Mit schnellen Schritten gehe ich durch den großen Flur, schnurstracks auf die Treppe zu.
Ich nehme nicht war, dass Mäx meinen Weg kreuzt. Erst als ich gegen ihn renne, bemerke ich seine Anwesenheit. Besorgt sieht er mich an.
„Ist alles in Ordnung bei Ihnen, Doc?"
Verzweifelt versuche ich, zum zweiten mal an diesem Tag, die aufsteigenden Tränen weg zu blinzeln.
„Nein, nichts ist in Ordnung", presse ich mit erstickter Stimme hervor.
„Möchten Sie darüber reden?" fragt er. Doch er scheint sich meine Antwort schon denken zu können, denn er geht einen Schritt zur Seite um mich durch zulassen.
„Nein", hauche ich nur und stürme die Treppe nach oben, in mein Zimmer.
Nicht mehr in der Lage, die Tränen weiter aufzuhalten, rollen mir diese die Wangen hinab. Ich trete ans Fenster und starre in die Dunkelheit hinaus. Automatisch wandern meine Augen zu dem Dach des Hauses gegenüber. Ruckartig ziehe ich die dicken Vorhänge zu. Heute nicht, Josh! Wie in Trance entledige ich mich meiner Kleidung und ziehe mein Nachthemd über. Es klopft an der Tür und Vince quetscht sich durch den schmalen Türspalt. Mit verschwommenem Blick, schaue ich in fragend an.
„Mäx sagte, dass du weinst. Was ist passiert, Ava?", er setzt sich aufs Bett und wartet auf meine Antwort, „ist es wegen Mr. Dixon?"
„Nein", erwidere ich hastig.
„Weswegen ist es denn?"
„Es ist wegen Josh."
„Wegen Josh?", er schaut mich erstaunt an, „was hat Josh getan, um dich zum Weinen zu bringen?"
„Er hat mich beobachtet, Vince", antworte ich, während die nächsten Tränen aus meinen Augen quillen.
„Was meinst du mit er hat dich beobachtet?" Vince zieht die Brauen zusammen.
„Er ist nachts hier her gekommen und hat mir beim Schlafen zugeschaut und als ich die Haustür verschlossen habe, ist er auf das Dach ihres Hauses geklettert und hat mich durch sein Fernglas beobachtet", erkläre ich mit schriller Stimme.
„Er war hier während du schliefst?" wiederholt Vince ungläubig.
„Er sagte er würde mich lieben und würde mehr sein wollen, als nur mein Freund", quietsche ich weiter. Vince hört mir aufmerksam zu, „er hat mir zugeschaut, als ich mich umgezogen habe. Ich habe mich vor ihm entblößt, ohne es zu merken. Wer weißt was mir sonst noch alles missfallen ist. Vielleicht hat er mir auch zugeschaut während ich duschte oder ein Bad nahm. Ich will gar nicht dran denken."
Erschöpft nehme ich neben ihm Platz. Tröstend legt er seinen Arm um mich.
„Ich konnte ihn noch nie wirklich leiden!" gibt Vince trocken zurück.
Ich muss leise lachen und er steigt mit ein. Dann wischt er mir mit dem Daumen die letzten Tränen aus den Augenwinkeln.
„Leg dich hin und ruh dich aus. Versuch etwas zu schlafen und denk nicht weiter darüber nach. Du machst dich nur kaputt damit und das ist er nicht wert." er gibt mir noch einen Kuss auf die Stirn und verlässt dann das Zimmer.
Kraftlos sinke ich in mein Kissen. Ich blicke neben mich. Wann er wohl kommen wird? Ob er überhaupt kommen wird? Ich schalte das Licht der Nachttischlampe auf der anderen Bettseite an und kuschle mich in meine Wolldecke.
Fröstelnd und zerknirscht erwache ich am nächsten Morgen. Ich schaue neben mich. Das Licht der Lampe ist erloschen, doch die Seite neben mir ist leer und unberührt. Er war nicht hier, diese Nacht. Wehmütig streiche ich über das kühle Laken und muss mir, wenn auch nur widerwillig, eingestehen, dass mir die Wärme die sein Körper ausstrahlt fehlt. Ich habe wirklich besser geschlafen, als er neben mir gelegen hat. Stöhnend krieche ich aus dem Bett und tapse zu meinem Kleiderschrank. Ich schnappe mir frische Unterwäsche, eine schwarze Hose (von denen ich gefühlte hundert Stück besitze) und eine saubere Bluse. Danach mache ich mich auf den Weg ins Badezimmer. Während sich die große Wanne mit Wasser füllt, gebe ich eine überschwängliche Menge Badeöl dazu. Sofort bildet sich eine dicke Schaumschicht auf der Wasseroberfläche und der betörende Duft von Rosen verbreitet sich im Raum. Ich atme einmal tief ein und schließe dabei lächelnd die Augen. Ich trete an den großen Spiegel über dem Waschbecken, gegenüber der Badewanne und bürste mir die widerspenstigen Locken. Ich betrachte mein Gesicht. Tiefe und dunkle Ringe liegen unter meinen Augen und meine Haut wirkt noch blasser, als sie eh schon ist. Ich habe wirklich schlecht geschlafen.
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bekämpfe die Toten & fürchte die Lebenden ( The Walking Dead / Daryl Dixon )
FanfictionVier Jahre ist es jetzt her, seitdem das Zombie-Virus ausgebrochen ist. Nichts ist mehr, wie es war. Die Toten muss man bekämpfen und die Lebenden muss man fürchten. Tugenden wie Menschlichkeit oder Vertrauen sind in tiefe Vergessenheit geraten. Und...