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Er kommt näher.
Reflexartig taumle ich nach hinten.
,,Du bist so hübsch.", flüstert er während er mich von oben bis unten herab analysiert.
Ich schüttle den Kopf.
Er nähert sich erneut.

Als ich wieder zurück treten möchte, stoße ich an einer harten Betonwand, sodass sich mir kein Fluchtweg mehr bietet. Verängstigt schaue ich auf den Boden um seinen stechenden Blick auszuweichen. Er greift nach meinen Händen und drückt diese gegen die Wand. Seine krumme Nasenspitze nähert sich meinem Hals.

,,Nein.", krächz ich und versuche mich aus seinem festen Griff zu befreien.
Ich spüre seinen feuchten Mund an meiner Halsbeuge. Angewidert schüttle ich den Kopf.
,,Halt still, Schlampe.", knurrt er.
Es ist Nacht. Niemand würde mich in dieser Gegend hören, geschweige denn sehen.

Er presst seine Lippen auf meine und befummelt gleichzeitig mit seinen Klauen meinen Oberkörper. Ich versuche ihn ab zu schütteln.
Vergebens. Er ohrfeigt mich.
Die Tränen in meinen Augenwinkel lassen sich nicht länger zurück halten und fließen nun in Strömen meine Wange hinab.

,,Dreh dich um.", befielt er.
Ich schaue ihn schockiert an.
Warum sollte ich mich umdrehen?
,,Nein. Bitte, lass mich gehen."
,,Dreh dich um, habe ich gesagt."
Er deutet auf die Waffe, welche an seinen Gurt befestigt ist. Ich presse meine Lippen zusammen und drehe mich langsam um.
Doch das bekannte Geräusch lässt mich aufspringen. Schnell wende ich meinen Kopf zur Seite und sehe wie der Fremde die Gürtelschnalle und dann seinen Hosenknopf öffnet.

,,Nein.", wimmer ich erneut und sehe ihn durch verschwommenem Sichtfeld flehend an.
Er packt meinen Kopf und drückt diesen grob gegen die Wand.
,,Rock hoch."

Schweißgebadet wache ich auf.

Ich habe erneut davon geträumt.

Ich richte meinen Kopf, welchen ich auf meine Arme gebettet hatte, auf und schaue meinen Pult kritisch an. Die Blätter, Stifte und Tassen häufen sich auf der großen Tischplatte.
,,Ich sollte wirklich mal aufräumen.", stelle ich seufzend fest. Ich fahre mir durch das Gesicht und schaue dann auf die Uhr.

11:03 Uhr.
Anscheinend bin ich beim recherchieren wieder ein mal weg gedöst.
Wie soll ich eine erfolgreiche Reporterin werden, wenn ich beim lernen andauernd einschlafe?

Ich stehe auf und schlendre schlaftrunken ins Badezimmer.

Nachdem ich mich frisch gemacht habe, betrachte ich mich noch einmal im Spiegel, wobei ich mich auf die Zehenspitzen stellen muss, da meine 1.61m nicht reichen um mein ganzes Gesicht im kleinen, hochgestellten Spiegel betrachten zu können.
Die schulterlangen, braunen Haare habe ich zu einem tiefen Zopf gebunden. Meine katzenhaft-großen, dunkelgrünen Augen sehen erschöpft aber dennoch ausdrucksstark aus. Mit einem falschen Lächeln beobachte ich, wie sich meine immerzu rosa Bäckchen und Lippen verziehen.

Ugh. Wie ich die Röte meiner vollen Wangen hasse. Vor allem wenn ich nervös oder aufgeregt bin, färbt sich mein komplettes Gesicht in einem hellen, jedoch sichtbaren, Rotton.

Seufzend laufe ich in die Küche um meine billige jedoch noch hochfunktionelle Kaffeemaschine an zu schalten.
Als meine Hand gerade das Regal nach der Zuckerpackung abtastet, fällt mir ein, dass das letzte bisschen Zucker schon Gestern für einen Cappuccino drauf gehen musste.

Ich klatsche mir trauernd auf die Stirn.

Da es Sonntag ist, hat keines der wenigen Supermärkte in der Nähe auf. Lediglich der meilenweite 24h-Laden ist jetzt noch geöffnet. Nachdenklich tippe ich gegen die schwarze Herdplatte, bis ich schließlich auf die Idee komme, meine Nachbarin nach etwas Zucker zu fragen.

TOUCH | ᴘ.ᴊᴍWo Geschichten leben. Entdecke jetzt