Akt 5

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So kam es also, dass ich wieder mal Ohnmächtig ins Bett getragen werden musste; denn ich wachte mit derselben blauen Decke auf wie letztes mal.

Ich setzte mich langsam auf und ließ den Blick schweifen.

Im allgemeinen hatte sich nichts verändert, nur dass diesmal auf dem Nachttisch ein silbernes Tablett stand.
Daneben war ein Weinglas, welches bereits mit einer roten Flüssigkeit gefüllt worden war.

Sofort fasste ich mir bei diesem Anblick an den Hals.
An der Stelle, an der er mich gebissen hatte, konnte ich ganz klar die Wunde in Form von zwei Punkten spüren.
Endgültig, dies war kein Traum, auch wenn ich alles dafür gegeben hätte, um endlich aufzuwachen.

Mit zitternden Händen griff ich nun nach dem Deckel des Silbertabletts und hob diesen leicht an, wobei mir sofort der betörende Geruch von Essen in die Nase stieg.

Und da meldete sich mein Magen wieder zu Wort.

Sauber auf einem weißen Teller serviert lag ein extravagant aussehendes Steak, welches finanziell gesehen nicht gerade billig aussah.
War er auch noch stinkreich?
Vorstellen könnte ich es mir . . .

Solche Gedanken beiseite schiebend, stellte ich das Tablett auf meinem Schoß ab und begann zu essen.
Auch wenn ich es eher ungern zugab, so hatte er für einen Vampir einen richtig guten Geschmack, was Essen betraf.

Ich schlang alles, was auf dem Teller und nicht festgenagelt war, hinunter und trank dabei ebenfalls von der roten Flüssigkeit, die sich als Rotwein entpuppt hatte.

Jetzt da ich satt war, konnte ich wieder anfangen zu denken.
Warum hatte er mich nicht einfach getötet?
Obendrein hatte er mich ins Bett getragen, zugedeckt und sogar mit Nahrungsmitteln versorgt.
Hier ging etwas nicht mit rechten Dingen zu, so wie er seine Persönlichkeit zu wechseln schien.

Ich ließ mich wieder zurück fallen, dabei hielt ich meinen Blick an die Decke gerichtet.

Vampire sollten eigentlich nicht in der Lage sein, normale Nahrung zu sich zu nehmen wie die Menschen es taten.
Warum tranken sie auch sonst Blut?
In Büchern habe ich mal gelesen, dass normales Essen für Vampire wie Abfall schmeckt.
Aber dieses Exemplar scheint keine Probleme damit zu haben . . .

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Vlads POV:

Erschöpft ließ ich mich wieder auf meinen güldenen Thron sinken.
Dieses Menschenmädchen bereitete mir nur Probleme.

Ich fuhr mir durch das rot-schwarze Haar, hielt jedoch in der Bewegung inne als eine Dunkle Gestalt den Thronsaal betrat.
Es war einer meiner Untergebenen, Wilhelm sein Name.

Seine Statur war schlank und er war sehr hoch gewachsen.
Seine Haare hatten die Farbe des Rußes und seine Augen waren rot, wie die von jedem Vampir eigentlich.

Bezüglich seines Gesichts, so ist seines kantig und hat einige markante Züge.
Auch wenn seine Halbglatze ihn deutlich älter wirken ließ, so war er nur um ein paar Jahrzente jünger.

Normalerweise altern Vampire nicht, weshalb ich mich auch so ziemlich auf Ewigkeiten mit dem Körper eines Achtzehnjährigen begnügen musste . . . und das für eine sehr lange Zeit.

Aber genug von mir, zurück zu Wilhelm.
Er war schon immer sehr zuverlässig und galt als meine rechte Hand, trotz dem Fakt, dass er kein Reinblüter war.

Er verbeugte sich leicht vor mir.

»Sie ist aufgewacht, junger Herr.«

Sprach er dabei und brachte mir wie immer großen Respekt entgegen, auch wenn man sich über den >junger Herr< -Teil streiten konnte.

»Hat sie schon etwas gegessen?«

Wilhelm nickte zur Antwort.

»Sehr gut, du kannst gehen.«

Er hob seinen Kopf wieder, ging jedoch nicht.

»Junger Herr, ich weiß es liegt nicht in eurem ermessen wenn ich so etwas sage, aber ihr müsst euch ihrer entledigen. Ihr kennt doch das Gesetz . . .«

Mit einer lockeren Handbewegung brachte ich ihn zum Schweigen.

»Ich werde nur etwas mit ihr spielen, nichts weiter.«

Andere Leute hätten vielleicht mit >keine Sorge<, oder ähnlichem geantwortet, aber in meinem Fall waren diese Worte mehr als fehl am Platz.

Wilhelm nickte und ich schätze wieder einmal seine Fähigkeit, zwischen den Zeilen lesen zu können.
Schließlich kannte ich ihn seit fast 500 Jahren, es hätte mich auch verwundert, wenn Wilhelm mich nicht in- und auswendig kennen würde.

»Ebenfalls werdet ihr vom Löwen erwartet.«

Fügte er noch hinzu, bevor er in der Dunkelheit verschwand.

Ich seufzte, schon wieder ist dieses todanstrengende Mädchen hier.
Sie kommt und geht einfach wie es ihr beliebt, aber da sie immer meinen geliebten Wein mitbringt, kann ich sie nicht einfach vor die Tür setzten.

. . . zumindest nicht, bevor wir uns nicht noch ein- zwei Gläser gegönnt hatten.

Ich stützte mich an den Thronlehnen ab und stellte mich auf die Beine.
Was auch immer sie mir zu sagen hatte, hing bezüglich der Wichtigkeit immer von der Anzahl des Weines ab, den sie mitzubringen pflegte.

Sicheren Schrittes verließ ich den Saal und steuerte auf den Balkon meiner Residenz zu.
Dort trafen wir uns mehr oder weniger immer, um zu trinken und etwas die Seele baumeln zu lassen.

Schon lustig dass Ich es so Ausdrücke, schließlich besitze Ich nicht einmal eine Seele oder gar ein schlagendes Herz.
Dieses hatte vor viel zu langer Zeit seine letzten Schläge getan, bevor es endgültig stehen blieb und erfror.

Ein Monster zu sein hat eben auch so seine Vorteile.

Ich stieß die Balkontüre schwungvoll auf und trat nun auf diese mir allzu sehr bekannte Silhouette, die gemütlich an einem Tisch saß und ungeduldig mit den Fingern auf dem Tischrand klopfte, heran.

»Da bist du ja endlich.«

Sie drehte ihren Kopf zu mir und sah mich mit ihren grün-braunen Augen vorwurfsvoll an.

»Ich habe auch so etwas wie ein Privatleben, wenn es dir nicht entgangen ist.«

Meinte ich und setzte mich ihr gegenüber hin.
Für einen Moment sahen wir uns einfach schweigend an, bevor sie schließlich wieder das Wort ergriff.

»Du weißt, dass ich es nicht mag, wenn man Menschen ins Spiel bringt.«

Dabei schenkte sie uns aus einer Weinflasche ein.
Ich nippte kurz an dem dickflüssigen Getränk, welches einen fruchtigen Hauch besaß.

»Es vermisst sie sowieso niemand, dafür habe ich gesorgt.«

Wieder fanden ihre Augen meine, dabei hatte ihr Blick einen verärgerten Nachgeschmack.

»Ich kann das nicht gutheißen, aber wenn du es unbedingt so willst, kann ich dir auch nichts vorschreiben.«

Gab sie schließlich resigniert nach.

»Schließlich musst du dich dann darum kümmern, dass der Orden nichts mitkriegt. Ich wette, du kannst aus eigener Hand bezeugen, dass ein Sarg nicht der bequemste Platz zum schlafen ist.«

Sie exte den gesamten Inhalt ihres Glases hinunter und erhob sich zum gehen.
Es reichte nur einmal kurz die Augen zu schließen oder den Blick abzuwenden, und schon war sie verschwunden.

Rotwein und MondblumenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt