Kapitel 8

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Geschockt reiße ich die Augen auf, reiße ihm das Bild aus der Hand. Tatsächlich sieht der Junge aus, wie eine kleinere Ausgabe von mir. „Aber...wie...Woher hast du das Bild?" Er legt eine Hand auf mein Knie. Das sonst so gehässige Grinsen ist verschwunden. Stattdessen ist da nur noch ein sanftes Lächeln. „Tim, wir kennen uns schon seit dem Kindergarten. Meine Mutter hatte das Bild von dir aufgenommen, als du uns besucht hast. Ich habe es mir, als du weggezogen bist, ausgedruckt und behalten. Du solltest in deiner Wohnung auch noch irgendwo ein Bild von mir haben." Er nimmt seine Hand weg. „Behalte es, okay? Ich habe das Gefühl, dass du dich damit besser erinnern kannst. Sei es auch nur an mich. Jetzt iss weiter." Nickend lege ich das Bild neben mich, starre es an, während ich mir das Rührei in den Rachen schiebe. Irgendetwas ist da, im hintersten Teil meines Gehirns, was mich wissen lässt, dass er die Wahrheit sagt. Es ist so, als würde ich fast an den Gedanken herankommen, was damals passiert ist. Aber nur fast...

Als ich aufgegessen habe, reicht Stegi mir ein Glas Orangensaft. „Los, trink!", fordert er mich auf. Also tue ich, wie mir geheißen, stoße es aber gleich wieder weg. „BAH! Das ist ja widerlich!", rufe ich, reiche es ihm, um mir mit einem Glas Wasser den Mund auszuspülen. „Tja, dann hält deine Meinung wenigstens an." Er zwinkert mir zu, ehe er in eine Tasse etwas eingießt. „Vorsicht, heiß!"

Nickend nehme ich die Tasse in meine Hände, puste leicht, damit es sich etwas abkühlt. Ich will gerade einen Schluck trinken, als ich plötzlich etwas genau vor mir sehe. Wieder eine Szene. Zitternd stelle ich die Tasse ab und schließe die Augen. „Tim, was ist?" Besorgnis schwingt in seiner Stimme mit. Ich achte nicht wirklich darauf, sondern konzentriere mich auf den Film vor mir.

~

Stegi und ich sitzen zusammen auf einem Sofa, starren durch ein Fenster nach draußen. Alles ist weiß, was mich annehmen lässt, dass es draußen schneit. Mit jeder Minute, die verstreicht, nimmt die Wärme in meinen Fingern zu. Fest umklammert halten wir beide eine Tasse. Er Kaffee, ich Tee. Wir sitzen unter einer flauschigen Weihnachtsdecke, die meine Mutter uns geschenkt hat. Stegi kuschelt sich näher an mich heran, haucht mir einen Kuss auf die Wange. „Ich liebe dich", hauche ich, was er mit einem Lächeln und einem weiteren Kuss kommentiert. Der Kaffeegeruch steigt mir in die Nase, weshalb ich mich leicht schüttele. „Boah, Stegi, nimm das weg! Das ist ja eklig!"
„Nö, warum? Gut riechen tut es. Das du es nicht gerne trinkst, kann ich akzeptieren... Tee-Trinker." Grinsend knuffe ich ihm in die Seite und setze die Tasse an...

~

Noch immer leicht zitternd reiße ich meine Augen auf, starre in die besorgten Gesichter der beiden Männer vor mir. „Ist alles okay?", flüstert Stegi, setzt sich neben mich. Ein Lächeln erscheint auf meinen Lippen und ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange. Erschrocken rutscht er ein Stück von mir ab. „H-hab ich was falsch gemacht?", flüstere ich unsicher.

„Du hast mich auf die Wange geküsst...oh man!" Tränen steigen ihm in die Augen, als er sich mit einem breiten Lächeln zu Tobi umdreht. „Hast du das gesehen?"
„Ich bin nicht ganz blind", schnaubt er gespielt genervt. Das zieht bei seinem aufkommendem Lachen aber nicht. Er kommt auf mich zu, zieht mich in seine Arme. „Kein Ahnung, was du gerade gesehen hast, aber ich bin echt verdammt froh, dass es wenigstens etwas mit ihm zu tun hatte!"

„Woher..."
„Ich kenne dich doch! Bis jetzt hast du ihn nur umarmt, habe ich recht? Also würde ich mal sagen, ist der kleine Kuss ein riesiger Fortschritt!" Während seiner Rede fuchtelt er nur so mit seinen Armen herum. Das sieht so lustig aus, dass ich laut anfange zu lachen. Ja, in letzter Zeit habe ich das Lachen wahrlich wieder erlernt. Aber wenn Tobi noch da ist...sterbe ich vor Lachen!

Als wir uns alle wieder gefangen haben, reicht mir Stegi eine Tasse mit brauner Brühe. Der Geruch kommt mir von meinen Erinnerungen her, SEHR bekannt vor. „Nein, vergiss es!", rufe ich, hebe abwertend die Hände. „Ich trinke keinen Kaffee!" Beide sehen mich mit offenem Mund an. „Was denn?" Schulterzuckend wenden sie sich wieder dem Wagen zu, auf dem das ganze Essen steht.

An diesen Morgen stopfe ich sehr viel in mich rein, aber weitere Erinnerungen tauchen nicht auf...


Wie versprochen, erscheinen heute 3 Kapitel! :D
Ich werde die alle hintereinander hochladen, weil ich keinen Bock auf große Zeitabstände habe xD
So in 10 Minuten kommt dann das nächste. Bis gleich...

Wer Bist Du? - Stexpert FF || PAUSIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt