Kapitel 19

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Ein Regentropfen landet auf meiner Nase.

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Niclas

Als ich sie so an mich drücke, nehme ich ihren Geruch in mir auf. Dieser Blütenduft, wie eine Frühlingsbrise, obwohl es gerade anfängt zu regnen.
Am liebsten würde ich sie nie wieder loslassen, weil es sich gerade alles richtig anfühlt. Ich habe noch nie etwas im meinem Leben gehabt, dass ich hätte fest halten wollen.
Emily will ich fest halten. Immer.
Doch Emily zuckt zusammen, als es plötzlich anfängt wie aus Eimern zu schütten, die Regentropfen scheinen den Boden zu zerschmettern.
Das mag leicht übertrieben sein, aber weil Emily so zart ist, kommt mir alles neben ihr brutal vor. Bescheuert, ich weiß.
Sie fängt an ihr niedliches Kichern zu lachen und hält sich die Hände über den Kopf.
,,Mein Make Up", quiekt sie so süß mit ihrer Honig-sanften Stimme und ich lache, ziehe mir meine Jacke aus und halte sie über Emily.
Mit einem Lächeln nickt sie mir zu ,,Danke"
Dann schnappt sie mir die Jacke aus den Händen, legt sie sich über den Kopf, sodass sie auch über ihre Schultern hängt und rennt los. Ich habe verdammt nochmal keine Ahnung, worauf sie zuläuft.
Sie wendet sich um und lacht immer noch. ,,Komm schon!", Ruft sie aus der Entfernung und schmiegt sich in meine Jacke.
,,Oder willst du komplett nass werden?", Fragt sie, aber dafür ist es ja sowieso zu spät. Ich bin total durchnässt. Aber Scheiße, es ist mir so egal. Ihr zauberhaftes Lächeln lässt mich einfach alles vergessen.
Ich habe wohl so sehr geträumt, dass ich nicht gemerkt habe, wie sie wieder auf mich zu gelaufen ist.
Sie schmunzelt zu mir auf, rückt nochmal meine Jacke auf ihren Schultern zurecht und greift nach meiner Hand.
Ihre Hand ist so klein und zart, dass ich sogar Angst habe sie zu zerquetschen.
Ihr süßes Lachen durchdringt wieder meine Ohren und sie zieht mich mit. Wir laufen durch den Regen, einfach so. Und verdammt, ja, ich bin so glücklich wie schon lange nicht mehr.
Was macht sie mit mir?

Nach einer Weile finden wir unter einem schmalen Vordach Schutz und wir müssen beide erst einmal zu Atem kommen.
Ihr Lachen klingt langsam mit tiefen Atemzügen aus und sie legt sich meine Jacke jetzt nur noch um die Schultern.
Ich mustere sie innig.
,,Was?",fragt sie und grinst, aus der Puste, zu mir auf.
,

,Nichts, du hast ein schönes Lachen", antworte ich und hätte noch so viel mehr sagen können.
Sie streicht sich verlegen eine nasse Haarsträhne hinter das Ohr und schaut auf den Boden. Zu ihrem Pech fallen ihr die Haare, beim Kopf senken, wieder ins Blickfeld. Aber dieses Mal helfe ich ihr und streiche es zurück. Als ich meine Hand zurückziehen will, legt sie ihre Hand um meine und hält sie fest.
In diesem Moment hätte ich alles sagen können, doch ich bleibe still, sehe nur zu, wie sie ihre Wange in meine Handinnenfläche kuschelt, als ich mit dem Daumen über ihre weiche Haut streichel.
Sie ist so unfassbar schön, so habe ich noch nie über jemanden gedacht.
Sie ist einfach so ehrlich, ich kann in sie hinein sehen. Das denke ich zumindest.
Man, ich bin einfach so gerne bei ihr.
Wann bin ich bitte so kitschig geworden?
Nach diesem Gedanken ziehe ich meine Hand, wie aus einem Reflex, aus ihrem Gesicht und dass vielleicht ein wenig zu unsanft.
Warum bin ich so ein Volldepp? Scheiße.
Sie sieht nur zu mir auf, dann auf ihre Schuhe, zieht die Jacke von ihren Schultern, drückt sie mir mit einem nervösen Grinsen in die Hand und spielt mit ihren Haaren.
Sie sieht mich nicht mehr an, während ich mir die Jacke wieder über die Arme streife.
Scheiße, wieso bin ich so? Warum bin ich so ein Arsch?
Ich räuspere mich, hätte mich entschuldigen sollen, doch sage etwas anderes. Egal was ich gesagt hätte, alles wäre besser gewesen, als das.
,,Ich muss langsam wieder nach Hause."
Verdammt, sie sieht mich wieder an und ihre Augen sind trüb. Sie lächelt nicht mehr das Lächeln, welches ich so gerne mag und das nur ,weil ich so unsensibel bin.
Sie nickt einfach und wringt ihre nassen Haare aus.
,,Ja, schade", sie wischt sich die durch den Regen verlaufene Wimperntusche unter dem Auge weg, doch es bleibt ein schwarzer Schatten.
Ich will ihr helfen, aber sie wehrt ab.
,,Es geht schon", sagt sie kühl und schaut nicht mal zu mir auf. Na toll, das habe ich angerichtet.
,,Ich gehe nach Hause", wirft sie nach und geht schon unterm dem Vordach hervor, in den Regen.
,,Nein, ich bringe dich noch rum..",ich halte sie fest und man, sie gibt mir den schlimmsten Blick den sie drauf hat. Ich lasse ihr Handgelenk los.
Sie atmet tief ein und wendet sich zu mir um.
,,Bleib dann doch einfach noch eine Weile bei mir."
Ich habe vieles erwartet, aber nicht das. So schroff habe ich sie eben zurück gewiesen und jetzt lädt sie mich zu sich nach Hause ein?
,,Ich würde gerne noch bei dir bleiben", gestehe ich, sie nickt und geht schonmal vor, im Gewissen, das ich ihr folgen werde. Das tue ich.
Als wir vor ihrer Haustür stehen zieht sie ihren Parker aus und wirft ihn auf einen alten Stuhl auf der Veranda, bevor sie dann nach ihrem Schlüssel sucht.
Schnell hat sie ihn gefunden und zieht ihn aus der Hosentasche, schließt auf, doch geht nicht rein.
Sie sieht auf den Boden, scheint irgendwas zu mustern, ich weiß nur nicht was.
Erst jetzt tritt sie über die Schwelle, legt den Schlüssel auf eine Kommode und streift sich die Schuhe von den Füßen.
,,Mum, bist du zu Hause?", ruft sie, während ich meine Jacke an einen Haken an der Wand aufhängen und mich gerade bücke, um mir die Schuhe auf zu schnüren.
,,Brave?!", höre ich eine wütende Frauenstimme und sehe wieder auf, noch bevor ich meine Schnürsenkel entknotet habe.
,,Das ist deine Mutter?!",platzt es entsetzt aus mir heraus und ich schaue die Blondine an.
Verdammt, warum muss sie ihre Mutter sein?! Jede andere Frau auf dieser Scheißwelt wäre mir lieber.
,,Ihr kennt euch?", Seufzt Emily sichtlich verwirrt, sieht zwischen uns hin und her.
,,Nur zu gut", knurrt die Alte mit den kurzen Haaren.
,,Nur zu gut", wiederhole ich mit einem Flüstern und wölbe, mit einem provokanten Schmunzeln, meine Augenbraue.

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