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Ich glaubte, dass mich Noah noch nie so gesehen hatte.
Mein Mund weit offen stehen, meine Augen geweitet und stand mit wackelnen Beinen auf den harten Boden der Tatsachen. ''Mom...'', brachte ich schwer glaubend über meine Lippen.
''Ich werde so schnell wie es geht kommen.'' Am anderen Ende der Leitung hörte ich ein Durcheinander von Stimmen. ''Mom'', versuchte ich sie auf mich zu lenken.
''Schätzchen, beeil dich'', schluchzte sie. ''Sie kommt gearde in die Op.''
Meine Hand, die das Handy an meinem Ohr hielt, spannte sich an. ''Beruhige dich.''
''Rose, mach schnell'', waren ihre letzten Worte bevor ich nur noch ein Rauschen hörte.
Genau in diesem Moment verfluchtete ich meinen Akku und mich, warum ich es nicht vorher noch richtig aufgeladen hatte. Verzweifelt biss ich mir auf meine Unterlippe und starrte mein Handy an, dass gearde ausgegangen war. Ich hasste mein Handy in diesem Moment.

''Rose?''
Noah legte seine Hand auf meine Schulter, somit sah ich in sein Gesicht, der mich besorgt und fürsorglich musterte. Schweigsam nahm er mich in den Arm, als ich nichts erwiderte.
''Tante Gina und Daniel hatten einen Autounfall'', berichtigtete ich schluchtzend und versteckte meinen Kopf hinter seiner muskelösen Schulter. Mein Blick war starr gearde aus gerichtet.
Die Bäume ergaben große Schatten, die auf den modrigen Boden fielen von dem Mondlicht.
Sie zogen sich breit voneinander ab bis zu uns.
Genauso fühlte ich mich gerade. Wie ein Kind, dass lieber ihm Schatten stand und für sich war, als mit der Sonne spielte. Ich drückte mich weg von Noah und wischte mir meine Tränen weg.
''Wollen wir?'' Meine Stimme klang brüchig. Er nickte, öffnete mir die Beifahrerseite und wartete bis ich hinein gestiegen war, worauf er die Tür dann schloss und sich auf dem Fahrersitzt setzte.
Der Motor heulte auf, was ein lauten Ton von sich gab und einen komischen Geruch erzeugte.
Ich glaubte, dass sein Auto mal in die Werkstatt musste.

Immer nervöser tippte ich mit meinen Finger am Armaturenbrett des Autos und starrte ununterbrochen auf die Digitaluhr, die sich über das Radio befand. Noah fuhr schon ziemlich schnell. Doch nicht schnell genug. Es kam mir vor als würde die Zeit sekundenschnell vergehen.
In mir brodelte schon die völlige Angst um die Beiden.
Was wenn es ihnen nicht gut geht? Was wenn sie nicht mehr leben?
Ich unterdrückte mir Tränen und hielt an den Glauben fest, dass sie es überstehen werden.
Noah legte behutsam seine Hand auf meinen Oberschenkel und lächelte mich aufmunternd an.
''Es wird wieder alles gut'', versuchte er mich zu beruhigen.
Es war süß von ihm. Trotzdem hatte ich immer noch meine Angst im Nacken und konnte mich somit nicht beruhigen, aber versuchte es für Noah.

Plötzlich leuchtete schräg vor uns grelle Scheinwerferlichter in unsere Richtung. Noah drückte auf die Bremse. Ich starrte auf das andere Auto und hielt mein Atem an.
Das Auto stoppte knapp vor uns und traf nur die Stoßstange von Noahs Auto.
''Alles ok?'', fragte Noah besorgt.
Ich nickte schwer atmend. ''Dir?'' Er zeigt mir ein Daumen nach oben und stieg aus dem Auto. Ich ließ mich erschöpft in den Sitz zurück fallen und beobachtete Noah, wie er zum Jeep ging. Ein ein älterer Herr, um die vierzig, mit einem ründerlichen Bauch stieg aus der Fahrerseite aus und wischte sich mit der flachen Hand den Schweiß von seiner Stirn ab. Ich fragte mich nun, warum er diese Geste tat. Hatte er gerade voll Panik geschoben? Na gut, konnte ich ganz nachvollziehen.
Jedenfalls konnte ich erstmals beruhigt ausatmen. Es sah so aus, als würde der alte Mann sich andauernd entschuldigen bei Noah. Er versuchte eher den Mann zu beruhigen bis der alte Mann ihm einen Zettel gab und mir einen komischen Blick zu warf. Dann verschwand er in seinem Jeep und fuhr davon. Derzeit war Noah wieder am Fahrerplatz und wir fuhren weiter. 
Ich konnte immer noch nicht ganz glauben, was das ganze jetzt bedeutete. Ehrlich gesagt, war es mir im Moment egal.
Doch was stand auf dem Zettel? Was hatte der Mann zu Noah gesagt? Warum hatte er mich so komisch angesehen? Diese Fragen schwirrten den Rest des Abends in meinem Kopf herum.
Nach Zwanzig Minuten erreichten wir endlich das Krankenhaus.
Ohne weitere Zeit zu vergolden, sprang ich wortwörtlich aus dem Auto und rannte hinein, gefolgt von Noah, als wir geparkt hatten. Hektisch wurde ich unten am Eingang aufgehalten.
Ich verstand nicht warum, aber eins wollte ich nur, zu den Beiden. Und zwar jetzt.
Noah war die Ruhe selbst, wieder mal fragte ich mich, wie er das schaffen konnte, so ruhig zu bleiben. Vielleicht weil er Daniel nicht mochte und nicht viel mit ihm und Tante Gina zu tun hatte.
Ich ging hin und her, so verzweifelt war ich und Angst erfüllt.
Während meine Verzweiflung kriegte ich nicht mit, wie Noah mit der Empfangdame geredet hatte, nur das seine Hand jetzt an meinem Rücken war und uns an den Wärtern vorbei schob. Dabei strich er behutsam meinen Rücken auf und ab. ''Wie hast du -''
''Erzähle ich dir später genau. Wir müssen in den 2 Stock und Richtung Op-Räume.''
Dann befanden wir uns schon im Fahrstuhl. Mein Magen zog sich zusammen, während meine Gedanken wieder verrückt spielten und sich alles Mögliche vorstellten. Noah nahm meine Hand, zeigte mir ein herzliches Lächeln, dass so leicht und sorgenfrei wirkte und flüsterte: ''Es wird wieder, Rose. Mach dir keine großen Sorgen.'' Anschließend küsste er mir auf den Haaransatz und zog mich hinter sich her, als der Fahrstuhl angehalten hatte und die Türen sich öffneten.

Nach einigen Minuten hatte wir die Räumlichkeiten gefunden oder eher gesagt, befanden wir uns in einem Flur, wo ich von weitem meine Mutter verzweifelt auf einem Stuhl sitzen sah und unruhig die Hände knetete. ''Mom!''
Ich ließ Noahs Hand los und rannte zu meiner Mutter.
Ihr Kopf drehte sich in meine Richtung, ein erfreutes, denn noch von Sorgen umgeben, spielte ihre Lippen ein Lächeln. Schnell hatten wir uns fest in die Arme genommen. ''Mom.. Es wird wieder.''
Ich hörte sie weinen. Seit langem weinte sie wieder. Dieses Mal an meiner Schulter.
Letztes Mal vor Freude und jetzt vor Traurigkeit.
Starke Mädchen weinen nicht... Das waren Moms Worte an mich, wenn ich den Tränen nahe stand oder mich unter strömenden Tränen befand. Und jetzt musste ich stark sein.
''Starke Mädchen weinen nicht'', wiederholte ich ihre Worte und drückte sie sanft von mir.
Aufmuntern sah ich sie an, ihr Gesicht erhellte sich ein wenig.
''Meine Worte. Du hasst sie nicht vergessen.'' Etwas lachend wischte sie sich ihre Tränen weg.
''Wie den? Du sagst sie immer zu mir, wenn ich den Tränen nahe stehe, Mom'', meinte ich nur und nahm ihre Hand.

''Mrs. Swan'', hörte ich eine weibliche Stimme sagen, die relativ hoch klang. Hinter dieser Stimme verbarg sich eine Frau, geschätzt über vierzig, mit pinken Fingernägeln, die ihr an ihrer Hand sah, als wir uns die gaben. Ihre blonde Haarpracht versteckte sie hinter einem strengen Dutt und ein zufriedenes Gesicht zeigte sie uns. ''Gina und Daniel Hanson haben es ohne Komplikationen geschafft. Gina Hanson ist gerade wach geworden'', teilte sie uns freudig mit und begleitete uns zu Gina. Glücklich überfiel Mom Tante Gina. Doch an ihren Gesichtsausdruck merkte ich, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Allerdings warteten Noah und ich im Warteraum und tranken Kaffee. Ich wollte noch zu Daniel, der aber noch nicht  erwacht war und Mom wollte mit Gina allein reden.





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