Kapitel 18

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Meine Brust zieht sich zusammen.
Keinen Schritt wage ich und es klingelt erneut.

Nun höre ich es an der Tür klopfen und ich gehe langsam runter.
,,Wer ist da?", Meine Stimme zittert unbeabsichtigt und als ich die Stimme der Person vor meinem Haus höre kann ich endlich ausatmen.
Sofort greift meine Hand nach der Türklinke und Nick steht vor mir.
Er ist verwirrt, weil ich so aufgewühlt bin.
,,Emily, alles in Ordnung?", fragt er und kommt einen Schritt auf mich zu. Ich nicke nur zögerlich und schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter.
,,Ja, ja es ist alles in Ordnung", wiederhole ich seine Worte, um es mir selbst noch einmal weiß zu machen. Es ist alles in Ordnung.
Mit einem Griff halte ich meinen Parker in der Hand und schließe die Tür hinter mir. Ich stehe so nah vor ihm auf der Veranda und obwohl die Herbstluft eiskalt ist, wird mir ungeheuerlich warm.
Meine Wangen scheinen zu erröten, ich sehe es ihm an, dass er es bemerkt hat.
Anstatt darüber zu witzeln nimmt er mir den Mantel aus der Hand und hilft mir hinein.
,,Danke", lächel ich beschämt und wir gehen durch meinen Vorgarten auf den Fußweg.
,,Du siehst toll aus", schmunzelt er beim gehen zu mir rüber und irgendwie habe ich das Gefühl das er lügt. Keine Ahnung woran ich das fest mache.
,,Nah, sag das nicht", warne ich, stecke meine Hände in meine Jackentaschen und starre beim gehen auf meine Füße.
,,Wieso nicht?", Fragt er und lacht. ,,Warum darf ich dir kein Kompliment machen?"
Er wirkt belustigt und ich muss auf sehen, damit ich diese Grübchen sehen kann, die sich bilden, wenn er mich anlächelt und dann noch die Grünen Augen, die mich so ehrlich anstrahlen. Wie konnte ich nur denken das er gelogen hat?
Als Antwort zucke ich mit den Schultern. ,,Ich kann nicht mit Komplimenten umgehen, sie fühlen sich wie Lügen an"
Das ist die Wahrheit, so denke ich nun mal darüber. Über die Art und Weise wie mich andere sehen.
Ich sehe im Augenwinkel wie er die Augen verdreht.
,,Du bist hübsch. Du solltest das eigentlich wissen", spricht er zu mir runter und ich bleibe stumm. Was soll ich schon dazu sagen?
Es gibt vieles, was ich an mir ändern möchte. Sehr vieles. Nein, ich bin nicht so hübsch wie er mich findet.
Ein kitzelndes Pieken in die Seite weckt mich aus der Trance.
,,Hey!", mecker ich und schubse ihn von mir weg.
,,Du bist also kitzelig, ja?", Fragt er mit einem teuflischen Grinsen im Gesicht und einer gewölbten Braue und ich schüttel den Kopf.
,,Neeein?", murmel ich und er lächelt nur noch breiter.
,,Notiert.", Sagt er und ich seufze. Ich weiß was mir dann manchmal bevor stehen könnte, aber eigentlich finde ich es nicht schlimm. Es verspricht mir Körperkontakt mit ihm, und das ist eine Sache, die ich unbedingt will.

Wir schlendern durch den Park und es ist Still. Nicht unangenehm, wir genießen einfach, ehe ich zu ihm aufsehe.
,,Geht es dir besser?" Er sieht mich fragend an, offensichtlich weiß er nicht, wovon ich rede.
,,Wegen..Ray, du -", er unterbricht meinen zögerlichen Versuch irgendetwas davon herauszubekommen.
,,-Emily, mir geht es gut. Du machst dir unnötig Sorgen und gibst dir unnötig die Schuld dafür. Und jetzt widersprich nicht, ich weiß das du das tust"
Ich nicke nur und schaue auf meine Füße ,,Wessen Schuld ist es dann, wenn nicht meine?"
Er verdreht schon wieder die Augen. Ich mag es nicht wenn er das tut, es ist so eine kühle Geste.
,,Reden wir über irgendetwas anderes?"
Ich nicke wieder nur.
Und dann ist es wieder still. Ich hätte das Thema vielleicht nicht ansprechen sollen, aber warum er jetzt so reagiert ist mir auch nicht erklärbar.
,,Tut mir leid", bringe ich nach einiger Zeit hervor und schon wieder verdreht er die Augen, bleibt stehen und packt mich vorsichtig an den Schultern.
,,Hör mir zu. Du trägst keine Schuld und musst dich auch nicht für alles entschuldigen, es ist alles in Ordnung. Okay?"
Sein Gesicht kommt meinem dabei so nahe, dass mir die Luft weg bleibt.
,,Okay", hauche ich trocken und sehe ihn an. Seine wunderschönen, grünen Augen und die dunklen, dichten Wimpern die diese umgeben. Ich könnte ihn Stunden so ansehen. Das ist alles was ich will.
Doch er räuspert sich und geht weiter. Ich brauche hin gegen eine Weile mich zu fangen und folge ihm schließlich wieder.
In mir brodelt das Bedürfnis ihn nach seinem Vater zu fragen, aber ich will ihn nicht reizen, also beschließe ich, einfach den Mund zu halten.
,,Wieso hast du mir geschrieben?", Frage ich ihn stattdessen und wieder blickt er zu mir runter, seine Augen haben ein wenig am strahlen verloren.
,,Weil ich Zeit mit dir verbringen wollte?", Er runzelt die Stirn, doch ich sehe nicht mehr zu ihm auf.
,,Wieso redest du dann nicht mit mir?", ich kämpfe aus mir ein kleines Lachen, damit meine Worte an Schärfe verlieren und Nick zuckt nur die Schultern. So eine blöde, nichtssagende Geste. Er macht mich irre.
,,Wieso redest du denn nicht mit mir?", Stellt er mir die Gegenfrage und erwischt mich kalt.
,,Ich weiß nicht was ich sagen soll", gebe ich zu. Na gut, es ist nicht ganz die Wahrheit, ich traue mich nur nicht alles zu sagen, was ich gerne will.
,,Siehst du", schmunzelt er und ich merke immer noch seine Blicke auf mir.
Ich hole tief Luft und atme sie langsam wieder aus. Warum ist es auf einmal so angespannt.
,,Wir sollten uns einfach locker machen", beteuert er und ich nicke.
,,Leichter gesagt, als getan", grinse ich, sehe ihn nun wieder an und bemerke, dass er mir ebenfalls ein Lächeln schenkt. Ich freue mich über jedes kleine Schmunzeln auf seinen Lippen, es trifft mich direkt im Herz und mir wird wieder warm.
,,Ich hätte einen Trick", pfeift er in die Luft, guckt in den Himmel und ich habe keine Ahnung worauf er hinaus will.
Mein Blick folgt seinem und ich sehe die dunklen Wolken die sich über uns bilden und-
Auf einmal packt mich eine Hand an der Taille und ich zucke zusammen.
Seine großen Händen fangen an mich zu kitzeln. Wie plötzlich platzt ein Lachen aus mir heraus, ich will mich loskämpfen, aber er hält mich fest.
Ich genieße es. Jede einzelne Berührung, jeden einzelnen Blick, den er mir würdigt. Ich genieße, dass er da ist und ich würde nichts dagegen eintauschen wollen.
Statt weiter gegen ihn anzukämpfen Schlinge ich einfach wie aus einem Reflex meine Arme um seine Hüfte. Tief nehme ich seinen Geruch in mir auf. Diese wunderbare, vollkommene Mischung aus Minze, Seife und den herben Tannennadeln.
Nun merke ich seine starken Arme an mir, wie er mich noch näher an sich rückt.
Mein Herz macht einen Sprung, aber schlägt nun ganz ruhig. Als würde es mit seinem zusammen schlagen.
,,Du hattest recht", ich schmunzel an seiner Brust ,,Ich bin entspannter"
Ein Regentropfen landet auf meiner Nase.

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