Akt 23

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»Es ist meine Pflicht, Lupin zu befreien.«

So wie sie durch den Wald jagte hatte ich so meine Probleme, sie nicht aus den Augen zu verlieren.

»Mag sein, aber alleine da rein zu rennen ist purer Selbstmord.«

Rief ich ihr hinterher während ich kurz von einem Baumstamm aufgehalten wurde, da ich über diesen rüber klettern musste.

»Ich kann ihn nicht zurück lassen! Selbst wenn ich mein Leben für seines geben muss.«

Gut, ihr Entschlossenheit beeindruckte mich ein wenig.
Aber nicht nur das.
Es war diese Loyalität gegenüber denen, die ihr wichtig waren.

»Warum dieser ganze Aufwand? Warum diese Mühe, diesen Lupin zu retten?«

Ich hatte wieder ein wenig aufgeholt, war aber immer noch weit hinter ihr.

»Weil er zu meinem Rudel gehört. Mein Rudel ist wie meine Familie, somit sind alle seine Mitglieder so etwas wie meine Kinder. Und ich kann und werde keines dieser Kinder an einen Blutsauger verlieren, wenn ich dies verhindern kann!«

Sie war stehen geblieben und warf mir über die Schulter einen flüchtigen Blick zu.
Für einen Moment glaubte ich zu spüren, wie die Luft dick wurde und ich meine Probleme beim atmen bekam.
Ich schob aber den Großteil dieses Empfindens meiner Erschöpfung zu.

»Sie werden ihn . . . höchstwahrscheinlich nicht retten können . . ., wenn Sie Hals über Kopf da rein rennen.«

Japste ich und nutze das erste mal die Chance, mal kurz zu verschnaufen.

Die ganze Geschichte hier bringt mich noch ins Grab.

»Und was schlagen Sie vor?«

Mit verschränkten Armen stand sie nun vor mir, ihre Augen spiegelten dabei ihre Skepsis wieder.

Diese plötzliche Änderung in ihrem Verhalten brachte mich dazu, erst einmal perplex zu blinzeln um kurz darauf, ein wenig stotternd, antworten zu können.

»S-sie könnten zuerst mit den A-anderen einen Plan ausarbeiten . . .«

Ich klang kein bisschen überzeugend.
Das sah ich ihr an.

Ihre erste Reaktion bestand darin, mich mit hochgezogenen Augenbrauen anzusehen.
Dann schien sie meine Worte in Gedanken nochmal durchzugehen, so nachdenklich wie sie ihren Blick senkte, nahm ich dies zumindest an.

»Zusammengefasst schlagen sie vor, noch mal zurück zu gehen um eine dritte Partei zu rate zu ziehen?«

Vorsichtig nickte ich, wie jedermal wunderte ich mich dabei ein bisschen wegen ihrer geschwollenen Wortwahl.

Nachdenklich legte sie den Kopf schief, ihre silberne Haarpracht folgte dieser Bewegung problemlos, ohne ihre Form zu verlieren.

»Vielleicht haben sie-«

Bevor sie ihren Satz beenden konnte, stellten sich ihre 'Ohren' auf und sie sah sich hastig, ebenfalls zähneknirschend um.

Kurz darauf wich sie einen Schritt zurück, bückte sich etwas und ich konnte den Grund sehen, weshalb sie sich an die Rechte Seite fasste.

Blut tropfte zu Boden, ging jedoch in dem Gemisch aus roten, orangenen und braunen Blättern, die auf dem Boden wahllos verteilt lagen, unter.

Sie blutete.
In ihrem Rücken steckte ein silberner Pfeil.

»Es ist bemerkenswert, dass du meine Anwesenheit bemerkt hast, Wolf.«

Schritte, das Laub raschelte und keine fünf Meter hinter ihr stand nun ein Mann mit einer Armbrust in der rechten Hand.

Hasserfüllt blickte Kirai zu ihm zurück.
Krampfhaft versuchte sie dabei mit einer Hand das Blut zu stoppen, welches beinahe ungehindert weiter floss.

Die eisblauen Augen des Mannes verhöhnten sie, er hatte seine breiten Schultern gestrafft, wirkte aber dennoch ruhig und gelassen.

»Jäger!«

Zischte Kirai mit einer großen Ablehnung in der Stimme.

»Das ist ein Pfeil aus Silber!«

Sie versuchte danach zu greifen, zog jedoch fluchend ihre Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt.

»Genau. Deswegen, wenn du nicht sterben willst, solltest du am besten mit mir kommen, Alpha der Werwölfe. Kirai war dein Name?«

Ich fühlte mich ja mal richtig wie das dritte Rad am Wagen, aber da war ja auch grade dieses kleine Detail, dass Kirai vor mir gerade am verbluten war und ich vollkommen geschockt und bewegungslos dastand.

»Und wenn ich mich weigere?«

Herausfordernd funkelte sie ihn an.
Verstand sie nicht, dass sie in Lebensgefahr schwebte?

Ein Grinsen machte sich auf dem Gesicht des Mannes breit.

»Dann muss ich dich gewaltsam mitnehmen.«

Sie schnaubte verachtend und griff wieder nach dem Pfeil in ihrem Rücken.
Dieses mal zuckte sie jedoch nicht zurück, sondern umfasste das spitze Objekt mit ihrer Hand und zog es kurzerhand raus.

»Versuche ruhig dein Glück. Wir werden sehen, ob du deine Fähigkeiten nicht etwas überschätzt.«

Jetzt fiel mir auch einmal auf, dass sich die beiden dutzten.
Kannten sie sich etwa?
Diesen Gedanken verwarf ich jedoch sofort wieder, schließlich hatte der Mann selbst dargelegt, dass sie sich zum ersten mal sahen.
Manchmal war ich aber auch dumm wie Stroh.
Vielleicht sollte ich meine Haare braun färben, könnte eventuell gegen meine Dummheit helfen.

»Ich bin doch nicht wahnsinnig. Glaubst du ich würde gegen dich kämpfen? Auch wenn es mich in den Fingern juckt, dir dein Fell vom Leib zu reißen.«

Er kam einen Schritt näher und wirkte dabei so selbstbewusst wie kein anderer.

»Meine Befehle sind eindeutig, leider.«

Er richtete seine Waffe auf Kirai, die ihn, zähneknirschend, keinen Moment aus den Augen ließ.

»Süße Träume.«

Jetzt verlief alles so schnell, dass ich es kaum wahrnehmen konnte.

Kirai fiel zu Boden, weiteres rascheln, mehr Menschen schossen aus den Büschen hervor und nahmen die Wölfin in Gewahrsam.

Kaum war dies geschehen, fand auch ich mich auf dem Boden wieder.
Ich konnte davor kurz ein leichtes pieksen an meinem Hals spüren, bis mich eine erdrückende Müdigkeit überkam und ich ebenfalls gefallen war.

Jetzt nahm ich alles nur noch verschwommen wahr.
Dunkle Schatten huschten an meinen Augen vorbei, die Stimmen und Geräusche rutschten in weite Ferne.
Das einzige was ich noch spürte und sah, bevor ich ins Land der Träume abtauchte, waren diese eisblauen Augen, welche intensiv leuchteten im Gegensatz zu allem anderen, was nur noch grau und farblos schien.

Ich wurde hochgehoben, vernahm, wie der Jäger seinen Kameraden irgendetwas zurief und sich dann, mit mir auf den Schultern, in Bewegung setzte.

Es war nicht mal ein Tag vergangen und schon wurde ich zwei mal von irgendwelchen unbekannten entführt.
Irgendwelche Freiwilligen, die gerne mit mir tauschen würden?

Ich habe jedenfalls genug und möchte nur noch nachhause.
Da schlief ich jedoch auch schon ein, ohne einen weiteren klaren Gedanken fassen zu können.

Rotwein und MondblumenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt