Kapitel 10 - Suche

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Das Fieber musste mein Hirn nachhaltig geschädigt haben, denn trotz der vergangenen Erlebnisse, hatte ich mich nur eine Woche nach Kuro's Abschied, dazu entschlossen ihn zu suchen. Warum? Ich habe keine Ahnung. Aber ich wusste, dass ich mehr über die Menschen wissen wollte, die die Neko auf so grausame Weise folterten. Aus dem verlassenen Hof hatte ich alle Unterlagen eingesammelt und auf meinen Laptop übertragen, in Archiven der umliegenden Städte glich ich die Daten aus den Aktenordnern ab. So hatte ich ein paar spärrliche Informationen erhalten, die mich hoffentlich weiter brachten. Die Spur führte mich ins 600km entfernte Kyoto, weshalb ich in einem Zug auf dem Weg dorthin war. Dort sollte noch ein Mann leben, der einer der letzten Nekohalter war und obwohl er bereits sehr alt sein musste, erhoffte ich mir ein paar informationen von ihm.

Es wär spät geworden, als ich in Kyoto ankam, auf dem Weg ins Hotel machte ich mir schon mal einen Plan für den kommenden Tag. Welche Fragen sollte ich dem Mann stellen? Wäre ich zu direkt, würde er möglicherweise abblocken und so erführe ich dann gar nichts. Stellte ich aber zu wenige oder die falschen Fragen, käme ich nicht weiter auf meiner Suche, denn nur wenn ich begann die Geschichte hinter den Neko zu verstehen, konnte ich auch Kuro selbst verstehen und ihn dann auch hoffentlich finden. Meine Nacht war kurz, richtig ausgeschlafen hatte ich schon lang nicht mehr. Ich ließ es mir nach aussen nicht anmerken aber ich litt fürchterlich unter der einsamkeit, nur die tiefen Augenringe waren Zeugen meines Schlafmangels. Relativ früh am Morgen war ich aufgebrochen, hatte es eilig, jeder weitere Tag bescherrte Kuro einen unglaublichen Vorsprung. Aus meinen Papieren ging hervor, dass Herr Tanaka, Kuro's erster Besitzer war. Er hatte sich an ihm vergangen, dass wusste ich und es ekelte mich, mit ihm sprechen zu müssen um weiter zu kommen, aber alle anderen waren mitlerweile tot oder so dement, dass ich wohl kaum eine Antwort erhalten hätte. So blieb mir keine Wahl.

Das Klingelschild verriet mir, dass ich richtig war, einmal tief durchatmend drückte ich den Knopf neben der Tür. Ein schriller Ton durchbrach die morgendliche Ruhe und wenig später wurde mir die Tür geöffnet. Eine junge Frau, kaum älter als ich stand vor mir. "Sie sind sicher die junge Dame die mit Herrn Tanaka sprechen möchte, treten Sie ein, er erwartet Sie bereits." Der alte Mann lag in einem großen Bett, angeschlossen an einige Geräte und einem Tropf, machte er einen sehr schwachen und kranken Eindruck, als er jedoch seine Stimme erhob schob ich diesen Gedanken zur Seite. "Yuki hol der jungen Frau ein Wasser. Kommen Sie, setzen Sie sich." Ich tat wie befohlen und knetete etwas nervös meine Hände. "Sie haben mir am Telefon gesagt, Sie hätten fragen aus meiner Jugend. Nur zu Kindchen und nicht so schüchtern, ich beisse nicht."

Ich druckste ein wenig herum, traute mich letztlich doch nicht zu fragen und blieb still. Gerade als er etwas sagen wollte, kam Yuki zurück und übergab jedem ein Glas Wasser. Ich nahm einen Schluck, blieb aber weiterhin ruhig. Nachdem auch Herr Tanaka sein Glas abgestellt hatte, seufzte er. "Du bist wegen ihm hier oder? Er sagte mir bereits, dass du vermutlich hier auftauchen würdest. Der junge wusste genau, dass du so klug bist, dass ist schon lustig findest du nicht? Kuro scheint dich gut zu kennen." Mit aufgerissenen Augen sah ich ihn an, konnte erst nicht klar denken. "Er...er war hier? Bei Ihnen?" Sein lachen war laut und durchdringend. "Ja das war er. Wir haben uns lang unterhalten weisst du. Ich bin ein alter Mann und bereue mitlerweile so einiges, dazu gehört auch mein Verhalten Kuro und anderen Neko gegenüber."

Er bereute? Was hatte Kuro denn hier gewollt? Ich war gerade einfach viel zu verwirrt um einen vernünftigen Satz hervorzubringen, so sah ich Herrn Tanaka einfach nur an, mit aufgeklapptem Mund und fassungslosem Blick. "Weisst du liebes, das war eine andere Zeit. Jetzt bin ich alt, dem Tode näher als dem Leben, dennoch kann ich sehen, was du von mir denkst. Auch wenn das sicher nichts entschuldigt, aber ich kann dir versichern ich war immer vorsichtig, habe versucht sie nicht zu verletzen." Nun reichte es mir, was sagte der alte Mann denn da?

"Was reden Sie? Sie nicht verletzen? Sie haben Sie gebrochen, jeden einzelnen. Sie waren alle noch Kinder. Ich werde jetzt gehen, ich ertrage das hier nicht länger." Sofort hatte ich mich erhoben und war bereits an der Tür als der alte Mann mich zurück rief. "Kindchen warte, du suchst ihn oder? Du hast ihn gern obwohl du weisst was er getan hat? Warum verurteilst du mich aber nicht ihn?" Tja das konnte ich auch nicht sagen, noch während ich darüber nach dachte, sprach er weiter. "Er wollte von hier aus direkt weiter nach Norden in sein Heimatdorf es heisst Yumichi, dort findest du ihn sicher. Pass gut auf ihn auf, er ist etwas besonderes und nun geh."

Neko - Wie ein Tag mein Leben VeränderteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt