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Nicklas nahm die Teller vom Tisch und folgte seiner Mutter in die Küche.

JP, Kaithy und Michael setzten sich vor den Fernseher.

"Wie war dein Besuch bei Dr. Adler?"

"Okay", meinte Nicklas nur, aber seine Mutter sah ihn erwartungsvoll an.

"Nicole ist nett und ich hab ihr alles erzählt", seufzte er also und Melissa meinte: "Du warst heute Abend sehr gut drauf, das muss doch ein gutes Zeichen sein ..."

Nicklas unterbrach sie: "Mum! Ich bin nicht krank oder gestört! Ich habe bloß Albträume, nichts weiter."

Melissa nickte, sah aber ein wenig gekränkt aus, also entschuldigte Nicklas sich: "Sorry, Mum. Aber du reagierst einfach über, mir geht es gut."

Als er sich zu den anderen auf das Sofa setzte, sahen ihn seine Geschwister erwartungsvoll an. Nicklas lächelte und konzentrierte sich auf den Bruce Willis Film, der gerade angefangen hatte.


Diese Nacht träumte Nicklas wieder von der Frau auf dem Feld. Es war genau derselbe Traum, wie bei den letzten beiden Malen, wieder das weiße Sommerkleid und elf Stiche. Doch dann ging der Traum weiter und Nicklas lief mit den blutigen Messer in der Hand weiter. Er ging in den Wald hinein und trat nur auf das frische Laub,um keine Fußabdrücke zu hinterlassen. Er fand einen hohlen Baumstumpf der hinter einem Wildrosenbusch stand und warf das Messer hinein.

Er wischte seinen Hände an seiner mit blutbeschmierten Hose ab und rannte davon.

Nicklas wachte auf, er hatte nicht geschrien. Oder? Zumindest war es im Zimmer immer noch dunkel und die Tür war geschlossen. Er hörte weder Stimmen noch Schritte auf der Treppe. Nicklas sah auf seinen Wecker, es war gerade mal ein Uhr.

Er war totmüde und schlief schnell wieder ein. Doch dann träumte er noch einmal von dem Rosenbusch und dem Baumstumpf.

Als er erneut aufwachte, war es zwei Uhr. Er überlegte, ob er einfach wach bleiben sollte, aber es war noch sehr früh und er wollte am Nachmittag mit Michelle ins Schwimmbad, also musste er ausgeschlafen sein. Er träumte ein drittes, viertes und sogar fünftes Mal von dem Mord und dem Messerversteck, wachte aber zwischendurch nicht mehr auf.

Morgens stand er erst um halb zwölf auf und fühlte sich wie gerädert.

Nachdem er eine große Tasse Kaffee heruntergekippt hatte, versuchte er, den bitteren Geschmack durch Zähneputzen zu beseitigen und duschte kalt.

Danach fühlte er sich ein bisschen wacher und um zwei Uhr gab es Mittagessen.

"Ich bin heute Nachmittag verabredet", teilte er Melissa mit und Kaithy blickte auf: "Mit welcher denn?"

"Haha!", machte Nicklas und erwiderte: "Mit ein paar Kumpels. Jack und Luke."

"Und was macht ihr?", wollte Kaithy wissen, aber plötzlich kreischte sie und sprang auf.

Sie quietschte und spuckte ihr Essen wieder auf ihren Teller.

Michael schnaubte angewidert und Melissa stand besorgt auf: "Was ist denn?"

JP und Nicklas bogen sich vor Lachen und langsam schien es Kaithy zu dämmern.

JP und Nicklas hatten ihr eben eine Gummi-Made in das Essen geschmuggelt, um sie für ihr Petzten zu bestrafen.

"Ihr seid widerlich!", schimpfte Kaithy, aber die Brüder konnten nicht aufhören zu lachen.

Schließlich stapfte sie beleidigt in ihr Zimmer. Melissa sah die Jungs zwar wütend an, aber weder sie noch Michael sagten etwas dazu. Das hatten sie schon zu oft erlebt und schließlich war Kaithy selber Schuld.

Als es Zeit war, verließ Nicklas das Haus. Melissa war in der Küche und Michael in seinem Büro, also konnten sie ihn nicht sehen, als er in JPs Porsche stieg und damit vom Parkplatz fuhr. Nach ihrem gelungenen Streich hatte JP ihm netterweise erlaubt, sich den Wagen zu borgen, solange er vorsichtig damit umging. Normalerweise war der Porsche JP heilig, aber heute war er wohl besonders gut gelaunt.

Er fuhr zur Schule und holte dort Shelly ab.

"Hey", Michelle kam auf ihn zu und umarmte ihn.

Eigentlich hatten sie zum Freibad laufen wollen, aber Shelly bestand darauf, dass sie mit dem Porsche fuhren.

"Ich habe gestern zufällig Jana aus deinem Zimmer kommen sehen. Was wollte sie?", fragte Shelly und versuchte nicht eifersüchtig zu klingen.

"Sie hat mir mit der Shakespeare Zusammenfassung geholfen", antwortete Nicklas wahrheitsgemäß.

"Sie steht auf dich!"

"Was? Nein, wir sind nur befreundet!"

Michelle zuckte mit den Schultern und sie wechselten das Thema. Es war heiß draußen, die Sonne schien die Besucher des Freibades verbrennen zu wollen und es war keine Spur mehr von dem heftigen Regen von gestern.

Als sie im Wasser waren, redeten sie viel miteinander und verbrachten viel Zeit mit einem anderen Pärchen, dass sie dort kennengelernt hatten. Die Jungs nahmen die Mädchen auf die Schultern und die versuchten sich gegenseitig herunterzuschubsen. Mehrmals beschwerte sich ein älterer Herr über ihre Lautstärke, aber es war schließlich ein heißer Sommernachmittag, das Freibad war voll von kleinen Kindern, die sehr viel lauter waren als sie.

Um halb Acht gingen die meisten Besucher und auch Nicklas und Shelly zogen sich um. Als sie in der Eingangshalle des Schwimmbades standen, legte Michelle ihre Arme um Nicklas' Hals und flüsterte: "Und jetzt?"

Nicklas beugte sich vor und küsste sie, Shelly zog ihn näher zu sich. Minutenlang küssten sie sich und vergaßen fast, wo sie waren, bis plötzlich ein kleiner Junge neben ihnen stehen blieb und laut: "Bäääh!", rief. Seine Mutter zog ihn weiter und Michelle löste sich von Nicklas.

"Könntet ihr woanders hingehen, das hier ist einSchwimmbad!", bat sie eine Angestellte und lachend wandten sich die beiden zur Tür.

Doch da stellte der Mann hinter der Kasse den lokalen Nachrichtensender an und die Stimme des Moderators ertönte: "Auf den Feldern von Bauer Heinrich hat ein Jogger heute Morgen die Leiche einer jungen Frau gefunden. Ihr Name ist noch nicht bekannt, aber laut Polizei war sie weiß, blond, etwa 1,70m groß und trug ein weißes Sommerkleid. Sie soll zuvor vor ihrem Mörder geflüchtet, dann jedoch überwältigt und mit elf Messerstichen getötet worden sein. Für einen Hinweis, der zu der Ergreifung des Täters führt, hat die Polizei eine Belohnung von 500 Euro versprochen."

Nicklas wurde schlecht und er spürte, wie ihm alle Farbe aus dem Gesicht wich.

Das konnte nicht wahr sein ...

Als Michelle fragte: "Alles okay? Kanntest du dieFrau?", antwortete Nicklas nicht, sondern lief nach draußen. Bevor Michelle reagieren konnte, rannte er zum Wagen und fuhr los. Er sah kaum die Straße vor sich, fuhr aber irgendwann wie von selbst nach Hause.

Er sah immer wieder dieselben Bilder vor sich: Der Nachrichtensprecher, der abgesperrte Tatort, die tote Frau und schließlich das blutige Messer, als er es in dem Baumstumpf versteckte.


Das war nicht nur ein Traum gewesen!

NightmareWo Geschichten leben. Entdecke jetzt