Was wäre ich jetzt für ein Mensch?
Ich wäre zumindest bei weitem besser, als dieses verwahrloste Wrack.Nach einer Weile rumsitzen und rauchen, wähle ich Ash's Nummer. Mittlerweile müsste er rangehen, es ist Mittags, ungefähr seine Aufstehzeit.
,,Hi", sagt er und ich höre das Reden eines Kommentators im Hintergrund. Er scheint Fifa zu spielen.
,,Du zockst Fifa, ohne mich?", spiele ich geschockt.
,,Nein, nein, du irrst dich!", gibt er verzweifelt zurück und wir beide verfallen in ein Lachen.
,,Was gibts, Bruder?", fragt er dann.
,,Nichts besonderes, hatte nur Lust zu quatschen. Wie wars mit Natascha", er muss meine Stimme deuten können, dass ich jedes Detail wissen will.
,,Gut",meint er trocken nach einer kurzen Stille und ich lache in mich hinein.
,,Es ist nichts passiert, richtig?"
,,Doch, also ich hatte sie soweit, aber es ist etwas dazwischen gekommen", erklärt er.
Irgendwas ist da faul, aber es geht mich vielleicht auch nichts an.
,,Na dann, ein anderen Mal"
,,Jap"
Dann herrscht eine kurze Stille.
,,Komm vorbei, dann können wir zusammen Fifa zocken", sagt er wie verzaubert.
,,Das wäre wundervoll ",ich unterdrücke das Lachen und lege auf.
Ash kann mich einfach immer zum lachen bringen, egal was los ist.
Aus diesem Grund habe ich seine Nummer gewählt.Ich überlege ob ich mit dem Bus fahre, oder die paar Blöcke zu Fuß gehe. Vielleicht sollte ich mal meinen Führerschein machen, dann wäre es so viel leichter.
Weil ich mein Geld für das College beisammenhalten muss, beschließe ich zu Fuß zu Ash zu gehen und verlasse das Haus schnell, damit meine Mutter mich nicht aufhält. Das regt nämlich derbe auf.
Während ich zu ihm gehe denke ich weiter nach. Meinen Führerschein kann ich ja auch nicht machen, das ist alles viel zu teuer.
Der Lappen an sich, das Auto, die Versicherung, das Tanken.
Das kann ich mir momentan einfach nicht leisten. Nicht mal ansatzweise.,,Nick?"
Ich ignoriere die Stimme, weil ich sie direkt zuordnen kann. Es ist Emily.
Wieso muss ich sie jetzt treffen?
,,Niclas?", ruft sie erneut und es hört sich irgendwie näher an.
Ihre Stimme ist einfach unverkennbar.Auf einmal steht sie außer Atem vor mir, lehnt sich auf die Knie und hebt eine Hand, damit ich nicht weiter gehe.
Verwundert sehe ich auf sie runter, wie sie Luft holt und sich auf rappelt.
Sie strafft die Schultern und räuspert sich, als wolle sie das eben ungeschehen machen oder überspielen.
,,Tut mir leid..das ich, ich weiß auch nicht. Es tut mir leid, einfach alles", sagt sie und ihre Stimme ist nicht ganz klar, sie klingt bedrückt.
Dann fällt mir auf wie rot ihre Augen sind. Sie muss wohl viel geweint haben.
,,Hör auf dich ständig zu entschuldigen", warne ich ,,Du hast deine Entscheidung getroffen. Ist okay, geht mich nichts an"
Ich murmel das so dahin und gehe an ihr vorbei.--------------------------------------------
Emily
Ich will ihm nicht erzählen was passiert ist, ich würde mich so dumm und naiv fühlen. Mir reicht es, das ich mich damit selbst fertig mache.
Aber ich merke wie ich ihn von mir weg gestoßen habe und ich wusste nicht das er so schnell dicht macht.
Na gut, er hat sehr viel wegen mir mit gemacht und..
Okay, ich verstehe ihn. Aber ich habe wohl irgendwie gehofft, das er weiterhin auf meiner Seite ist.,,Stop, warte",ich halte seine Hand fest, aber er entzieht sie meiner.
Es tut mir weh, wie kalt er zu mir ist, wie er mich abfertigen will. Ich habe es mir nunmal verscherzt.
Ich verscherze mir zu viel im Leben.,,Emily..",seine Stimme verleiht mir Druck und es wirkt so, als ob er seine Wut zurück halten will.
,,Ich will das dich das was angeht", sage ich so leise, das es fast ein Flüstern ist.
,,Ich hätte dich vorgestern nicht ansprechen sollen", sein Blick ist so ausdruckslos und schon geht er weiter.
Ich sehe ihm nach. Er will unsere Begegnung rückgängig machen und ich kann erneut in Tränen ausbrechen.
Ich fühle mich so leer, genau weiß ich nicht was ich von ihm erwartet habe, aber ich fühle mich leer.
Und das ist das einzige was ich gerade merke, Leere, Schmerz und Tränen.
Muss sich alles in meinem Leben gegen mich wenden?Das ich auf den Weg zu Ray bin macht alles noch viel schlimmer, denn diese Stimmung wird nun noch mit Angst vermischt und ich könnte zusammenbrechen.
Ich halte das nicht aus.,,Wieso hast du so lange gebraucht?", fragt mich Ray, als er mir die Tür öffnet.
,,Ich, ich-", stottere ich, doch ein Glück redet er weiter.
,,Egal, räum das auf", murmelt er beläufig und weist auf den Müll hinter sich, die die gestrige Party hinterlassen hat.
Er geht hoch, während ich die roten Plastikbecher in einen Sack stopfe.Er ist so ruhig, viel zu ruhig. Die Bombe ist geplatzt, wie kann er da nicht ausrasten.
Seine sanfte Stimmung macht es um so grausamer, ich warte nur so darauf, dass irgendetwas passiert.
Er wird irgendetwas tun, das weiß ich einfach.
Denn er lässt sowas nicht auf sich sitzen, er bestraft mich.
Das Aufräumen reicht da lange nicht.
Aber ich will stark bleiben, ich zwinge mich stark zu bleiben und nicht zu weinen.
Ich schaffe das. Ich schaffe das.
Ich muss.
Denn wenn ich zusammenbreche, dann bin ich verloren und Ray hat mich in der Hand.
Ich brauche irgendeinen Plan, irgendwas, was mich für kurze Zeit die Oberhand bekommen lässt, ohne das er es mitschneidet.
Nur wie?
Es ist so viel Druck, mir fällt nichts ein.Beim Aufräumen werde ich immer langsamer, damit ich mehr Zeit zum überlegen habe. Aber Ray kommt die Treppe runter.
,,Wie kann das denn so lange dauern?!", Er haut eine leere Wodkaflasche auf den Boden und sie zerspringt in tausend Einzelteile.
,,Ich beeile mich schon",murmel ich gespielt angehetzt und knote den Sack zu.
,,Du kommst hoch, wenn du fertig bist", knurrt er und verschließt die Haustür.
Ich wusste er hat etwas vor. Ich kann nicht fliehen, also muss ich zeigen, wie stark ich sein kann. Mental.Nach einer halben Stunde habe ich sein Wohnzimmer oberflächlich geputzt, langsam gehe ich die Treppe hoch, immer noch ohne Plan.
Er liegt auf seinem Bett und guckt Fernsehen, als ich sein Zimmer betrete.
,,Ich bin fertig, Schatz", sage ich und unterdrücke das Zittern in meiner Stimme.
,,Gut, komm her", befehlt er mir und ich tue was er sagt.
Vorsichtig lege ich mich neben ihn und von hinten legt er mir seinen Arm um. Ich zucke zusammen.
,,Beruhig dich", lacht er.
Er ist ausgenüchtert. Er ist nüchtern.
Ich atme erleichtert aus.Sein Blick bleibt starr auf dem Fernseher und ich werde unruhig.
,,Schatz, wegen gestern-", er unterbricht mich forsch.
,,-haben wir noch eine Rechnung offen, richtig"
Jetzt bloß nicht einknicken, Emily, du kannst das.
Atmen. Ein und aus.
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Drunk
Teen FictionNiclas Brave: Bekannt für seine Ignoranz und sein kühles Erscheinen. Für ihn gibt es nur Party, Alkohol und Tabak. Das ändert sich allerdings, als er an einem gewöhnlichen Partyabend dieses Mädchen weinen sieht. Genau ihre Tränen sind es, die ihn da...