Auf den guten Wein

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Ich schloss ein letztes Mal die Augen und atmete tief ein und aus bevor ich endlich den Deckel von dem Fläschchen nahm und den Inhalt in den Weinkrug goss. Mein Herz hämmerte strak in meiner Brust und es kam mir plötzlich viel zu heiß in der Küche vor.

Zitternd nahm ich den Krug in die Hände und schaute prüfend hinein. Die rote Flüssigkeit schwappte durch mein Zittern hin und her, doch sah sonst ganz unauffällig und normal aus. Niemand würde auch nur auf den Gedanken kommen, dass sich darin Gift befand.

Langsam ging ich zur Tür die mich vom Essraum trennte und flach meine Hand darauf. Es ist komisch wie leer ich mich fühlte bei dem Gedanken daran, dass all die Menschen hinter dieser Tür heute sterben würden. Kein schlechtes Gewissen plagte mich oder irgendein anderes Gefühl von Schuld. Nur die Nervosität vor einem möglichen Versagen war da.

Rasch nahm ich die Hand von der Tür und öffnete sie endlich. Es wird Zeit dieses Treffen zu beenden. Falsch lächelnd schritt ich zu dem Mann der an Hellens rechter Seite saß und goss ihm Wein ins Glas. Ich spürte den Blick der blonden Gastgeberin auf mich, doch ich konzentrierte mich einzig und allein auf das Ausschenken des Weines.

Als jeder außer einer gewissen Person, das Glas voll hatte hoben sie es erfreut an zum Anstoßen. Gerade als ich wieder zurück durch die Tür in die Küche gehen wollte, hielt mich eine Stimme auf „Krieg ich etwa keinen neuen Wein eingeschenkt?", Hellens Stimme ließ mich vor Ort einfrieren.

Mein Herz pochte so hart in meiner Brust, dass ich es bis in meine Ohren hören konnte. Klater Schweiß rann mir den Nacken herab als ich mich zögernd umdrehte. Eine Ausrede muss her und zwar schnell!

„Natürlich! Doch bedauerlicherweise ist der Krug bereits leer. Ich werde sofort eine Neue Flasche aus dem Schrank holen.", mein gefälschtes Lächeln verrutschte keinen Millimeter und ich war stolz auf meine Schauspielkünste, die anscheinend besser waren als ich dachte.

„Aber nicht doch. Ich werde einfach mit meinem Glas Wasser hier anstoßen. Nicht wahr meine Freunde?", lachte Hellen.

Alle grölten zustimmend und brachten ihre Gläser zur Mitte „Auf diesen Abend!", rief einer. „Auf die Jugend", kichert eine Dame. „Auf unsere lang jährige Freundschaft!", jubelte einer der Männer. „Auf das noch viele solcher Abende folgen werden!", warf eine Frau ein.

„Auf den guten Wein!", kündigte Hellens klare Stimme an.

Das war der Moment in dem mir klar wurde, dass sie es wusste. Ihr war klar, dass der Wein vergiftet war, sie wusste wahrscheinlich auch, dass ihre zwei anderen Gäste schon längst tot waren und nicht mehr an ihre Tafel kommen würden.

Mir wurde kalt bis zu den Knochen als ich beobachtete wie glücklich Hellen da saß und mit ihren Freunden herum spaßte. Es war der gleiche Gesichtsausdruck den sie trug als sie mich verarztete und mir vorspielte dass sie nicht wüsste was bei Marius im Keller vor sich ging. Ich kam mir dumm vor zu denken, dass ich gut schauspielern könnte wenn doch vor mir die Königin der Masken ihren Finalen Auftritt hatte.

Und dann begann der erste Blut zu spucken. Hysterie brach aus, die Gäste sprangen aus ihren Sitzen und versuchten zu flüchten, doch das Gift war keine Materielle Person vor der sie flüchten hätten können. Es war bereits in ihnen und richtete Schaden vor dem sie nicht flüchten konnten. Jeder spuckte Blut und krümmte sich am Boden vor Schmerzen. Die vollen Schreie am Anfang waren schon bald von Gurgeln ersetzt das zu einer Stille überging.

Während all das geschah stand ich reglos in der hinteren Ecke des Raumes und starrte zu Hellen. Ihr Lächeln verrutschte für keine Sekunde und auch ihre Fassade bröckelnde nicht. Sie saß einfach da. Reglos und mit einem perfekten Lächeln wie immer während all ihre Freunde starben. Es schien als hätte man Hellen aus einem Hollywoodfilm geschnitten und in einen Horrorfilm hineinprojiziert.

Als sich keiner mehr rührte richtete sie ihren Blick auf mich. „Und jetzt? Du hast es geschafft all meine Gäste zu töten. Doch was jetzt?"

Bevor ich antworten konnte schwang die Tür auf und ein nur allzu bekannter junger Mann betrat den Raum. „Guten Abend Hellen, lang nicht mehr gesehen."

Schrei für mich, VögelchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt