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Mit geschlossenen Augen presse ich meine Lippen aufeinander, hoffend meine Tränen zu stoppen. Erst jetzt bemerke ich Jimin's warmen Atem, der mich nahezu rhythmisch einhüllt um dann wieder nach zu lassen.

Ich wage es nicht, meine Augen zu öffnen um dann in seine zu sehen.
Ich wage es nicht, seinen vorwurfsvollen Blick auf mir liegen zu sehen.

Doch plötzlich spüre ich wie das Gewicht auf meinem Schoß nachlässt. Langsam öffne ich meine Augen und blicke dann in die schwarz, verschwommene Dunkelheit.
Jimin steht mir schräg gegenüber vor dem Sofa und reicht mir seine Hand. Leicht zögernd nehme ich diese entgegen.

Hand in Hand verlassen wir das Appartement und steuern still schweigend auf die verholzten Treppen zu. Wir laufen die knacksenden Stufen hinauf bis wir schließlich die letzte Etage erreichen.
Doch vor uns befindet sich kein Flur mit zahlreichen Appartements, sondern lediglich eine schmale Eisentüre. Jimin ruckelt ein wenig an den Knauf, bis dieser mit einem Quietschen nach gibt.

Wir steigen in die kühle Nachtluft hinaus. Eine angenehme Brise verursacht, dass einzelne meiner Strähnen zur Seite fallen. Jimin zieht mich zum hinteren Teil der Terrasse entlang.

Ich betrachte die Aussicht der vielen, dunklen Backsteinwohnungen, welche nur durch die kleinen quadratischen Fenster, in denen noch das Licht brennt, erleuchten.
,,Was machen wir hier?", hauche ich gerade noch laut genug, sodass es Jimin möglich ist mich zu verstehen.

,,Du sollst Schreien."

Verwirrt drehe ich mich um und stelle dabei fest, dass er direkt hinter mir steht. Ich spüre seine wärmende Brust an meinem Schulterblatt.
,,Ich versteh nicht..."
,,Du sollst schreien, Malia. Du sollst all deine Wut und Trauer freien Lauf lassen.
Du musst nicht alles in dich hinein fressen und dir den Kopf darüber zerbrechen was du anders hättest machen können.
Es ist nicht deine Schuld. Es ist die Schuld dieses verdammten Ars-", Jimin wird zum Schluss hin immer unruhiger weshalb er sich unterbricht.
,, ... es ist seine Schuld, okay?"

Ich schüttle den Kopf.
,,Jimin, das ist albern."
,,Nein ist es nicht. Versuch es."
Seine im Mondschein funkelnden Augen sehen mich erwartungsvoll an. Als ich merke, wie mein Herz immer schneller pocht, wende ich mich von ihm ab.
,,Na schön", seufze ich.

Räuspernd entferne ich mich ein Stück weit von ihm und hole dann tief Luft. Ich schließe meine Augen und denke nochmal über alles nach.
Über Vergangenes.
Über Andauerndes.
Und Zukünftiges.

Dann schreie ich.
Schreie ich, brülle ich.

Über die Auswirkung seiner Tat, nicht meiner.

Im ersten Moment wundere ich mich über das laute Geräusch welches so plötzlich aus meiner Kehle raus kommt. Doch ich gewöhne mich schnell daran und bemerke dabei eine Art Erleichterung in mir auf kommen.
Als mir schließlich die Luft aus geht und meine Stimme anfängt zu bröckeln, bemerke ich ein leichtes brennen im Rachen.

Lachend drehe ich mich zu Jimin, welcher mich schmunzelnd betrachtet.
,,Und?", er vergräbt seine Hände in die Hosentaschen seiner schwarzen Jeans.
,,Unglaublich.", grinsend greife ich nach dem Saum seines T-Shirts.
,,Lass es uns zusammen tun.", ein wenig verblüfft schießen seine Brauen in die Höhe. Ich ergreife Jimin's Hand.

,,1", er erwidert meinen Blick.
,,2", ich lasse seine Hand los.
,,2.5", frech grinsend umschließen seine Arme meine Taille.
,,3"

Gerade als ich meinen Mund öffnen möchte, werde ich aufgrund Jimins Lippen, die sich mit einem leichten Druck auf meine legen, davon gehindert.

Ich brauche einen Moment um das Geschehen auffassen und dann den Kuss erwidern zu können. Meine Hände streifen sich ihren Weg zu seinem Nacken hinauf. Jimin drückt mich Näher an sich, sodass er mir das Atmen erschwert.

Als er den Kuss vertieft, spüre ich ein leichtes Kribbeln im Magenbereich und muss diesbezüglich anfangen zu kichern. Jimin belächelt meine Geste, jedoch lässt er mich nicht aus seinem Griff.

Unsere Nasenspitzen trennen nur wenige Zentimeter. Ich betrachte die dunklen Umrisse seiner, ironischerweise weich wirkenden Gesichtszüge.

Ich lasse die letzten Tage Revue passieren.
Ich denke über mein Vertrauen und Zuneigung ihm gegenüber nach.
Und plötzlich,
plötzlich kommt mir dieser gebrochene Junge, welcher alles über mich und meine Vergangenheit weiß, völlig fremd vor.

Ich weiß nichts über Jimin. Er hat mir praktisch kaum etwas über sich erzählt. Und noch immer ist mir unklar, was hinter den düsteren Geheimnissen seiner Vergangenheit steckt.
Mit einem Schlag wird mir bewusst, dass ich mich ihm gegenüber vollkommen geöffnet habe. Er weiß nun alles über mich.

Verunsichert löse ich mich von Jimin, jedoch versuche ich mir nichts anmerken zu lassen. Ich schenke ihm ein wages Lächeln woraufhin er mich prüfend ansieht.
,,M-mir ist kalt und ich bin schon ziemlich müde. Lass uns rein gehen."
Er nickt und umgreift dann meine Hand. Mit einem mulmigen Gefühl lassen wir die Terrasse hinter uns.

-

Seufzend schreibe ich mir ein Teil aus einem mehr oder weniger nützlichen Artikel heraus. Es fällt mir außerordentlich schwer, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren.

Liegt es an gestern Nacht?
Ich habe Jimin alles erzählt. Auch wenn ich davor nur darüber besorgt war, ob er mich danach wohl noch leiden kann oder nicht, mache ich mir nun völlig andere Gedanken.

Gedanken darüber
ob ich ihn hätte vertrauen sollen,
ob ich ihn vertrauen kann.

Bevor ich mich gestern von Jimin verabschiedet habe, hat er mich für heute bei sich eingeladen. Er meinte, er wolle auch seine Freunde einladen und ich solle sie alle kennen lernen. Ich weiß, dass es für Jimin wichtig ist, doch ich schein gerade nicht die ideale Unterstützung zu sein.

Es ist noch eine gute Stunde bis zu dem Treffen. Hoffentlich habe ich mich bis dahin einigermaßen entspannt.






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Leute, in letzter Zeit bin ich mir echt unsicher in Bezug auf das Ende von "Touch".

Bad or good ending? Idk

Naja, habt einen schönen Tag! Vergesst nicht zu voten und Kommentare zu hinterlassen UwU

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TOUCH | ᴘ.ᴊᴍWo Geschichten leben. Entdecke jetzt