Nicklas ging zur Autobahnbrücke. Auf der Autobahn überholte gerade ein viel zu schnell fahrendes Auto die anderen, die daraufhin wütend hupten. Fußgänger waren nicht hier. Zumindest noch nicht. Nicklas lief zum Geländer der Brücke und sah nach unten. Schnell hob er den Kopf wieder, denn er sah sich schon dort unten liegen.
Seine Hände krallten sich um den Zaun und schnell schwang er ein Bein über das Geländer. Dann das zweite. Er stand nun auf dem schmalen Rand, der hinter dem Geländer noch war, auf dem schmalen Rand, der ihn noch vom Tod trennte.
Aber eben auch auf dem schmalen Rand, der den anderen Nicklas vom Tod trennte. Er musste sterben.
Nicklas atmete tief durch, schob die Füße noch weiter an den Rand, bis er nur noch mit den Fersen darauf stand. Mit den Armen hielt er sich noch immer am Geländer fest und es kostete ihn sehr viel Überwindung, auch nur einen Finger zu lockern.
"Hey, was machst du denn da Junge!?", schrie plötzlich jemand und Nicklas verlor den Halt, seine Füße rutschten ab und baumelten über der Autobahn. Erschrocken klammerte er sich an das Geländer und zog sich daran wieder hoch.
"Komm da sofort weg, das ist gefährlich!", rief der Mann und kam auf ihn zugerannt.
"Stopp, kommen Sie nicht näher!", schrie Nicklas und der Mann sah ihn verständnislos an.
"Du könntest aber runterfallen!"
"Das soll doch auch so sein!", erwiderte Nicklas.
"Willst du etwa springen?"
"Vielleicht. Das geht Sie nichts an, verschwinden Sie!"
Der Mann machte einen Schritt auf ihn zu, er war nur noch etwa zehn Meter von ihm entfernt.
"Wenn Sie noch einen Schritt machen, springe ich!"
Der Mann hob beschwichtigend die Hände und blieb stehen.
"Was kann so schrecklich sein, dass das Leben für dich keinen Sinn mehr hat?", fragte der Mann und Nicklas drehte den Kopf weg.
"Junge, es gibt ganz sicher eine bessere Lösung als das hier", meinte der Mann.
"Gibt es nicht", erwiderte Nicklas und sah wieder nach unten. Er kniff die Augen zusammen und lehnte sich wieder zurück an das Geländer. Plötzlich war die Brücke so hoch.
"Ich heiße Berndt", sagte der Mann jetzt und Nicklas schnaubte: "Es ist mir scheiß egal, wie Sie heißen. Sie sollen gehen!"
"Verrätst du mir deinen Namen auch?"
"Nein. Hauen Sie ab!"
"Jetzt komm doch erst einmal zurück hinter das Geländer, dann können wir ordentlich miteinander reden", schlug Berndt vor.
"Ich will nicht reden, ich will, dass Sie verschwinden!"
"Wir werden eine Lösung find-"
"HAUEN SIE ENDLICH AB!!!"
Der Mann machte noch einen Schritt nach vorne und Nicklas beugte sich nach vorne. Dabei funkelte er Berndt böse an.
Berndt blieb stehen, als er sah, dass Nicklas sich zum Sprung bereit machte, aber dann behauptete er: "Du willst gar nicht springen."
Nicklas wandte den Kopf: "Warum sollte ich sonst hier stehen? Ich werde springen!"
"Dann hättest du es doch schon längst getan."
Nicklas lachte auf: "Ich weiß, was Sie da versuchen. Ich habe genug Filme gesehen, um das zu erkennen. Zuerst versuchen Sie mein Vertrauen zu gewinnen und wollen reden, wenn das nicht klappt, behaupten Sie ich sei nicht mutig genug, um es wirklich zu tun. Aber das funktioniert nicht. Gehen Sie einfach weg, sonst haben Sie nachher ein schlechtes Gewissen, weil Sie mich nicht retten konnten."
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Nightmare
Teen FictionNicklas ist gerade mit seiner Familie aus London in eine Kleinstadt in Deutschland gezogen und geht dort auf ein Internat. Er wirkt wie ein ganz normaler Teenager, aber hat ein Geheimnis. Jede Nacht plagen ihn schreckliche Albträume, für die nieman...