Drunk

Kapitel 3

,,Hey, ich muss erst deinen Ausweis sehen", höre ich eine Stimme sagen. Es war aber nicht irgendeine Stimme, sie war wie Honig. Emily.

Ich drehe mich um und blicke in Ihre Augen. Jetzt fällt mir auf das ich gestern im Unrecht war. Ihre Augen sind nicht Meerblau, sondern Himmelblau. Heute hat sie ihre Haare zu einem Zopf hochgebunden und durch ihre Stufen hängen ein paar Haarsträhnen heraus, was ungeheuer süß aussieht.
,,Nick",erkennt sie plötzlich und fängt an zu lächeln.
,,Hi", grinse ich nur und nehme mir schnell eine Schachtel Zigaretten um mich ihr ganz zu zuwenden.
,,Du kennst sie?",fragt Ash verblüfft und sieht zwischen mir und ihr hin und her.
,,Ja, wir kennen uns",sage ich und gucke meinen Freund an, damit er sich verzieht.
Ash grinst nur wieder blöd und geht natürlich extra nicht. Wichser.
,,Wann habt ihr euch denn kennengelernt, und wieso hast du mir diese Schönheit nicht schon eher vorgestellt?", provoziert er mich und ich sehe wie sich Emily verlegen Haare hinter die Ohren streift.
,,Gestern und weil du sie nicht kennenlernen brauchst", ich versuche mich zu beherrschen und ihm nicht vor Emily eine reinzuhauen.
,,Ah, deswegen bist du gestern nicht mehr auf die Party..", stellt er mit übertriebenen Ton fest und es wird Emily unangenehm.
,,Wegen gestern, es tut mir wirklich so leid. Ich wollte wirklich nicht das so etwas passiert"
,,Was denn?", Ash wölbt eine Braue.
,,Zieh leine, Ash", knurre ich und dieses Mal geht er wirklich, während er sich einen ablacht.
,,Es tut mir echt leid", wiederholt sie sich und ich verdrehe die Augen, damit sie aufhört.
,,Es ist doch alles in Ordnung, hör auf dich zu entschuldigen"
,,Geht es dir gut?", ihre klare Stimme klingt besorgt und das mag ich nicht.
,,Ja"
,,Du solltest wegen deinem Gesicht zum Arzt gehen", meint sie, aber ich lehne ab.
,,Nein, ist nicht der Rede wert. Ich bin abgehärtet", hätte ich das lieber nicht sagen sollen?
,,Oh", murmelt sie und scannt dann die Zigaretten ab. ,,Ich brauche immer noch deinen Ausweis" Nun ist ihre Stimme kühl, was mir wiederum auch nicht gefällt.
Ich reiche ihr meinen Ausweis entgegen und gleich die 10€ um es zu bezahlen.

------------------------------------------------

Emily

Ich nehme das Stück Plastik in die Hand und mustere es wahrscheinlich zu genau.
Niclas Brave , also. Ich lächel leicht als ich sein Passbild entdecke. Er sieht unglaublich gut aus. Diese Smaragdgrünen Augen in den ich mich für Stunden verlieren könnte und dazu diese dunkelbraunen, dichten Haare. Gestern im Laternenlicht habe ich gedacht das er schwarze Haare hat, aber sie sind einfach nur sehr dunkel. Dann noch diese Tattoos, welche unter seinen Ärmeln und an seinem Kragen hervorragen, sie stehen ihm unausstehlich gut und ich könnte bei seinem Anblick schmelzen. Er hat markante Gesichtszüge und sieht dadurch schon ein, zwei Jahre älter als 18 aus.
Erst jetzt bemerke ich, wie ich ihn aufeinmal angestarrt habe, anstatt dem Bild und kassiere lieber schnell ab. Sein schiefes Lächeln versichert mir, das er es gemerkt hat, aber wohl nicht schlimm findet. Dennoch ist, während ich das Wechselgeld aus der Kasse sammel, ein peinliches Schweigen entstanden. Obwohl er gar nicht so wirkt, als ob ihm irgendetwas peinlich sein könnte.
,,Es wurde Zeit das du mit ihm Schluss gemacht hast", sagt er und wie seine Stimme diese Stille bricht versetzt mir Gänsehaut.
Er klingt wie eine Winternacht, denn seine Stimme ist warm, wie ein Kaminfeuer, welches man angezündet hat um sich wärmen und das tut es auch, seine Stimme wärmt, aber es ist eine gewisse Unruhe dabei, die rau und tief in einer Art Schneesturm zum Vorschein kommt. Es ist eine unfassbare Mischung, nach der ich lechtze.
Doch seine Aussage verpasst mir einen Stich.
,,Oh nein, so ist es nicht. Er hat mit mir schluss gemacht",stelle ich klar und er scheint verwirrt.
,,Was?",lache ich. Vielleicht auch ein wenig um meine Unsicherheit zu überspielen.
,,Ich verstehe nur nicht wie du mit ihm zusammen sein konntest"
Ich verstehe es ja selbst manchmal nicht.
,,Ich liebe ihn"
,,Das glaube ich dir nicht"
Und er hat recht. Ich liebe Ray nicht und habe es nie. Selbst weiß ich auch nicht was mich an ihn gefesselt hat. Ich schätze ich brauchte jemanden, der die Dinge anpackt. Aber Ray hatte darunter etwas anderes verstanden.
,,Ich habe recht, hm?", sagt er als ich stumm bleibe und ich nicke zögerlich.
,,Ich verstehe dich nicht. Du hättest jeden anderen haben können"
Ich versuche mein freudiges Grinsen zu unterdrücken und gucke stattdessen striaght in seine Augen.
,,Achja?"
,,Ja"
,,Mhm", grinse ich verschämt und er kratzt sich unbeholfen am Nacken. Eine Geste, die bei ihm so heiß aussieht, das ich direkt meine Konzentration verliere.
,,Nick, kommst du?", ruft sein Kumpel Ash ungeduldig in den Laden, Niclas nimmt seine Sachen und schmunzelt mir ein letztes Mal schief zu, bevor er geht.
Er hinterlässt einen Geruch, der aus einer Kombination von Seife und Pfefferminzkaugummi besteht, und ich kann nicht beschreiben was es in mir auslöst. Irgendwie mag ich diesen Geruch, er beruhigt mich auf eine Weise, die ich zuvor noch nicht kannte.
Tief nehme ich diesen Geruch in mir auf und versuche ihn im Kopf zu behalten. So im Nachhinein rieche ich noch etwas wie Tannennadeln, etwas frisches, herbes, etwas was hängen blieb.
W

erde ich ihn wieder sehen? Ich muss, ich muss. Ich will bei seinem Anblick dahin schmelzen und unter seinem Geruch zergehen. Hätte ich ihn doch nur nach seiner Nummer gefragt.
Moment mal. Ist er Single? Bestimmt hat er eine Freundin, wieso sollte so jemand auch keine haben.
Ich seufze deprimiert, arbeite meine Zeit an der Tankstelle ab und übergebe dem Mann mittleren Alters die Schlüssel, damit er die nächste Schicht übernimmt.
Der Job lohnt sich kaum, aber ich brauche das Geld dringend.
Ich begab mich nun auf den Weg nach Hause, es ist gerade mal Mittag, so habe ich wenigstens noch etwas von dem Tag.
Normalerweise wäre ich jetzt zu Ray gegangen, wir hätten ein wenig rumgehangen, ferngesehen oder so etwas in der Art. Irgendwie schmerzt der Gedanke, das er nicht mehr in mein Leben gehört. Es hört sich bescheuert an, aber ich vermisse ihn, nicht weil ich ihn geliebt habe, sondern weil er ein guter Freund war.
Denn das war er wirklich. Er hat mich nicht so schlecht behandelt, wie man denken mag. Es ist angenehm mit ihm Zeit zu verbringen, wenn man mit ihm alleine ist. Unter seinen Kumpels ist er wie ausgetauscht und ich kann nicht bestreiten, dass er dann ein kompletter Arsch ist.
Vielleicht könnte ich Ray zurück gewinnen, nicht als Partner, ich meine als Freund.