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Seit einer Woche sehen Jimin und ich uns beinahe täglich. Ich koche für uns, und wenn er im Kiosk Nachtschicht hat, bereite ich ihm sogar etwas zum Essen vor. Einmal hatte er versucht für uns zu kochen, jedoch endete sein Kocherlebnis mit verkohltem Huhn und durchweichtem Gemüse. Vermutlich war das, das letzte Mal beidem er versucht hat uns mit seinem selbstgemachtem Essen zu versorgen.

Ich habe die Entscheidung getroffen mich nicht vollkommen vor ihm zurückzuziehen, da ich der Meinung bin, die Gesellschaft des jeweils anderen tue uns beiden gut.
Zumindest hoffe ich das.
Meine Gefühle für ihn, behalte ich jedoch für mich und hoffe, dass sich diese nur als eine zeitweilige Schwärmerei heraus stellen.

Am Donnerstag habe ich ihm beim Aufräumen seiner Wohnung geholfen, wobei wir beide kein Wort über seinen Zusammenbruch verloren haben. Wahrscheinlich sollte ich ihn nochmals über den Vorfall ausfragen. Mich brennt es zu wissen was es genau mit ihm und seiner Vergangenheit auf sich hat.
Doch ich halte mich zurück.
Er scheint momentan gut drauf zu sein und ich möchte nicht, dass er aufgrund aufgezwungener Erinnerungen leiden muss.
Vielleicht hat er ja schon damit abgeschlossen. Vielleicht geht es ihm jetzt wieder gut, dachte ich.

Doch es geht ihm nicht wieder gut.

Jimin scheint ab und zu einfach weg zu sein. Psychisch. Im Kopf. Einfach nicht da.
Er beantwortet dann weder meine Fragen noch scheint er mir zu zuhören. Anfangs war ich sauer gewesen, wenn er einfach in die Leere starrte und mich minutenlang ignorierte. Doch mit der Zeit bemerkte ich, dass es eine Art Gewohnheit zu sein scheint und er es nicht böse damit meint.
Manchmal sehe ich seine Traurigkeit auch in den trüben Augen und dem erzwungenen Lächeln. Ich sehe, wie wenig Schlaf er hatte und wie viel Mühe er sich geben muss, um jegliche Emotionen zu zeigen.
Das wohl Schlimmste ist, ich weiß nicht was ich dagegen tun kann.
Ich weiß nicht, wie ich ihm helfen kann.

-

Es ist Sonntag.
Nachdem ich mit Clara telefoniert habe und ihr gestehen musste, dass ich noch keinen Fall für unseren Bericht rausgesucht habe, sagte sie mir, dass das nichts ausmache, da sie selber noch keinen passenden Fall gefunden hat. Wir beschlossen, uns bis Dienstag Zeit zu geben und verabredeten uns um 14:00Uhr in der Stadtbücherei.

Während ich gerade angefangen habe mich mit den Forschungen zu befassen, tritt der Nachbarsjunge in mein Zimmer hinein. Ich zucke zusammen als ich seine Gegenwart wahrnehme.
Er machte das in letzter Zeit ständig.
Seitdem Jimin hier einmal eingebrochen war, scheint ihn nichts mehr davon ab zu halten mich nach Lust und Laune zu besuchen.

,,Was ist?", knurr ich ihn an.
Ich möchte wirklich meine Arbeit zuende führen. Ich hasse es unterbrochen zu werden.
An der Tür angelehnt mustert mich der blasse Einbrecher.

,,Was machst du da?"
,,Arbeiten."
Er tritt näher und betrachtet den Bildschirm meines Laptops.
,,Aha und was?"
Ich spüre seinen warmen Atem an meinen Nacken. Reflexartig drehe ich mich um, sodass sich unsere Gesichter gegenüber stehen.
Mit großen Augen sehe ich in seine.
Zu nah. Das ist zu nah.

Ein schelmisches Grinsen seinerseits bringt mich zum glühen. Ich schupse ihn ein Stück weit von mir weg.
,,Na, nervös geworden?", neckt mich der augenbrauenwackelnde Jimin.
Ich ignoriere seine Bemerkung und wende mich wieder meinem Schreibtisch zu. Ich möchte nicht, dass er meine Röte bemerkt.
,,Was ist das?", versucht er es erneut.
,,Geht dich nichts an, Jimin."
Schnaufend lässt er sich auf mein Bett fallen.
,,Ich hab Hunger."
,,Später."
Erneut ertönt das bockige Schnaufen.
Ich schmunzle.

Er wartet. Er liegt auf meinem Bett, in meinem Zimmer und wartet darauf, dass ich ihm meine Aufmerksamkeit schenke.
,,Wann bist du endlich fertig?"

,,Maliaaa, wann bist du denn endlich fertig?"' Lächelnd wendete ich meinen Kopf vom Schreibtisch zum Bett. Allie lag mit den Beinen zur Wand gestreckt auf dem kleinen, weißgestrichenem Holzbett. Es knarrte als sie sich aufsetzte und mir einen bösen Blick zu warf.
Ich hatte ihr versprochen wir würden ,nachdem ich mit den Hausaufgaben fertig war , in den Zoo gehen.
,,Bald."
,,Das hast du auch schon vorhin gesagt!"
Gereizt versuchte ich mich nicht von ihr ablenken zu lassen.

,,Du hast mich nicht lieb."

Ich legte den Stift beiseite und nahm tief Luft. Sie sagte das ständig wenn sie ihren Willen nicht durch setzen konnte.
Ich drehte mich um und krabbelte zu ihr aufs Bett. Tränen liefen dem bockigen Mädchen über die erröteten Backen.
,,Hör auf das zu sagen.", ich nahm sie in den Arm und drückte ihren Kopf an meine Brust.
,,Du weißt, dass das nicht stimmt."
Sie weinte und beschwerte sich darüber wie doof ich manchmal sei und wie doof manchmal Mama und Papa seien und, dass auch der Mann der sie geschimpft hatte, sie solle die Enten im Park nicht füttern, doof sei.

,,Ich weiß.",sagte ich bloß.
,,Weißt du, jeder ist manchmal doof. Man kann nicht immer gut und nett zu jedem sein. Auch der Eismann zum Beispiel ist manchmal doof. Du bist vielleicht auch manchmal doof."
Allie schüttelte den Kopf.
,,Ich will aber nicht doof sein."
Ich stupste sie spielerisch an.
,,Ich find's aber ganz schön doof von dir, dass du jetzt weinst."
Augenblicklich wischte sie sich die Tränen mit dem Handrücken weg und sah mich daraufhin mit einem sturen, entschlossenen Blick an.
Ich lächelte.

Ich schüttle meinen Kopf von der Erinnerung.
,,Fängst du jetzt gleich an zu heulen?", mit einem schwachen Lächeln sehe ich zu Jimin. Er jedoch mustert mich nur leicht irritiert. Ich spüre wie mir die Tränen auf kommen. Eilend stehe ich auf um das Zimmer verlassen.
Ich will nicht wieder vor ihm weinen.

Doch ich komme nicht weit, da Jimin's fester Griff an meinem Handgelenk mich vor dem Überschreiten der Türschwelle abhält. Sein Druck nötigt mich dazu, mich ihm gegenüber zu stellen.
Mein Versuch mein Gesicht vor ihm zu verbergen, scheitert. Die heißen Tränen strömen mir ungewollt über die Wangen hinunter zu meinem Kinn. Ich sehe zu Boden und meide seinen stechenden Blick.

Ich versuche widerwillig seine Hand von meiner zu schütteln, jedoch verstärkt sich sein Griff zeitgleich. Es schmerzt ein wenig.
,,Schau mich an.", die Stimme klingt bestimmend und kühl. Ich schüttle den Kopf.
,,Malia.", ein Schauder läuft mir den Rücken hinrunter, als ich ihn beinahe knurrend meinen Namen sagen höre.
Ich richte meine Augen langsam auf Jimin.

Sein Blick wirkt viel weicher und zarter als es seine Stimme erlauben würde.
Plötzlich strahlt der Junge mir gegenüber pure Wärme und Geborgenheit aus. Das Stechen in meiner Magengrube drängt mich schließlich dazu, meine Arme um seinen Hals zu schlingen und mein Gesicht schluchzend in seine Schulter zu vergraben.

Jimin scheint einige Sekunden zu brauchen, bis er seine Arme um meine Taille legt und mich näher an sich drückt. Blitzschnell strömt die Wärme seiner trotz eisig wirkenden Haut zu mir rüber, sodass ich das flaumige Gefühl in mir nicht länger verbergen kann. Ich atme den Geruch seiner Haut und milder Seife ein und versuche jeglichen Abstand zwischen uns zu vernichten.
Still schweigend lauschen wir der unregelmäßigen Atmung des jeweils anderem.

Und so stehen wir da.
Zwei Menschen,
beinahe Fremde, die miteinander mehr Gefühle und Emotionen teilen als mit sonst jemanden.
Zwei einsame Seelen,
die zusammen die Einsamkeit ineinander bekämpfen.





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So Kapitel 12 habt ihr nun auch hinter euch
Wie gefällt euch die Story bis dahin?

Ich versuche den roten Faden so gut es geht aufrecht zu erhalten...hoffentlich habt ihr noch den Überblick (.)

Vergesst die Faves bitte nicht, hehe.
Und lasst aufjedenfall ein paar Kommis da!
Stille Leser sind nur halb so toll wie welche die auch ab und zu Kommis da lassen :)

Viel Spaß noch xx

TOUCH | ᴘ.ᴊᴍWo Geschichten leben. Entdecke jetzt