Kapitel 5

179 22 1
                                    

Weil ich es kann, hier noch ein bisschen Lesestoff für diesen Abend :D

---------

Am Abend liege ich wieder alleine im Bett. Unser Gespräch geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ständig stelle ich mir dir Frage, was ich machen könnte, damit ich mich wieder erinnere. Ich will ihn nicht so traurig sehen... Beinahe geheult, hat der kleine Junge, als ich ihn zum Abschied in den Arm genommen habe. So soll das nicht sein. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Stegi damals immer gelacht hat. Jetzt zwingt er sich dazu...

Ich drehe mich von einer auf die andere Seite. Es ist mir nicht möglich, einzuschlafen. Vorsichtig setze ich mich auf, schaue zum angekipptem Fenster. Bestimmt sieht der Garten im Dunkeln noch schöner aus. Ich stehe langsam auf, der Schwindel überfällt mich wie jedes Mal. Doch jetzt ist es mir egal. Mit meiner freien Hand versuche ich, an den Stuhl zu kommen, der neben dem kleinen Tisch steht. Nur zehn Zentimeter fehlen, weswegen ich mich loslasse und zwei Schritte gehe. Nun bin ich zu weit weg, als das ich mich auf mein Bett fallen lassen könnte. Der Schwindel hält an.

Mit Mühe und Not schaffe ich es, mich an der Stuhllehne festzukrallen. Vor meinen Augen tauchen schwarze Punkte auf, die ich versuche wegzublinzeln. Ohne Erfolg. Zitternd ziehe ich langsam den Stuhl zurück, wobei ich aber meine Beine bewegen muss. Schon beim ersten Schritt rückwärts, knicken meine Beine ein. Unsanft lande ich auf dem Boden. Die schwarzen Punkte nehmen zu, bis ich alles schwarz sehe. Die Ohnmacht hat erneut über mich gesiegt...

-

„Wach auf! Bitte!" Die süßliche Stimme weckt mich langsam aus meinem Schlaf. Ich versuche meine Augen zu öffnen, was sich als Fehler herausstellt, als mich das helle Licht der Lampen blendet. Stöhnend kneife ich meine Augen wieder zusammen und halte mir meine Hand davor. „Tim?" Murrend drücke ich mir das weiche Kissen vors Gesicht. Moment! Kissen?

Ich reiße meine Augen auf, sehe mich dabei um. Ja, ich liege tatsächlich im Bett. Aber wie...?
„Eine Schwester hat dich letzte Nacht auf dem Boden gefunden", höre ich die Stimme des Blonden. Er sitzt auf der Bettkante, hat seine Hand auf meinem Knie abgelegt. „Was hast du dir dabei gedacht, einfach aufzustehen, Timmi?" Es liegen keinerlei Vorwürfe oder so was in seiner Stimme, nur Erleichterung. „Ich wollte nur ans Fenster", nuschele ich, greife aus Reflex nach seiner Hand. „Bist du mir deswegen böse?" Er lacht schallend. „Keineswegs, Tim!", meint er lächelnd. „Ich freue mich darüber, dass du wieder so wirst, wie früher."
„Wie meinst du das?" Ich setze mich langsam auf, ohne, seine Hand loszulassen.

„Ich meine damit, dass du damals immer so drauf warst, dass du dir von niemanden etwas hast sagen lassen. Du hast immer dein Ding durchgezogen. Und so wirst du langsam aber sicher wieder." Leicht lächelnd schaue ich auf die Bettdecke. Kann das wirklich sein? Nur, weil ich mich gegen die Anweisungen der Ärzte immer und immer widersetze? Mich selbstständig im Zimmer bewege, ohne Hilfe von irgendwelchen Krankenschwestern? „Denkst du, ich werde mich auch bald wieder an dich erinnern?", flüstere ich. Ein leichtes Lächeln entsteht in seinem Gesicht, sein Blick senkt sich auf unsere Hände. „Ich hoffe es. Zwar kann es etwas schwer werden, aber wenn du nur ganz fest daran glaubst, wirst du es schon schaffen", lächelt er, drückt sachte meine Hand. „Wenn du wieder richtig stehen kannst, werde ich dir etwas helfen, beim erinnern."
„Und wie?"
„Ich werde dir die Orte zeigen, an denen wir uns oft aufgehalten haben. Wir werden zu unseren Freunden fahren und ich werde dir zeigen, wo deine Eltern gewohnt haben." Etwas beginnt, bei der Erwähnung meiner Eltern, in meiner Brust zu zwicken. Sie haben auch im Auto gesessen, bei dem Unfall. Im Gegensatz zu mir, haben sie es nicht geschafft... Stegi, der wohl mitbekommt, dass mir das Thema immer noch nicht wirklich leicht zu akzeptieren ist, streichelt mir sanft über die Wange.

„Timmi, ich kann dir zwar nicht mehr sagen, als dir Ärzte. Aber ich kannte deine Eltern. Sie werden für dich gekämpft haben, damit du es lebend aus dem Auto schaffst. Und ich weiß, dass sie stolz auf dich wären. Weil du jetzt derjenige wärst, der gekämpft hat, es immer immer noch tust. Du hast dich wieder ins Leben gekämpft und bist jetzt so weit, dass du dir sagst, du möchtest dich an alles erinnern. Du möchtest nicht aufgeben. Deine Eltern wären unglaublich stolz auf dich." Während seiner Rede, laufen mir Tränen aus den Augen. So etwas, habe ich bis jetzt von niemandem gehört. Ich finde es verblüffend, dass er so viel über die beiden weiß. Aber ich finde es auch traurig, dass ich nichts über sie weiß. Schließlich bin ich doch ihr Sohn...Oder war.

Mir die Tränen wegwischend, ziehe ich ihn an mich. „Danke, Stegi", flüstere ich. Ohne zu zögern erwidert er die Umarmung, drückt mich noch dichter an sich. „Nicht du hast zu danken, sondern ich", nuschelt er. „Hättest du aufgegeben, hätte ich nicht gewusst, was ich hätte machen sollen. Ich werde dir helfen, dich zu erinnern. Das verspreche ich dir." Schluchzend vergrabe ich meine Nase in seiner Halsbeuge, lasse meinen neu aufkommenden Tränen freien Lauf.

Ihn so im Arm zu halten, wie er mich an sich drückt, während ich weine, wie er mir beruhigend über den Rücken streichelt...Das kommt mir so wahnsinnig vertraut vor.


Na? Ist da eine Erinnerung in Reichweite?

Wir sehen uns beim nächsten Kapitel, das vielleicht schon morgen kommt :)
Einen schönen Abend euch!
Liebe Grüße,
Eure Lucyyyyyy :)

Wer Bist Du? - Stexpert FF || PAUSIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt