"Wohin ging eure Hochzeitsreise überhaupt?"
"Georges Eltern hatten uns zu unserer Hochzeit eine einmonatige Reise auf den Kontinent geschenkt. Wir wollten zuerst nach Rom fahren, uns den
Petersdom und das Kolluseum ansehen. Und danach wollten wir weiter nach Venedig reisen. Denn ich hatte die Stadt auf dem Wasser noch nie zuvor gesehen und platzte schier vor Neugier. Weil George meinen Kopf mit den wundersamsten Geschichten über diese Stadt füllte.Ich warf einen Blick auf die kleine Metallschachtel, die zwischen uns auf dem kleinen Holztisch stand.
Mit zittrigen Händen hob ich den Deckel der Kiste an und blätterte vorsichtig durch die alten Fotos. Ich suchte ein Bild, das wir auf unserer Hochzeitsreise gemacht hatten. Es lag beinahe ganz unten denn ich hatte über einige Jahre vergessen, dass dieses Foto überhaupt existierte. Es war mir erst vor wenigen Minuten wieder ins Gedächtnis gekommen.
Meine Finger schlossen sich fest um das vergilbte Papier des alten Fotos. Es fiel mir schwer zu erkennen, was auf dem Bild zu sehen war, weshalb ich das Blatt dicht vor die Augen hielt...
Es tat gut Georges Gesicht wieder vor mir zu sehen. Seine markanten Gesichtszüge, seine beeindruckenden Augen und seine hochgewachsene, muskulöse Gestalt.
Eine Träne kullerte meine Wange hinab und ein Klos bildete sich in meiner Kehle.
"Granny" fragte Charlotte, die bestürzt feststellte, dass ich weinte, "ist alles in Ordnung?"
Ich reichte Charlotte das Bild und wischte mir mit meinem Spitzentaschentuch die Tränen weg.
"Das sind George und ich in Venedig" flüsterte ich und beobachtete, wie Charlotte das Bild versonnen betrachtete...
"Ihr seht so glücklich aus" flüsterte sie...
"Das waren wir auch...
Von Dover fuhren wir mit einem klapprigen Schiff bis nach Calais, wo wir wieder einen Zug bestiegen... Ich empfand das andauernde Umsteigen als ziemlich stressig. Denn an jedem Hafen oder Bahnhof mussten wir zuerst Evelyn und Jonathan wieder finden und danach auch noch unser aller Gepäck...Ich war glücklich, dass wir in Calais einen Zug bestiegen, der uns bis nach Rom bringen würde. Dadurch würden wir nämlich nicht mehr in der Gefahr schweben an unzähligen Bahnhöfen unser Gepäck zu verlieren...
***
Der Zug nach Rom war beinahe wie ein fahrendes Hotel. Zumindest in der ersten Klasse. Es gab einen kleinen Salon, in dem viele reiche Damen den Tag mit lesen, Tee trinken, Handarbeiten und geplauder verbrachten.
Mir stand der Sinn nicht nach der Gesellschaft von diesen Schnepfen und auch George weigerte sich strikt diesen Tempel des boshaften geredes zu betreten...
Wir hatten ein kleines Abteil mit einem winzigen Badezimmer und einem beinahe genauso winzigen Schlafzimmer...
Wir verließen unser Abteil eigentlich nur um zum Essen in den Speisewagen zu gehen. Das Essen auf der Reise war nicht so phantastisch wie das Essen, was wir gewohnt waren, doch es war wenigstens essbar...
"Warum starren alle uns so an?" Fragte ich bei unserem zweiten Mittagessen im Speisewagen. Mir war aufgefallen, dass uns die feinen Damen und Herren neugierige Blicke zu warfen.
"Du siehst ganz bezaubernd aus, mein Engel" antwortete George, "falls es das ist worüber du dir sorgen machst?"
Ich ließ meinen Blick durch den Raum wandern um zu sehen, ob uns jemand belauschte. "Das ist es nicht" murmelte ich und rückte näher an ihn heran, damit uns auch wirklich niemand hören konnte.
"Was ist es denn dann?" Fragte er und musterte mich besorgt.
"Ich habe das Gefühl, dass sie mich abwertend und irgendwie feindselig mustern..."
George blickte sich so unauffällig wie möglich um und flüsterte: "aber sie können nicht wissen, wo du herkommst..."
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Lady Bentley von Highclere Castle Teil III
Historical FictionLady Bentley ist eine reiche alte Lady, doch das war nicht immer so... Kurz vor ihrem 100.Geburtstag beginnt sie ihre Lebensgeschichte zu erzählen und findet in ihrer Enkelin Charlotte eine aufmerksame Zuhörerin. Sie berichtet von ihrem Leben als...