Kapitel 67

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Und hier noch ein Kapitel als Entschuldigung!!

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«Los, mach auf.»

«Ich will nicht...», murrte ich nur und schlürfte weiterhin an meinem morgendlichen Kaffee während ich auf meinem Handy herumtippte.

«Aber es ist für dich», meinte Kevin und warf den Brief auf den Tisch. Ich überflog erneut die Adresse und spürte, wie mir der Kaffee wieder hochkommen wollte.

«Dann erst recht nicht...» Kevin seufzte und setzte sich neben mich. Wir beide starrten den Brief an.

«Sie hat noch kein Jahr ausgelassen. Schon beinahe verwunderlich bei ihr», kommentierte er den Brief.

«Wer kann schon den schlimmsten Fehler in seinem Leben vergessen», erwiderte ich sarkastisch und ignorierte Kevins schalteten Blick.

«Das ist nicht wahr, Li und das weisst du.»

«Meinst du? Es sind nämlich ihre Worte nicht meine. Wenn du das ständig zu hören kriegst, dann bleibt das irgendwie hängen. Vor allem, wenn es deine eigene Geburt ist.» Mein beissender Ton war nicht an Kevin gerichtet sondern an meine verkorkste Mutter, welche sich nie blicken liess, aber all Jahr einen Brief sendete mit dem Geld, welches sie uns schuldete. Nicht dass sie es aus Mutterliebe getan hätte.

Es hatte eine gewisse Ironie, dass sie jedes Jahr einmal von sich hören liess. Als wolle sie mir jedes Jahr aufs Neue verdeutlichen, was für eine schwere Last mein Bruder und ich doch für sie waren. Enrico hatte das Glück, dass er nichts mehr von ihr zu hören brauchte, aber zu meinem Leid hatte er sie dazu gezwungen mich immer noch ab und an zu finanzieren, falls sie ein ruhiges Leben weit weg von uns führen wollte.

Schon krank, wenn man die Mutter erpressen konnte, sich ihr nie zu nähern. Aber so war unsere geliebte Elena schon immer gewesen und ich konnte sie mir auch nicht anders vorstellen.

«Willst du ihn nicht öffnen. Vielleicht hat sie auch geschrieben?» Ich schnaubte bei Kevins Worten. Wenn, dann waren es nur Beleidigungen, welche ich von ihr erhalten würde und für diese war es eindeutig noch zu früh.

Es war jedes Jahr das gleiche. Ich wusste nie, wann mich ihr berüchtigter Brief traf. Aber wenn er ankam, dann war mein ganzer Tag am Arsch. Ich konnte mir nicht helfen. Elena hatte schon immer diesen Effekt auf mich gehabt. Es waren all diese Erinnerungen, die über mich herfielen und begleitet mit dem schmutzigen Geld und ihren sarkastischen Worten, denn Elena war der Sarkasmus in Person, war ich einfach nicht zu gebrauchen. Ich starrte den Brief schon seit einer geschlagenen halben Stunde an und auch wenn Kevin es herunterspielen wollte, so wussten wir beide, dass ich ziemliche Angst vor dessen Inhalt hatte.

Wie jedes Jahr verwandelte ich mich wieder in das kleine Mädchen, dass nicht mit der Vergangenheit klarkam. Ich wusste, dass ich noch weit weg davon war, abzuschliessen, auch wenn ich mir das gerne mal zuredete. Aber leider war es so, dass meine Mutter mir tiefe seelische Wunden zugefügt hatte, welche nie verschwinden würden. Und das wenige Geld, dass sie uns jedes Jahr aus Gewissensbissen? Zwang? Möglicherweise ein Funken Liebe? Zuschickte, änderte nichts daran, dass sie Enricos und meine Kindheit vollkommen ruiniert hatte.

Ich würde ihr nie verzeihen können.

Und doch gab es einen ganz tiefen Teil in mir, der das gerne machen wollte.

Ich kotzte mich selber schon so dermassen deswegen an.

Es war jedes Jahr das gleiche und das wegen eines verdammten Briefes.

Hell Yes!!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt