Akt 3

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Meine Augen weiteten sich, meinte er etwa?

Als hätte er meine Gedanken gelesen, schüttelte er seinen Kopf, wobei seine rot-schwarzen Haare leicht hin und her wippten.

»Ich habe kein Interesse an deinem Blut.«

Widerlegte er meine Befürchtung, aber noch konnte ich nicht aufatmen.

»Rotwein.«

Meinte er knapp, dabei hob ich fragend die Augenbrauen.

»Rotwein?«

Wiederholte ich seine Worte, es klang einfach . . . surreal und absurd.

»Du wirst mir ab jetzt jeden Tag Rotwein aus dem Dorf beschaffen.«

Begann er und ließ mich dabei kein einziges mal aus den Augen.

»Du wirst mich ebenfalls anders zu unterhalten wissen . . . schließlich schuldest du mir dein Leben.«

Damit ließ er mein Kinn los und stellte sich vor mir auf, womit er das Licht der Kronleuchter blockierte und seinen Schatten auf mich warf.

»Dein Gesichtsausdruck verrät mir, dass du mehr als nur verwirrt bist.«

Er drehte mir den Rücken zu und schritt zurück zu seinem Thron.

»Im laufe der Jahrhunderte erreichten die Menschen so einiges, aber das in meinen Augen beste ihrer Produkte ist Rotwein.«

Bei diesen Worten konnte ich einen irritierten Gesichtsausdruck nicht vermeiden.
Ein Vampir der statt Menschenblut Rotwein trinkt?
Und ja, ich hatte gewollt seine Anspielung auf etwas anderes ignoriert.

In was bin ich da nur rein geraten . . .

Er setzte sich wieder hin und schenkte mir dabei nur einen flüchtigen Blick.

»Ich bin eben Einzigartig.«

Waren seine Worte, als hätte er wieder meine Gedanken gelesen.

Langsam wurde es mir zu kalt, auf den glatten Marmorboden zu sitzen, weshalb ich mich nun auf zitternden Beinen an den riesigen Toren aufrichtete.

»Du bist doch ein Vampir . . .«

Meine Stimme war nichts weiter als ein krächzen. Wohl ein Resultat dessen, dass ich erstens, für eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr geredet hatte und zweitens, verdammt durstig war.

Wieder dieses Lächeln, als würde er alles wissen, als würde ihm alles gehören, und als könnte ihn nichts erschüttern.

»Das stimmt. Hast du etwa ein Problem damit, dass ich mich nicht direkt auf dich stürze?«

Er wollte mich provozieren, das erkannte ich sowohl an seiner Stimme als auch daran, wie er sich mit der Zunge gierig über die Lippen leckte.

So ein Arsch.

Darauf ertönte ein leises, abfälliges schnauben seinerseits.

»Du . . .!«

Ich versuchte vorwurfsvoll auf ihn zu zu schreiten, was jedoch sauber von meinen noch zitternden Beinen sabotiert wurde.

Super.

»Vielleicht solltest du dich noch für eine Weile hinlegen, Kleine.«

Ein gelangweiltes Gähnen seinerseits war für mich jetzt nur noch unnötig frustrierend.
Was bildet der sich ein, wer er ist . . .

»Ach stimmt, wo bleiben denn meine Manieren?«

Fast schon theatralisch legte er sich eine Hand auf die Stirn und schloss dabei gespielt gequält die Augen.

»Ich sollte mich zu allererst Vorstellen.«

Sein Blick ruhte wieder auf mir.
Er überkreuzte seine Beine und grinste beinahe größenwahnsinnig.

»Mein Name lautet Vladislav Dracula Tepeş.«

Er machte eine kurze Sprechpause, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.

»Ich bin der erste Vampir, der je gelebt hat. Der einzig wahre Reinblüter, der über die Nacht regiert.«

Und in diesem Moment war ich fest davon überzeugt, dass ich mir wahrscheinlich irgendwo den Kopf angestoßen hatte und jetzt wohl oder übel träumen musste.
Genau so muss es sein.
Dieser Verrückte vor mir ist nichts als ein Produkt meines Unterbewusstsein, weshalb auch immer ich mir gerade diese absurde Version von Dracula ausmalte.

»Ich bin kein Hirngespinst, sondern wirklich ein Vampir. Ich bin der echte Dracula.«

»Liest du etwa meine Gedanken?«

Ok, absurde Vorstellung von Dracula welche meine Gedanken lesen kann.

Er seufzte, dabei versuchte er wohl niedergeschlagen zu wirken.

»Ich bin zumindest keine absurde Version von Dracula, Mia.«

Und spätestens jetzt wusste ich nicht mehr, ob ich seine Gedanken-lesen-Fähigkeiten bewundern, oder mich eher vor ihnen fürchten sollte.

Moment, wenn er meine Gedanken liest, bedeutet das nicht dass wenn ich ihn jetzt beleidigen sollte, er alles davon mitkriegt?

»Wage es nicht einmal.«

Knurrte er warnend und kniff angenervt die Augen zusammen.

»Bevor du am Ende noch die Illuminaten als die Schuldigen hierfür bloßstellst, solltest du lieber wieder zurück in dein Zimmer gehen. Unter dem Bett liegen deine Klamotten.«

Wohl ein Versuch witzig zu sein.
Nicht mit mir.

Statt diesmal etwas zu sagen, winkte er mich einfach fort.
So als wäre er es leid, noch mehr Zeit mit mir zu verschwenden.

Fein, soll mir Recht sein.
Ich drehte mich auf dem Absatz um (obwohl ich nebenbei bemerkt noch nicht einmal Schuhe trug . . . aber wen kümmern schon diese unbedeutenden Kleinigkeiten?), und machte mich auf den Weg zurück.

Der kann mich mal.
'Bringe mir Rotwein.', hat er gesagt.
'Es gibt nichts was ich von dir nicht gesehen habe.', hat er gesagt.
Dass er ein arrogantes Arschloch ist, hat er aber nicht gesagt.

Mit einem lauten 'wumms' schlug ich die Tür hinter mir zu und kniete mich hin um besser an meine Kleidung ran zu kommen.
Tatsächlich war alles da.
Mein Top, meine Jacke, meine engen Jeans, Turnschuhe, und selbst mein Handy fand ich an seinem Platz.

Entweder ist er selten dämlich oder komplett von sich überzeugt, wenn er mir eine Möglichkeit zur Flucht einfach so vor die Nase setzt.

Rotwein und MondblumenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt