"Als wir auf einer Schaukelnden Gondel in die Stadt fuhren, wusste ich nicht, wohin ich meine Augen zuerst richten sollte. Es gab einfach zu viel zu sehen.
Venedig ist eine beeindruckende Stadt. Am wundervollsten fand ich die vielen kleinen und großen Wasserstraßen. Schmale Gondeln schipperten friedlich über das Wasser, das im Licht des Sonnenuntergangs schimmerte.
Es war herrlich, die Häuser waren niedlich und ziemlich alt. Jedes Haus hatte etwas eigenes, was es zu etwas ganz besonderem machte. Einige Gondeln kamen uns entgegen, die Gondoliere grüßten sich mit erhobenen Händen und die Passagiere der Gondeln sahen ebenso verzaubert aus wie wir uns fühlten...
In den Fenstern der Häuser brannten Kerzen, die das Wasser zum Schimmern brachten. Doch einige Fenster waren durch dicke hölzerne Fensterläden verschlossen worden.
Wir fuhren bis ins Herz der Stadt wo sich unser schickes kleines Hotel befand. Auf dem Weg durch die halbe Stadt umschifften wir leider nicht die Armenviertel. Dort war es nicht sauber wie in den wohlhabenderen Vierteln, sondern der Müll türmte sich an den Rändern des Kanals. Es roch nach Verwesung und die Ratten krabbelten über den Abfallhaufen herum. Von überall her drang das Quietschen der Tiere an unsere Ohren und die Augen leuchteten uns aus der Dunkelheit entgegen.
Unser Hotel befand sich Gott sei dank in einem der schönsten Viertel der Stadt. Die Häuser waren alle gepflegt, warme Lichter hießen uns willkommen und einige fröhlich wirkende Nachtschwärmer begegneten uns...
Unser Hotel war sehr hübsch und unser Urlaub in Venedig war viel entspannter als die Tage in Rom. Wir hechelten nicht von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten, sondern wir nahmen uns Zeit, um das zu genießen, was wir sahen und erlebten.
Am Morgen schliefen wir lange und es gab sogar Tage an denen wir nicht vor dem Mittagessen aus dem Bett kamen.
An den Abenden gingen wir auf den Plätzen spazieren und in schicken Restaurants essen. In Italien hatte ich einen viel größeren Appetit als in England, was vielleicht auch an dem vorzüglichen Essen lag.Ich bedauerte es sehr, als wir dieses wunderbare Land nach einem Monat wieder verlassen mussten. Denn mir waren die Menschen, die Kultur und die wunderschönen Städte sehr ans Herz gewachsen und ich schwor mir dass ich irgendwann mit George wieder zurückkehren würde.
"Italien klingt in deinen Beschreibungen sooo zauberhaft" seufzte Charlotte, mir einen schwärmerischen Gesichtsausdruck.
"Es ist neben England mein Lieblingsland" gab ich zu.
Nachdenklich musterte Charlotte mich, bevor sie neugierig wie eh und je fragte: welche anderen Länder hast du noch bereist?"
"Ich war kurz vor dem zweiten Weltkrieg in Deutschland. Ich war in Amerika einige male in Frankreich und bei einer von Georges Tanten in Irland."
"Welchen Grund hattest du, um in einer solch gefährlichen Zeit nach Deutschland zu fahren..."
Bei dieser Frage wurde mir etwas unwohl, trotzdem bewunderte ich die Kunst meiner Enkelin immer genau die richtigen Fragen zu stellen.
Ich seufzte und versuchte eine halbwegs logische Erklärung zu finden.
"Das ist eine ziemlich lange Geschichte, die ich dir irgendwann in Ruhe erzählen werde..."
Charlotte warf mir einen flehentlichen Blick zu, weshalb ich beschloss ihr trotzdem etwas im vorraus zu erzählen."Erinnerst du dich noch an den jungen deutschen Zeitungsverkäufer? Ich hatte ihn einige Jahre später wieder getroffen, als er ein erfolgreicher Besitzer eines Nachrichtenimperiums war..."
Charlotte hatte mir angesehen dass ich ihr nicht die ganze Wahrheit erzählt hatte und warf mir einen auffordernden Blick zu.
Es dauerte einige Minuten, bis ich mich zu einer Antwort durchgerungen hatte "und ich hatte eine Affäre mit ihm...
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Lady Bentley von Highclere Castle Teil III
Historical FictionLady Bentley ist eine reiche alte Lady, doch das war nicht immer so... Kurz vor ihrem 100.Geburtstag beginnt sie ihre Lebensgeschichte zu erzählen und findet in ihrer Enkelin Charlotte eine aufmerksame Zuhörerin. Sie berichtet von ihrem Leben als...