Kapitel 14

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Den Weg zum Schulgebäude lege ich heute alleine zurück. Ella meinte, sie hätten eine Besprechung. Ich bin irgendwie schon beleidigt und frage mich, was los ist. Was habe ich falsch gemacht? Wollen sie einfach nicht mit mir zusammenhingehen? Oder wieso sollten sie es mir sonst nicht sagen können?
„Amelie", höre ich eine Stimme hinter mir rufen. Ich drehe mich um und stelle überrascht fest, dass Ti mich gerufen hat. Er kommt auf mich zu. Oh nein, bloss nicht!
„Wie ich sehe, hast du keine Ahnung", sagt er trocken, als er bei mir angelangt ist.
„Von was habe ich keine Ahnung?", entgegne ich genervt. Ti sieht mich nur an, als wäre ich bekloppt oder so.
„Langsam nervt es echt! Alle tun so als wäre ich irgendwie total bescheuert oder so. Leck mich doch", sage ich wütend und stapfe davon. Ti holt mich wieder ein.
„Bleib stehen", sagt er, seine Stimme hört sich fast bittend an.
„Und wieso? Hat vielleicht endlich jemand die Güte, mir etwas zu sagen?", fauche ich.
„Deine kleine Mörderfreundin scheint dich ja ganz schön abserviert zu haben", meint Ti und grinst böse. Ja, ich weiss, es klingt bescheuert, aber anders kann ich es nicht beschreiben.
„Ja, nachdem sie mir etwas von Wächter, Seguidors und einem Mal erzählt hat, wollte sie mir nicht die Spannung nehmen", erwidere ich wütend.
„Ein Mal? Hat sie gesagt, du hättest eines?", fragt Ti, plötzlich ziemlich interessiert. Zu interessiert.
„Was hab ich davon wenn ich es dir erzähle? Dass du dann auch so rätselst? Oder dass du danach noch fieser bist?", frage ich und schau ihn durchdringend.
„Ich werde dir alles erzählen", sagt Ti seufzend, „Aber nicht hier und nicht jetzt. Ich will nicht, dass die Wächter davon hören. Sie halten nicht viel von mir. Glaub mir, es ist auch für dich besser, wenn sie nichts davon wissen. Allerdings... Ella und Jake werden nicht dagegen haben. Ihnen kannst du vertrauen".
„Wann dann? Und was meinst du damit, dass ich ihnen vertrauen kann?", frage ich, immer noch weitergehend.
„Heute Abend? 20 Uhr, im Keller zwei", erwidert Ti, „Ich werde dir einen Teil erzählen. Was es mit der School of Fire&Shadows auf sich hat. Soweit ich es erzählen kann. Für mehr bist du noch nicht bereit. Aber du erzählst mir alles, was deine Mörderfreundin dir erzählt hat über das Mal. Und mit vertrauen? Sie halten wie ich nicht sonderlich viel, von dem Streit. Eine lange Geschichte, die dich nichts angeht. Aber ich vertraue ihnen gut genug, dass ich sagen kann, dass sie es nicht schlimm finden würden, wenn ich dir etwas erzähle. Und Ella... vergiss es einfach. Mit Mörder. Also, was weisst du jetzt?".
„Naja, sie hat gesagt, ich besässe es, aber sie seien sich nicht sicher, ob ich zu ihnen gehöre", sage ich unsicher, aber erfreut über die Zustimmung von Ti, mir alles zu erzählen.
„Was?", entfährt es Ti und er sieht mich entsetzt an. Oder nein, nicht entsetzt. Das ist es nicht. Es ist schwierig zu sagen. Ich denke, verwundert würde auch gehen. Verwundert, aber schon auch in die Richtung entsetzt.
„Kann ich mal dein rechtes Schlüsselbein sehen?", fragt er nach einem langen Schweigen. Ich schaue ihn verwundert an, doch er bedeutet mir, keine Fragen zu stellen. Also gebe ich nach und lasse mein T-Shirt über die rechte Schulter fallen.
Ti kommt näher. „Darf ich?", fragt er und berührt sanft mein Schlüsselbein mit seiner linken Hand. Ein höllischer Schmerz durchfährt mich und ich krümme mich zusammen. Ti zieht seine Hand wieder zurück und seine Miene verhärtet sich.
„Du hast es wirklich", sagt er kalt und geht weiter in Richtung Schule. Da ich immer noch die Nachwirkungen der Schmerzen spüre, bleibe ich noch eine Weile stehen.
Ich will gerade weitergehen, als Ella kommt. Mit Jake, Ey, Mike Olivia und Noah im Schlepptau.
„Ist was?", fragt Ella und schaut mich besorgt an. Ich schüttele den Kopf.
„Schaut mal. Da vorne ist Ti", sagt Jake und deutet auf die kleiner werdende Gestalt vor uns.
Ella schaut ihm nach und sagt dann: „Wir hatten eine Auseinandersetzung. Heute Morgen. Er glaubt immer noch, dass wir sie umgebracht haben".
„Dieser Dummkopf", sagt Jake kopfschüttelnd und sein Gesicht wirkt auf einmal seltsam verletzlich, so als würde er sich an einen alten Schmerz erinnern. Auch die anderen sind plötzlich beunruhigend still. Schliesslich sagt Ella, die sich am schnellsten wieder unter Kontrolle hat: „Kommt, die Schule fängt gleich an".
Die anderen scheinen aus ihrer Starre zu erwachen und setzen sich in Bewegung, sind aber so aufgewühlt, dass ich mich nicht traue, sie zu fragen, was los sei.

Tanze im Feuer, das Wunder des LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt