„Nein, nein, nein. Vergiss es! Kommt gar nicht in Frage", rief Enrico, noch bevor ich meine Pläne ausgesprochen hatte. Das war so typisch. Wäre ich klug gewesen, hätte ich ihn nur angelogen.
„Ich habe nicht nach deiner Erlaubnis gefragt", erwiderte ich stur und suchte nach der Handtasche mit meiner Brieftasche und dem Handy. Enrico sah mich so an, als würde er mich am liebsten in mein Zimmer einsperren und nie mehr wieder raus lassen.
„Es ist mir scheiss egal, ob du gefragt hast, ich lasse dich nicht mit diesem Typen raus gehen!" Wieso glaubte er, dass solange er schrie, seine Worte besser ankommen würden?!
Kevin der neben Enrico sass, wirkte auch nicht gerade in Höchststimmung, aber er sagte wenigstens nichts...oder besser gesagt schrie mich nicht so an.
„Was willst du tun? Ich bin genug alt um diese Entscheidung selbst zu fällen und ich habe entschieden. Du tätest gut daran, wenn du mir einfach vertrauen würdest."
Enrico sah einen Moment aus, als wolle er lachen. Als sei der Gedanke, mir zu vertrauen, wenn es um Lukas ging, etwas Absurdes.
„Li, das habe ich einmal getan. Ich habe dir und ihm vertraut und zuletzt musste ich mitansehe, wie er dich wie Dreck behandelte. Er hat dich betrogen, sitzen gelassen und dich schliesslich noch bedroht und erpresst. Wieso muss ich dir das wiederholt sagen, wenn du es doch am besten wissen solltest?" Ich hielt inne, als ich gerade in die Küche gehen wollte. Mein Rücken war zu ihnen gekehrt, aber ich konnte Enricos Schmerz hören, ohne dass ich sein Gesicht sehen musste.
Ich wusste das alles. Ich hatte nichts davon vergessen. Und trotzdem war ich gerade dabei Lukas wieder auf den Leim zu gehen. Enrico konnte es nicht verstehen und ich auch nicht wirklich.
Ich fand meine Tasche auf dem Küchentisch und nahm sie schnell an mich.
„Bitte geh nicht", murmelte Enrico, als er mich zur Tür gehen sah. Ich hielt nochmals inne und drehte mich zu ihm um.
„Ich weiss, was für ein Mensch Lukas ist", sagte ich zu ihm, damit er verstand, dass ich nicht komplett blind war, „aber ich weiss auch, was für ein Mensch er sein kann."
„Er wird dich enttäuschen", erwiderte Enrico bitter und schien damit das Gespräch beenden zu wollen. Kevin sah mich mit der gleichen Enttäuschung an, sagte aber immer noch nichts. Ich drehte ihnen den Rücken zu, damit ich nicht ganz in meinem schlechten Gewissen versank und verliess die Wohnung.
Wahrscheinlich hatten sie Recht. Gott, ich wusste doch selber nur zu genau, was Lukas mir antun konnte, aber keiner verstand, wieso ich um ihn kämpfte. Es gab mehr, als was alle anderen zwischen uns gesehen hatten. Sie kannten nicht die intimen Momente, welche nur zwischen uns beiden stattgefunden hatten. Sie wussten nichts von den vielen Stunden, in welchen Lukas mich im Arm gehalten hatte, weil ich wegen meiner Vergangenheit zusammengebrochen war und einen Halt gebraucht hatte. Ich hatte so sehr nach jemandem gesucht, der mich rettete. Der meine Hiebe der Verteidigung auf sich nahm und mir trotzdem zur Seite stand. Der meine Wut nicht für Hass aufnahm, sondern für die Angst, die ich mein Leben lang gefühlt hatte. Jemand der mich nicht aufgab, egal wie sehr ich ihn dazu bringen wollte.
Lukas war das alles für mich gewesen. Ich verdankte ihm gutes sowie schlechtes in meinem Leben. Ich wäre nicht dort, wo ich war, wenn nicht Lukas damals gewesen wäre und egal wie viel Schlimmes noch zwischen uns geschehen war, ich konnte ihn nicht aufgeben. Genauso wie er mich nie aufgegeben hatte.
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Lukas vorgefahren war, bis ich ein Hupen hörte. Ich zuckte kurz zusammen und marschierte zum Wagen. Lukas hatte mir die Tür von innen schon geöffnet und sah mich fragend an, als ich einstieg.
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Hell Yes!!
RomanceZwei Brüder, die Liria wirklich den letzten Nerv rauben. Schon schlimm genug, dass sie sich mit Lukas ihrem Schuldirektor herum schlagen musste, aber nun taucht noch sein kleiner Bruder auf?! Das Schicksal war wirklich nicht auf ihrer Seite, da dies...