51

163 12 5
                                    

51

Zwei Tage später verspüre ich das Bedürfnis, meinen Kopf öffnen zu lassen, damit man nach der Erinnerung daran sucht, was ich als letztes mit meinem Leben gemacht habe, weil ich mich wirklich nicht mehr daran erinnere. Und das erschreckt mich. Vielleicht habe ich irgendjemanden betrunken angerufen, bin barfuß durch die Straße gerannt oder habe mich mitten auf dem Bürgersteig erbrochen. Beim bloßen Gedanken daran werde ich rot vor Scham. Zum Glück ist der verdammte Schmerz mit den ganzen Stunden Schlaf, die ich hatte, verschwunden. Wirklich, nie mehr. Nie mehr werde ich so etwas verrücktes wieder machen. Es ist... sieben Jahre? her, seit ich mich das letzte Mal betrunken habe und ich erinnere mich immer noch daran, weil es das erste und einzige Mal war. Gut, jetzt ist es nicht mehr das einzige Mal aber egal, ich werde es nicht wieder tun. Ich möchte nur duschen... weil ich denke, dass ich nach... Gott, wie eklig! Ich rieche nach verdorbenem
Fisch! Naja, vielleicht nicht Fisch, aber schon nach etwas verdorbenen. Ich brauche eine Dusche!

"Schon wieder? Wirklich, verdammt, meinst du das ernst? Du bist schon wieder leer?", sage ich zum Duschgel, während ich es schüttle und schüttle, aber es sich weigert und mir einen miserablen Strahl gibt.

"Du führst mich an der Nase herum, oder?"

"Ich habe es dir gesagt, ein Seifenspender würde dir jetzt wie gerufen kommen."

Ich hebe meinen Kopf, schaue zum Fenster und mein Mund öffnet sich. Thiago! Gott... er hat nicht...? Ich habe nicht...? Haben wir uns nicht in einer Bar getroffen? Was zum Teufel? Ich erinnere mich an überhaupt nichts!

"Hallo Thiago."

"Geht es dir gut?"

Ich werfe das Duschgel aus der Dusche heraus und bedecke mein Gesicht.

"Nicht wirklich."

"Ja, deine Stimme klingt nach 'Mein Leben stinkt und ich auch'."

Ich lache ein bisschen und warte einen Moment, bevor ich wieder zu sprechen beginne. Ich höre nichts, wird er sich etwa nicht duschen? Ich schaue aus der Dusche hinaus auf die Uhr und sehe, dass es neun Uhr vierzig in der Nacht ist.

"Wirst du dich nicht duschen?"

"Nein, ich habe es schon gemacht."

"Oh, in Ordnung, dann leistest du mir also nur Gesellschaft?"

Ich erinnere mich nicht mehr warum, aber ich glaube, dass ich bevor ich alles vergessen habe, versprochen habe, dass ich mit ihm reden werde. Es ist mehr, ich glaube, dass ich es ihm selbst versprochen habe, als ich mit ihm gesprochen habe. Oder ich weiß nicht. Irgendetwas seltsames. Aber ich fühle, dass ich mit ihm reden sollte. Ich muss mich nur an alles erinnern...

"Clara?"

"Ja?"

"Du musst etwas sehen, kannst du auf deine Dachterrasse hochkommen, wenn du fertig mit Duschen bist?"

Ich runzle die Stirn sehr.

"Auf meine Dachterrasse?"

"Ja, kannst du?"

Ich denke darüber nach.

"Hmm... ok, wozu?"

"Ich habe etwas entdeckt, von dem ich will, dass du es siehst."

Ich lache.

"Du hast gerade wie ein achtjähriger Junge geklungen, der mir von seinem letzten Streich erzählen will."

Er lacht.

"Kann sein. Dusch fertig, bis später."

"Gut, bis später."

Ich höre wie er geht und er dann seine Tür schließt. Ich lächle, nehme das Shampoo und beginne es so zu benutzen, als ob es Duschgel wäre.

Der Junge aus dem Badezimmerfenster || wird nicht beendetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt