmert schnell und heftig in meiner Brust. Ich balle die Hände zu Fäusten.

„Weißt du es gibt einen Grund dafür warum ich..."

„Wie lange? Wie lange beobachtest du mich schon?", unterbreche ich ihn. Tränen schießen mir in die Augen, doch ich blinzle sie weg. Ich kann nicht sagen ob vor Wut oder vor Enttäuschung. Vermutlich wegen beidem, „und denk nicht mal daran mich anzulügen."

„Schon eine ganze Weile", gesteht er kleinlaut.

Ich schnaube abfällig.

„Und wie machst du es?" möchte ich wissen.

„Was meinst du?" fragt er und tut verwirrt.

„Mein Zimmer ist im ersten Stock, Josh und es steht kein einziger Baum vor meinem Schlafzimmerfenster", zische ich wieder.

„Anfangs bin ich nachts zu dir gekommen und habe dir beim schlafen zugeschaut. Aber dann hast du diese Leute zu dir geholt und die Tür verschlossen. Da bin ich mit meinem Fernglas auf das Dach unseres Hauses geklettert. Du weißt ja ich habe dieses super Fernglas von meinem Vater erhalten, mit Nachtsichtfunktion und all dem Zeug. Und da habe ich diesen Kerl in deinem Bett gesehen."

„Du warst in meinem Haus? Du warst NACHTS in meinem Haus? In meinem Zimmer? Als ich geschlafen habe?" ich traue meinen Ohren nicht, kann nicht glauben was ich da höre.

„Ava bitte, du verstehst das alles wirklich völlig falsch", er umfasst meine Handgelenke und zieht mich so nah an sich, dass sich unsere Nasenspitzen fast berühren, „ich wäre so gerne mehr, als nur dein bester Freund. Ich bin der Richtige für dich, nicht dieser stinkende Redneck."

„Bitte sag mir, dass das nicht wahr ist", hauche ich fast ohne Stimme. Sein Gesicht kommt meinem immer näher. Ich möchte zurückweichen, der Situation entfliehen. Doch ich bin wie versteinert.

„Ava, ich liebe dich." hart presst er seine Lippen auf meine. Steif wie ein Brett und völlig aus dem Konzept gebracht, stehe ich da und starre mit weit aufgerissenen Augen in sein Gesicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit, empfängt mein Körper endlich wieder die Signale meines Nervensystems. Ich gebe Josh einen kräftigen Stoß und er wankt ein paar Schritte zurück.

„Raus aus meiner Praxis", brülle ich ihn an.

„Aber Ava ich..."

„RAUS!"

Entsetzt sieht er mich an. Mein Atem geht schwer und ich spüre wie mir die Farbe ins Gesicht schießt. Langsam geht er zur Tür. Ich stoße ihn über die Türschwelle nach draußen, knalle die Tür hinter ihm zu und verriegle diese schnell. Aufgebracht rutsche ich an der Tür hinab. Das ist ein Traum. Das muss ein Traum sein. Josh ist mein bester Freund. Wir sind zusammen aufgewachsen. Ich kenne ihn in-und auswendig. Dachte ich bis jetzt zumindest. Doch es ist kein Traum, es ist die Realität. Tränen rollen über meine Wangen und ich fange bitterlich an zu schluchzen. Ich ziehe die Knie an meinen Oberkörper und umschlinge sie mit meinen Armen. Ich habe mich geirrt. Geirrt in dem Menschen, den ich mein ganzes Leben lang kenne. Geirrt in dem Menschen, bei dem ich mich immer so geborgen und so vertraut gefühlt habe. Dieser Mensch hinterlässt jetzt nur noch ein beklemmtes Gefühl in mir. Mein Magen zieht sich zusammen. Übelkeit steigt in mir auf und lässt mich heftig würgen. Ich fühle mich benutzt, entblößt, gedemütigt und aus irgendeinem Grund auch unglaublich schmutzig. Die Tränen nehmen einfach kein Ende, wollen nicht versiegen. Ich lege meinen Kopf auf meinen Knien ab und bleibe weinend und verzweifelt sitzen.
















bekämpfe die Toten & fürchte die Lebenden ( The Walking Dead / Daryl Dixon )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt