Kapitel 3 - Geschichten

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"Also gut, dann ist es also 105 Jahre her. Ich war gerade 17 Jahre alt geworden und sollte an neue Besitzer verkauft werden. Für die alten Besitzer war ich wohl zu alt geworden. Es war eine lange Reise, die viele meiner Leidensgenossen nicht überlebten, oder nur als ein Schatten Ihrer selbst.

Ich habe nicht vor dir alles über mich zu verraten, deshalb werde ich jetzt hier einiges überspringen, dass ist für dich allerdings auch nicht von belang. Nun ich hatte mich mit meinen Besitzern, trotz der harten Strafen, angelegt und sollte nun an einen alten Mann verkauft werden, er suchte einen Neko für die Arbeit auf einem kleinen Bauernhof hieß es. Hier angekommen stellte ich allerdings fest, dass der alte ein pansionierter Wissenschaftler war und meine Artgenossen gern für Experimente benutzte.

Für mich hatte er sich wohl besonderes ausgedacht, denn wie du unschwer erkennen kannst, bin ich ab einem bestimmten Punkt nicht mehr gealtert. Zwei Tage nach meinem 29. Geburtstag erhielt ich eine Spritze, sie verursachte unglaubliche Schmerzen, über Tage hinweg. Ich weiss nicht wie lang ich so vor mich hin vegetierte, aber eines Tages ging der alte Mann aus dem Keller heraus und kehrte nicht wieder. Der Hof wurde geplündert, die Räuber nahmen alles mit, auch alle mit gefangenen Artgenossen, nur mich liessen sie jedes mal zurück, nachdem sie die Aufschrift vor meinem Käfig gelesen hatten. Als nach langer Zeit niemand mehr aufgetaucht war und ich begann zu hungern, riss ich die Ketten los, entkam aus meinem Käfig und erhoffte mir die Freiheit.

Die Tür hinter dir jedoch, hielt mich davon ab. Sie ließ sich einfach nicht öffnen, egal was ich versuchte. Um es kurz zu halten, immer mal wieder schafften es Käfer, Ratten und Mäuse hier herein von denen ich mich ernährte, die Experimente sorgen offenbar noch heute dafür, dass ich nicht gänzlich zerfalle."

Die ganze Zeit über hatte ich aufmerksam zugehört, auch wenn ich nicht glauben konnte, was ich da hörte. Es gab also Menschen, die von Wesen wie ihm wussten und sie hatten sie offenbar lange versklavt, benutzt. Ohne es zu merken waren Tränen in meinen Augen aufgestiegen und liefen nun meine Wangen herab. Den Kopf hatte ich gesenkt, schämte ich mich doch sehr, für das was die vergangenen Generationen ihm und den anderen angetan haben mussten. "Komm, ich möchte dir etwas zeigen." Ich stand ohne zögern auf und folgte ihm in den Keller, des alten Herrenhauses. Vor einem der Käfige mit geöffneter Tür blieb er stehen, alles war bereits vor langer Zeit verrostet und sah so aus, als würde es bei jeder berührung zerfallen. Der fremde zeigte auf den Käfig also trat ich näher heran. Ein wohl ehemals weißer Zettel, schon sehr mit genommen, hing an der Käfigtür.

>>Kuro, geboren 1894 in London, England

Ehemaliges Zuchttier, aggressiv, körperlich stark

geplante Euthanasie 1924<<

Immer und immer wieder laß ich die Zeilen, es klang wie bei einer Laborratte, war er doch aber zumindest zum Teil ein Mensch und selbst Experimente an Ratten, Hasen oder anderen fand ich grausam und sinnlos. So erfasste mein Verstand nur langsam, was er die ganze Zeit hatte ertragen müssen.

Er hatte ruhig hinter mir gestanden, drehte sich jetzt allerdings um und ging zurück ins Erdgeschoss, erst nach einiger Zeit folgte ich ihm. "Da du mich nun befreit hast, steht es dir frei über mich zu entscheiden, ich kam auf die Welt als Sklave und so ist es meine Pflicht dir zu gehorchen, dir treu zu dienen bis zu meinem Tode oder meinem Verkauf." Er sprach fest und überzeugend aber sein Körper sprach Bände, es war ihm zu wider dies zu mir zu sagen, aber mir war bewusst, dass die Jahrzehnte dauernde Sklavenhaltung ihn zwang so zu reden. Entschlossen schüttelte ich den Kopf und entdeckte Verwunderung in seinem Blick. "Sie sind frei, Sie können gehen wohin Sie wollen, Ich habe nicht vor Sie zu halten, wie Vieh." Bei jedem meiner Worte wurden seine Augen größer aber er erwiderte nichts. Erst jetzt fiel mir auf, wie müde ich doch war, es war ja auch ein sehr langer und vor allem Ereignisreicher Tag gewesen.

Neko - Wie ein Tag mein Leben VeränderteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt