Kapitel 16

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Was macht sie nur mit mir?

,,Ist sie weg?", Höre ich meine Mutter aus dem Esszimmer rufen und ich weiß was jetzt auf mich wartet.
Seufzend schleppe ich mich in das Zimmer setze mich zu meiner Mutter, an den Tisch.

,,Nick, wieso machst du das?", fragt sie und diese Frage hat sie in der Vergangenheit schon oft gefragt gehabt.
,,Dieses Mal war es anders", verspreche ich ihr, aber sie nibt nur streng drein schauend an ihrem Kaffe.
Ich sehe ihre braunen Augen über dem Tassenrand hervorblitzen und erstarre.
,,Wirklich, ich habe Emily geholfen", beteuere ich,doch meine Stimme zittert aus irgendeinem Grund.
,,Verkauf mich nicht für blöd, Niclas! Diese Sachen ziehen nicht mehr! Ich kann nicht mehr, ich kann dich nicht ständig so sehen!", Schreit sie und stellt die Tasse so grob auf dem Tisch ab, dass das Getränk überschwappt.
,,Hab ich dich in den letzten Jahren schon mal ohne Veilchen oder andere Verletzungen gesehen?", fragt sie allen Ernstes.
,,Du übertreibst maßlos, Mum", seufze ich um sie zu beruhigen, aber dem ist nicht so, sie wird nur aufgebrachter.
,,Hör auf mir zu sagen, das ich übertreibe", sie steht schwungvoll von dem Holzstuhl auf, der über den Dielen zurück scharbt.
,,Du machst mich irre", sagt sie letztendlich, lehnt sich, als sie hinter dem Stuhl steht, auf die Rückenlehne und starrt auf die Sitzfläche.

Ich gehe langsam auf sie zu und nehme ihre Hand.
,,Mum, wir hatten so ein Gutes Verhältnis. Ich weiß, dass ich größtenteils ein Arschloch war, aber du musst mir glauben, wenn ich dir sage, dass ich dieses Mal Emily geholfen habe"
Als sie hoch sieht schaue ich ihr direkt in die Augen und ich sehe wie sie gläßern sind, doch ihr entweicht keine Träne. Nein, sie bleibt stark und dafür bewundere ich meine Mutter sehr.
Sie war immer schon so stark gewesen, nicht so wie ich.
Nicht so zerbrechlich.
,,Bitte bekomm dein Leben in den Griff", sagt sie und ich höre keinen Schluchzer.
Mein Daumen streift über ihren Handrücken, als ich nicke und sie mich fest umarmt.
,,Tut mir leid, ich will nicht so laut werden, aber ich weiß einfach nicht mehr wie ich dir helfen soll, wenn du nicht mit mir redest", murmelt sie in mein Shirt.
,,Es war berechtigt, Mum", flüster ich und drücke sie doll ,,Ich verspreche dir, ich werde versuchen mich zu ändern"
,,Gut, du weißt ich unterstütze dich", sie gibt mir ein kleines Lächeln, ehe sie sich zu dem Tisch wendet.
,,Um Himmelswillen, das gute Holz", jammert sie, huscht in die Küche und kommt kurzer Hand mit einem Lappen wieder, um den Kaffefleck weg zu wischen.
Ich lache nur über ihre Hektik, auf Grund dieses Tisches und gehe dann wieder in mein Zimmer.

Irgendwie riecht es hier immer noch so sehr nach Emily.
Es ist eine Mischung aus Blüten und Frühlingsbrise, so frisch und klar. Vollkommen ehrlich und einnehmend.
Wie gerne ich sie nur geküsst hätte.
Apropos, meine Mutter hat mich gar nicht auf die Situation angesprochen.
Wieso nicht? Sonst ist sie immer so neugierig.
Hat sie Angst mich deswegen auszufragen?
Aber sie muss wissen, dass sie das nicht haben brauch.
Obwohl, ich rede mit ihr nie über soetwas. Sie hält sich einfach gekonnt raus und irgendwie finde ich es gut. Denn ich habe keine Lust ihr diese komplizierte Geschichte zu erklären.
Aber wie wäre es weiter gegangen, wäre meine Mum nicht ins Zimmer gekommen?
Wir hätten uns geküsst, dass ist sicher.
Wie hätte sie es gefunden?
Was hätte sie gesagt?
Wie hätten ihre Lippen geschmeckt?

Ich will meine Gedanken nicht daran verschwenden, denn irgendwann werde ich sie küssen, dass weiß ich.

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Emily

Ich weiß, es ist irgendwie falsch, aber ich habe Ash nach Niclas' Nummer gefragt. Ich musste einfach.
Ich entschließe mich ihm eine kleine Nachricht zu schreiben, weil ich es nicht mochte wie er mir vorhin mit seinen Ausreden aus dem Weg gehen wollte.

Ich fand es heute schön mit dir zu reden und ich bin sehr erleichtert, dass es dir gut geht. Ich hoffe wir sehen uns bald wieder. - E.

Das war alles was ich geschrieben habe und es ist verrückt, aber ich sehe jede Sekunde auf mein Handy und warte auf eine Antwort, doch es kommt keine.
Gott, Emily, beruhig dich. Er guckt nun mal nicht jede fünf Minuten auf sein Handy.
Also beschließe auch ich meines beiseite zu legen und mich etwas anderem hinzugeben.
Meine Hand greift automatisch nach meinem Lieblingsbuch, welches ich bereits das dritte Mal lese. Es heißt 'Der Ausreißer'
Es geht um einen jungen, der sich in seiner Familie nicht Zuhause fühlt und aus diesem Grund abhaut.
Als er durch die Städte schlendert lernt er ein Mädchen kennen.
Es ist einfach eine total romantische und kitschige Geschichte. Etwas zu kitschig, aber ich liebte diese Geschichte einfach.
Außerdem ist es eine wahre Begebenheit. Das bringt mich jedes Mal zum Grübeln.
Würde ich einfach abhauen? Würde ich mich das trauen?
Nein.
Ich will gerade sagen, dass ich keinen Grund hätte abzuhauen, aber da ist einer.
Und dieser Grund knabbert und hält sich in meinem Leben wie eine blöde Zecke.
Sie saugt mich immer mehr aus, bis irgendwann nur noch meine Hülle übrig bleibt.
Das mag übertrieben sein, aber so fühle ich manchmal. Als würde mir jemand meine letzte Kraft rauben.
Ich muss echt etwas an meiner mentalen Stärke ändern.
Mein Leben ist momentan einfach zu kompliziert um mich dem allen hinzugeben ohne mich zu wehren.

"Ich küsste sie und es war das atemberaubendste Gefühl was ich jemals hatte. Sie war so schön, so schön. Ihre Haut so zart, ihr Duft so edel. Mir war klar, sie war die richtige. Ja, hier stand sie vor mir. Und sie gehörte alleine mir."

Diese Zeilen bereiten mir jedes Mal Gänsehaut, aber dieses Mal ist es ganz anders. Meine Gedanken schweifen ab.
Ach, hätten Niclas und ich uns doch nur geküsst.
Hätte er so etwas wie Theodore in meinem Buch auch gedacht?
Es würde mich erfüllen. Die Liebe und Geborgenheit, die mir fehlt.
In diesem Moment klingelt mein Handy und ich freue mich.
Es wird Nick sein.
Aber nein.
Auf dem Display steht ein anderer Name.
Mein Blut gefriert.

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