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Ich höre wie mir Tae noch etwas hinterher ruft, ehe ich das Appartement verlasse. Wahrscheinlich, dass ich Jimin etwas Zeit für sich geben soll.
Doch das ist mir egal. Auch wenn er vermutlich recht hat.

Ich stolpere die vielen Treppen hinunter und schiebe darauffolgend die lästig, schwere Eingangstür unserer Wohnung beiseite.

,,Jimin, warte!'', schnaufend laufe ich dem braunhaarigen Asiaten hinterher.
Seelenruhig und ohne jegliche Reaktion auf zuweisen, überquert er gemeinsam mit der bunten Menschenmasse, eine der vielen, belebten Kreuzungen Englands. Ich spüre wie sich einzelne Tropfen auf mich nieder lassen. Obwohl der Frühling vor der Türe steht, wird es bald anfangen zu schütten.

Als ich Jimin am Ende der Kreuzung erreiche, atme ich erleichtert auf. Aufgrund eines Windstoßes, fallen mir meine dunklen Haarsträhnen ins Gesicht. Ich verlangsame mein Tempo und gleiche mich seinem an.
Die Menschenmenge löst sich auf. Wie Bienen wirbeln sie umher, da auch sie vermutlich den aufkommenden Sturm bemerken.

Jimin scheint das nur wenig zu kümmern. Mit den Händen in den Hosentaschen vergraben, beschreitet er den breiten Gehweg.
Ob er mich wohl bemerkt hat?
Nein, ich glaube nicht. Er scheint seit langem wieder in seine Gedanken versunken zu sein. Nichtssagend laufe ich neben ihm her und streiche mir über die fröstelnden Arme.

,,Ist dir kalt?'', verblüfft schaue ich zu ihm auf. Seine kühlen Augen passen perfekt in das Szenario der dunklen Wolken und dem eisigen Wind, welche ihn fast schon Aura-artig umhüllen.
Und dennoch wird mir bei seinem Anblick etwas wärmer.

,,Ein wenig.'', nickend wendet er seinen Blick wieder nach vorne. Auch ich fokussiere mich wieder auf meine Umgebung. Erstaunlicherweise wirken die Straßen wie leer gefegt.

Ein grummelnder Knall ertönt. Mein Blick schnellt zum schwarz-grauen Himmel, in dem sich ein zackiges Leuchten einsetzt. 
,,Wunderschön.'', murmle ich dem säuselnden Wind hinterher.

Nach einer Weile erreichen wir die Imbissbude, in der Jimin und ich schon einmal gegessen hatten. Wir betreten das Restaurant im 60er-Jahre Stil und halten nach einem freien Tisch Ausschau. Mein Bick fällt auf die vollen Tische und den besetzten Hockern an der Theke. In dem Schnellrestaurant scheinen viele einen Unterschlupf gesucht und gefunden zu haben.

Die, nun ein wenig gestresste Kellnerin vom letzten Mal, deutet uns beim vorbei huschen auf einen freien Platz im hinteren Eck des Ladens.
Jimin steuert auf den schwarzen Tisch und den rot-verbleichten Sesseln zu. Ich setze mich ihm still schweigend gegenüber.

Mein Blick wandert zum Fenster aus dem ich das Naturschauspiel beobachte. Ich spüre seinen Blick auf mir und erhasche aus dem Augenwinkel heraus ein kleines Schmunzeln.
Auch mir entweicht ein leichtes Lächeln.

Jimin bestellt sich einen schwarzen und ich mir einen Milchkaffee.

Ich erinnere mich an die späten Nachmittage zu zweit. Wie wir gemeinsam in meiner kleinen Küche standen und es uns möglich war, die Vergangenheit stückweise zurück zu lassen.
Wie alles sorgenlos erschien, auch wenn es nur für eine kurze Dauer war.
Wie wir beide, in Kaffee vernarrt, eine Tasse nach der anderen trunken.

Er, schwarz mit Zucker.
Ich, mit Milch und ohne.

Nachdem es schon eine Weile dauert, und uns noch immer kein Kaffee gebracht worden ist, stehe ich auf und laufe zur Theke hinüber. Die Angestellten scheinen mit dem Stress nicht klar zu kommen und einige rücksichtslose Kunden beschweren sich.

Seufzend betrete ich den Thekenbereich und erlaube mir zwei Tassen aus dem Regal zu verwenden. Niemanden scheint meine Selbstbedienung zu stören. Auch als ich den Blick der Kellnerin auffange, schenkt sie mir ein entschuldigendes Lächeln, ehe sie von einem etwas breiteren Kunden angequatsch wird.

Ich greife nach der noch heißen Kaffekanne und befülle die zwei Tassen mit der heißen, schwarzen Brühe. Daraufhin positioniere ich das billige Porzellan auf ein Tablet und kehre zu Jimin zurück.
Er beobachtet jede einzelne meiner Bewegungen. Gekonnt stelle ich die Tassen auf der schwarzen Tischplatte ab.

,,Das machst du gut. Dir fehlt nur noch eine Schürze.'', ich hebe meinen Blick und treffe den Jimin's. Schmunzelnd nicke ich.
,,Das hoffe ich doch. Ich habe 'ne Zeitlang in genau so einer Imbissbude wie dieser gekellnert.'', ich setze mich wieder hin und erlaube mir einen Schluck vom leicht säuerlichen Kaffee.

21.03Uhr.

Ich musste noch Hausaufgaben machen.
Müde verabschiedete ich mich von meinen Kollegen und trat daraufhin raus in den noch warmen Abend. Ich packte meine senffarbigen Arbeitsklamotten geschwind in den schmuddeligen Rucksack und machte mich dann auf den Nachhauseweg.

Vorsichtig öffnete ich die knarrende Haustür und passte dabei auf nicht allzu viele Geräusche zu verursachen. Die Donovans hassten das schrille Türquietschen.
Beim letzten Mal wurde ich von einem Hausschuh attackiert, den mir Mrs Donavan kreischend hinterher warf.

Heute schien ich alles richtig gemacht zu haben oder sie hatten mein Ankommen, vom Rotwein und Bier besäuselt , schlicht und einfach nicht bemerkt.
Ich begrüßte das Paar im Wohnzimmer knapp und trottete dann die Treppen hinauf in mein Zimmer.

Als ich den kleinen Raum betrat, entdeckte ich wie immer wenn ich von der Imbissbude Nachhause kam,  Allie auf meinem Bett. Es war schon längst Schlafenszeit, doch Mrs und Mr Donovan schien das nur wenig zu stören. Tapsend steuerte ich aufs Bett zu.

Sie schien eingeschlafen zu sein. Ich strich ihr durchs weiche Haar. Blinzelnd öffnete Allie ihre müden Augen einen schlitzbreit. Als sie mich erkannte, richtete sie sich auf.

,,Malia!'', lachend ließ sie sich in meine Arme fallen. Ich streichelte ihr grinsend über den Kopf.
,,Allie du sollst doch nicht auf mich warten. Es ist schon viel zu spät.'', sie schüttelte ihren Kopf demonstrativ.
,,Und du sollst mich mit zur Arbeit nehmen! Du lässt mich hier immer allein.'', schmollend überkreuzte sie ihre kleinen Arme vor der Brust. Ich betrachtete das kleine Mädchen vor mir nachdenklich.

,,Machen wir einen Deal, okay? Ich nehme dich morgen mit und dafür hörst du auf immer so lange wach zu bleiben. Du kannst doch nicht jeden Tag müde zum Kindergarten gehen!'', erklärte ich ihr. Grinsend nickte sie.
,,Ich möchte dann auch immer bei dir schlafen dürfen! Deal?''
Ich überlegte kurz und nickte dann.
Sie schlief ohnehin schon fast immer bei mir.

,,Deal.''

Hätte ich den Deal nie eingewilligt, wäre Allie jetzt wahrscheinlich noch am Leben.

TOUCH | ᴘ.ᴊᴍWo Geschichten leben. Entdecke jetzt