Kapitel 9

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,,Ich habe noch ganz andere Dinge mit dir vor!"

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Niclas

,,Dann wärst du aber schön doof", sage ich zu Matt, der sich unbeholfen am Nacken kratzt und sich etwas verkneift.
,,Sag es schon", grinse ich, weil ich weiß was er verschweigt.
,,Ich bin nicht doof, ich hab 'n 1,2 Durchschnitt", murmelt er. Er hasst es einfach sowas zu sagen, er hasst es, sich in den Mittelpunkt zu stellen oder sich selbst zu loben.
,,Streberschlampe",ich verschenke die Arme vor der Brust ,,Du bist so arrogant geworden, ich gehe. Ganz ehrlich"
Die Aussage trieft nur so von Sarkasmus und Matt tritt mich mit seinem Fuß vom Bett.
,,Ich hasse dich", lacht er leise, um seine Eltern nicht zu wecken.
Ich lege mich mit den Rücken auf seinen Boden und starre an die Decke.

,,Dann werde ich wohl nach England", sage ich nach kurzem Nachdenken.
,,Als ob das so viel billiger ist"
,,Ja die Colleges sind dort nicht so teuer", erkläre ich, ich brauche ja einen Plan B.
,,Ich werde dich vermissen, wenn du wirklich nächstes Jahr verschwindest"
,,Ich dich auch, man"
Es entsteht eine Stille und wir beide schlafen ein.

Am nächsten Morgen wache ich früh durch den verstärkten Kater auf und reibe mir die Schlefen.
Scheiße, mein Rücken ist am Arsch. Gestern Nacht schien der Boden viel komfortabler.
Meine Handyuhr verrät mir, das ich gerade mal 4 Stunden geschlafen habe. Und da Matt immer noch schnarcht, wie ein Presslufthammer, verziehe ich mich leise aus seinem Zimmer und will am liebsten noch verschwinden, bevor mich seine Eltern erwischen.
Aber nichts da.
In Niclas Braves Leben läuft doch nichts so, wie er es gerne hätte.

,,Guten Morgen Misses Mccollins",murmel ich noch müde und reibe mir beschämt den Oberarm.
,,Niclas, was für eine Überraschung. Hast du hier geschlafen?"Ich nicke.
,,Na dann, hoffe ich das wir uns bald wiedersehen", ihr Lächeln ist so aufrichtig und freundlich ,, Grüß doch bitte deine Eltern von mir, ja?"
,,Ja, mache ich. Bis dann Misses Mccollins", ich schmunzel noch einmal und gehe nachdem sie gewunken hat.
Jeder aus Matts Familie ist einfach wie er. Selbst sein kleiner Bruder versucht schon allen zu helfen und der ist drei.
Vielleicht sollte ich mir von denen Mal Nachhilfe geben lassen.

Zu Hause knalle ich extra laut die Haustür hinter mir zu und in der Küche höre ich etwas auf den Boden fallen.
,,Nick?", höre ich meine Mutter und ich betrete den Raum, woher die Stimme kam.
Auf dem Boden liegt ein Pfannwender, den ich ihr aufhebe. Dankend nickt sie und spült ihn mit Wasser ab.
Sie sieht fertig aus, als hätte sie die restliche Nacht nicht mehr geschlafen.
,,Ist Thomas arbeiten?",breche ich die Stille und meine Mutter nickt wieder nur.
,,Mum, ich weiß das du enttäuscht bist", murmel ich, aber sie dreht mir den Rücken zu und wendet den Pfannkuchen in der Pfanne.
,,Willst du mich jetzt ignorieren?", Ja, das hat sie wohl vor.
,,Mum, komm schon.."
Stille.
Also verlasse ich die Küche und gehe rauf in mein Zimmer. Ist mir doch egal ob Mum mit mir redet. Wenn sie nicht will, muss sie nicht. Mir schnuppe!

,,Niclas? Willst du nicht wenigstens etwas essen?"
Oh, sie hat doch noch Stimmbänder, aber bitte, dieses Spiel kann ich auch spielen.
Ich bleibe stumm.
Trotzdem würde ich mir liebend gerne eine Aspirin nehmen, doch die liegen im Wohnzimmer.
Genervt stöhnend gehe ich die Treppe wieder runter, schnappe mir die Tabletten aus der Schublade, betrete die Küche, in der immer noch meine Mutter steht und fülle mir ein Glas mit Wasser.
,,Also, willst du?"
,,Nein, Mum", murre ich und schlucke die Tablette.
,,Was belästigst du mich jetzt mit deiner schlecht Laune? ", seufzt sie und stapelt die Pfannkuchen auf einem Teller.
,,Ehm? Du hast mich ignoriert", stelle ich klar und ohne das sie sich umdrehen muss, sehe ich sie die Augen verdrehen. Das tut sie sehr oft, ich auch.
,,Ehm?",äfft sie mich nach ,,Ich habe einen Grund dazu"
,,Ich wollte mich ja entschuldigen!",beteuere ich und sie wendet sich zu mir.
,,Nick, es reicht mir langsam mit dir. Ich weiß das deine Kindheit miserabel war, und ich habe mich tausendmal entschuldigt. Kannst du jetzt endlich mal damit abschließen und ein stinknormaler Sohn sein? Ich kann deine Entschuldigungen nämlich langsam nicht mehr hören", sie tadelt mich, aber ihre Stimme hat etwas verzweifeltes.
Wow, jetzt bin ich baff. Meine Mutter muss echt gestresst sein. Nie hat sie mir das so an den Kopf geworfen.
Weil ich ein verdammter Arsch bin, werte ich ihre klare Aussage mit einem Schmunzeln ab.
,,Ich verliere die Geduld", murmelt sie und trägt den Teller ins Wohnzimmer. Ich folge ihr.
,,Was denkst du denn? Das ich es einfach so vergessen kann?!"
Schwungvoll dreht sie sich zu mir um und in ihren Augen sehe ich Tränen, die sie unterdrückt.
,,Glaubst du ich hatte es damals leicht?",schreit sie ,,Nein! Aber ich habe weitergemacht, deinetwegen. Ich habe mich aufgerapelt und versucht dir wieder ein normales Leben zu ermöglichen", sie wischt sich Tränen aus dem Gesicht.
Scheiße, nur früher habe ich sie so schrecklich weinen sehen.
,,Ich habe das Gefühl du siehst es nicht mehr. Ohne dich verletzen zu wollen, aber du bist ein selbstbezogener, egoistischer Mensch geworden, und ich weiß ehrlich nicht wie es dazu gekommen ist"
Sie hat recht, sie hat verdammt nochmal recht.
Aber die Antwort liegt doch auf der Hand.
,,Du bist so kalt", sagt sie schluchzend und legt ihre Hand auf meine linke Brust. Ich mustere sie nur.
,,Wo ist mein alter Nick hin?"
,,Mum..",murmel ich, damit sie endlich aufhört.
,,So lange hast du mich nicht mehr umarmt", sie kann gar nicht aufhören zu weinen.
Nie habe ich gedacht das sie das so verletzt.
,,Hast du mich denn nicht mehr lieb?"
,,Mum, hör jetzt auf", ich nehme ihre Hand von meiner Brust und entferne mich einen Schritt.
,,Du entfernst dich, nicht nur körperlich, sonder seelisch. Du entgleitest allen die dich lieben"
,,Achja? Und wer soll das bitte sein?!"
,,Ich, Thomas.."
Ich lache als sie den Namen meines Stiefvaters ausspricht.
,,..deinen Freunden", fährt sie fort.

Aber je länger sie weiter redet, desto mehr verschließe ich mich.

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