Kapitel . XII .

160 17 0
                                    


Diese Nacht habe ich besonders gut geschlafen. Es war mir erst etwas unangenehm, ihn zu bitten, wieder bei mir zu schlafen. Doch ich bin froh, dass ich mich getraut habe und vor allem, dass er eingewilligt hat. Kaum habe ich im Bett gelegen, sind mir auch schon die Augen zugefallen. Das ich die letzten Nächte nicht gut schlafen konnte, hat mich einiges an Kraft gekostet. Es ist noch sehr früh am Morgen. Die ersten Sonnenstrahlen ragen langsam am Horizont empor und vertreiben die Dunkelheit von Minute zu Minute ein kleines bisschen mehr. Daryl liegt neben mir und schläft noch. Ich betrachte seinen entspannten Gesichtsausdruck und lausche seinem gleichmäßigen Atem. Einzelne Haare liegen in seinem Gesicht und ich muss das Verlangen unterdrücken, sie ihm nach hinten zu streichen.

„Aber denken Sie dran; ich bin kein Streichelzoo." ruft mir meine innere Stimme seine Worte in Erinnerung.

„Andererseits schläft er, er würde es nicht merken," flüstert mir eine andere innere Stimme ermutigend zu.

„Wenn du Glück hast", mahnt die Stimme der Vernunft, „er wird nicht begeistert darüber sein, wenn er es bemerken sollte."

„WENN er es bemerken sollte und selbst wenn, was kann schon groß passieren. Dann ist er eben sauer", spricht die andere Stimme nachdrücklich, „was hast du schon zu verlieren? Tu es!"

Ich komme mir vor als hätte ich ein Engelchen und ein Teufelchen auf meinen Schultern sitzen, wie man es aus den Cartoons kennt. Hin und her gerissen, auf welche der beiden Stimmen ich nun hören soll, entscheide ich mich letztendlich für das Teufelchen in mir, denn es hat Recht; was habe ich schon zu verlieren? Mit den Fingerspitzen streiche ich ihm seine Haare aus dem Gesicht und fahre danach vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, über seinen Nacken und seinen rechten Oberarm. Wie kann man nur auf dem Bauch schlafen? Für mich als Seitenschläfer, unverständlich. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass mir meine eigenen Brüste im Weg sind, wenn ich auf dem Bauch liege und ich diese Position dadurch als sehr unbequem empfinde. Darüber habe ich mir jedoch noch nie wirkliche Gedanken gemacht. Eine Gänsehaut zieht sich über die, mir sichtbaren Stellen seines Körpers. Ein schmunzeln durchzuckt meine Lippen. Meine kreisenden Bewegungen werden mutiger und ich wage mich zu seinen Schultern und ein Stück den Rücken hinab. Unter meinen Fingern spüre ich die wulzigen und dicken Erhebungen seiner Narben. Als Daryl hörbar ein- und knurrend ausatmet, sich leicht bewegt und dann die Augen öffnet, ziehe ich meine Hand schnell wieder zurück. Doch es ist bereits zu spät.

„Dir kann man auch sagen, was man will, hmm", raunt er mit heiserer, verschlafener Stimme, die mir sofort alle Haare zu Berge stehen lässt, „sagte ich nicht, ich bin kein Streichelzoo."

Mit zusammen gekniffenen Augen, blitzt er mich an. Ich presse die Lippen zusammen. Oh Gott wie sexy ich diesen Mann gerade finde. Herr, erbarme dich meiner und steh mir bei. Das ist also dieses Gefühl, von dem die Mädchen immer sprachen und ich nie wusste, was sie meinten.

„Wenn dich doch nur einer gewarnt hätte", zwitschert das Engelchen in mir sarkastisch und triumphiert darüber, dass es Recht behalten hat, mit dem was es sagte, „oh warte mal, ich habs dir doch gesagt. Aber du wolltest ja nicht auf mich hören."

„Ach sei doch still", erwidert das Teufelchen sofort, „noch ist nichts passiert."

Daryl beäugt mich skeptisch, während ich dem Konflikt meiner inneren Stimmen folge. Er schnippt mir mit den Fingern vor der Nase rum und holt mich damit ins hier und jetzt zurück. Die Stimmen verstummen augenblicklich und ich schaue ihn nur verdattert an.

„Tschuldigung", nuschle ich. Was hat dieser Mann auch nur an sich, dass ich einfach nicht die Finger von ihm lassen kann?"

„Aber es hat ihnen gefallen", füge ich noch kleinlaut hinzu.

„Es hat mir was?" fragt er keifend.

„Es hat ihnen gefallen", wiederhole ich, diesmal jedoch etwas unsicherer, als ich auf seinen finsteren und ernsten Blick treffe.

„Pfff", entgegnet er nur, „ich mag es nicht, wenn man mich anfasst. Aber das interessiert dich ja nicht."

„Ihr Körper sagt aber etwas anderes", halte ich hartnäckig dagegen.

„Ich diskutiere nicht mit dir, Mädchen und ich bin dir keine Rechenschaft schuldig", blafft er mich an.

„Ok, ok ist ja gut. Ich...ich bin ja schon still", gebe ich nach. Er funkelt mich böse an. Seine Nasenflügel beben und seine Gesichtsmuskeln zucken etwas vor Wut, „ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Es tut mir leid." Ich steige aus dem Bett, suche mir schnell meine Kleidung zusammen und lasse einen wütend schnaubenden Daryl Dixon in meinem Zimmer zurück. Ich springe schnell unter die Dusche und hoffe, dass mich diesmal niemand dabei stört. Zügig seife ich mir Körper und Haare ein und spüle danach alles wieder gründlich ab. Das heiße Wasser prasselt auf meine Haut und obwohl ich schon längst fertig bin, bleibe ich gedankenverloren unter dem Wasserstrahl stehen. Wieso ist dieser Mann nur so unglaublich kompliziert? Ich verstehe einfach nicht, wo das Problem ist.

Nachdem ich aus der Dusche geklettert bin und mich angezogen habe, puste ich mir mit dem Föhn, so gut wie es geht, die Haare trocken. Da sie immer noch etwas feucht sind, binde ich sie mit einem Flechtzopf zusammen. Ich schlüpfe in meine Kleidung und gehe runter in die Küche. Dort sitzen bereits Michonne und Morgan und unterhalten sich.

„Guten Morgen, Dr. Grey", grüßt mich Morgan als er mich sieht.

„Guten Morgen", grüße ich zurück.

„Möchten Sie eine Tasse Kaffee?" fragt Michonne und gießt mir bereits einen ein und reicht mir die Tasse.

„Vielen Dank", lächelnd nehmen ich diese entgegen.

„Haben Sie Daryl gesehen?", Morgan sieht suchend aus dem Fenster, „er war nicht hier als wir eben runter kamen und draußen scheint er auch nicht zu sein."

„Er...er liegt in meinem Bett", antworte ich irgendwie leicht beschämt.

„Er liegt in Ihrem Bett?" fragen beide wie aus einem Munde.

„Ja und ich möchte nicht weiter darauf eingehen. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würde, ich muss meiner Arbeit nachgehen", beende ich das Gespräch und merke, wie ich rot anlaufe.  Rasch trinke ich den viel zu heißen Kaffee aus, wobei ich mir den Mund verbrühe. Ich schnappe mir noch schnell einen meiner Blazer von der Garderobe und verlasse das Haus. Vor mich hin murmelnd und fluchend, betrete ich nach ein paar Minuten strammen Fußmarsches, meine Praxis. Die Straßen sind, im Vergleich zu sonst, noch so gut wie leer. Scheint ein ruhiger Tag zu werden.



bekämpfe die Toten & fürchte die Lebenden ( The Walking Dead / Daryl Dixon )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt