Kapitel 12

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Als ich am nächsten Tag angezogen in meinem Zimmer stehe und meine Tasche packe klopft es. Dreimal fest, einmal ganz sachte, dann nochmal fest.
«Herein», rufe ich über die Schulter und höre, wie sich die Türe öffnet.
«Hey», sagt Mike.
Ich drehe mich um. «Was ist?», frage ich.
«Na ja...», Mike schaut verlegen zu Boden, «Nach gestern Morgen habe ich im Internet nachgeschaut und... Es tut mir echt leid! Das wusste ich nicht».
Die Lap-Tops müssen wir morgen abgeben. Die Schulkrankenschwester geht die alle einsammeln, während wir Schule haben. Wenn jemand den Lap-Top nicht auf den Tisch stellt und ihn deswegen später noch hat, muss gemeinnützige Arbeit verrichten, was hier heisst, ich zitiere «einen Haufen Kacke im Garten zusammenwischen, warten bis der Wind ihn verweht hat und dann dasselbe noch mal». Ella hat anscheinend schon mehrmals gemeinnützige Arbeit verrichten müssen, allerdings aus anderen Gründen, die sie mir nicht gesagt hat.
«Ich wollte auch nicht, dass irgendjemand das weiss. Aber dann ist mir klargeworden, dass es so nicht geht. Dass sonst nie irgendjemand mich auch nur halbwegs verstehen wird oder kann», sage ich sanft.
Mike schaut auf. «Wenn du mal darüber reden möchtest...ich bin für dich da», sagt er etwas unsicher.
Ich lächle. «Danke», sage ich.
Mike scheint erleichtert zu sein. «Und nimm das, was Jake gesagt hat, nicht zu ernst. Er ist immer so, wenn jemand neues ins Internat kommt und auch sonst die meiste Zeit. Hat also nichts mit dir zu tun. Also, gut. Ich muss dann mal los. Bis später», sagt er, winkt mir zu und verschwindet dann.
Meine erste Woche hier vergeht wie im Flug. Ich habe zwar mehrfach daran gedacht, Ella nach der Fireschool zu fragen, aber dann... ich weiss nicht. Vielleicht möchte ich es ja gar nicht wissen? Vielleicht ist es deshalb so Geheimnis umwölkt, weil es etwas Schlimmes ist? Aber neugierig bin ich trotzdem. Als ich am Freitagabend einschlafe denke ich, dass es vielleicht doch schön wäre noch ein wenig zu bleiben. Nur vielleicht... Doch meine Gedanken werden vom Schlaf unterbrochen.

Ich gehe durch den Wald. Es ist still. Unheimlich still. Ich höre zu meiner Rechten ein Knacken. Ich bleibe stehen, drehe mich um. Zwei glühende rote Augen starren mich an. Durchdringend, fesseln mich gerade zu hypnotisch. Ich werde von hinten gepackt, eine Spritze piekt in den Hals. Ich spüre, wie die Flüssigkeit, die sie mir injizieren, durch die Adern schiesst, wie Feuer, das durch nichts gelöscht werden kann. So heiss, so brennend... und so schmerzend. Ich bin wie betäubt, ich kann mich nicht bewegen. Das Feuer brennt weiter in meinen Adern. Dann spüre ich, wie Zähne mir das Fleisch aus dem Körper reissen. Und es ist ihnen egal, dass ich noch bei Bewusstsein bin. Das ich all das fühle. Ich beginne zu schreien.

Schweiss überströmt wache ich auf.
Eine kühle Hand ist auf meiner Stirn.
„Sch. Alles ist gut. War nur ein Traum", sagte eine Jungenstimme.
Jungenstimme? Ich schlage die Augen auf. Neben mir liegt ein Junge und schaut besorgt auf mich hinab.
Ich rapple mich auf und krieche rückwärts, schlinge die Decke ganz fest um mich.
Der Blick des Jungen wird kalt, beherrscht. Ganz plötzlich.
„Wer bist du?", frage ich.
„Das sollte ich eher dich fragen. Du bist schliesslich in MEINEM Zimmer", erwidert der Junge.
„Also bist du Ti?", stelle ich fest, „was hast du auf meinem Bett zu suchen?".
„Du hast schlecht geträumt", erwidert der Junge – Ti –, „Und ja ich bin dein Mitbewohner. Dachte, ein bisschen nett sein kann nicht schaden»
„Ich habe schlecht geträumt? Was du nicht sagst. Das tu ich jede Nacht. Und das heisst nicht, dass ich einen Jungen bei mir im Bett brauche...". Ich spüre, wie ich knallrot anlaufe. Das war jetzt vielleicht etwas unglücklich gesagt.
„Na, dann. Ich würde ja sagen, dass es mich freut, dich kennenzulernen. Aber ich lüge nicht gerne", sagt Ti und steht auf.
Das hat gesessen. Es tut weh. Irgendwie. Obwohl ich diesen Jungen nicht kenne, noch nie gesehen habe.
Ich krieche wieder auf mein Bett und ziehe alle Vorhänge des Bettes zu.
Dann schlafe ich wieder ein. Dieses Mal habe ich keine Albträume mehr.


//Hey:)
Wie findet ihr meine Geschichte bis jetzt so? Wäre echt froh über Rückmeldungen...
lg

Tanze im Feuer, das Wunder des LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt